Höchststand bei Angriffen auf Journalisten in Deutschland

Die Anzahl der Angriffe auf Journalisten in Deutschland hat ein Rekordniveau erreicht. Eine Studie zeigt: Besonders bei Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen waren Journalisten gefährdet.
Von Johannes Schwarz
Journalisten werden von Demonstranten angegriffen

Noch nie wurden in Deutschland so viele tätliche Angriffe gezählt wie im vergangenen Jahr. 83 Angriffe wurden erfasst – dies sind 14 Angriffe mehr als noch ein Jahr zuvor. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Feinbild Journalist – Hass vor der Haustür“ vom Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) mit Sitz in Leipzig.

Bei den 83 tätlichen Angriffen waren insgesamt 124 Journalisten der Gewalt ausgesetzt. Das ECPMF rechnet jedoch mit weit aus mehr Fällen, da die Dunkelziffer hoch sei.

Corona-Demos reißen Statistik nach oben

Wie auch schon im Jahr 2020 steht der Anstieg der Angriffe auf Medienschaffende im „eindeutigen Zusammenhang mit den sich weiter radikalisierenden pandemiebezogenen Protestbewegungen“. 77 Prozent der Angriff geht auf solche Proteste zurück.

Die Wissenschaftler sehen in den Corona-Protesten eine Gefahr für Journalisten und die Pressefreiheit. Die Zahlen zeigen: „Querdenker radikalisieren den Pressehass“. Ein großes Problem sei vor allem, dass das Risiko für Medienschaffende „unkalkulierbar“ sei und „kaum Schutz durch die Polizei“ gegeben ist.

Diese Tatsache bestätigt den Trend, der seit Jahren anhält: Für Journalisten sind Demonstrationen der gefährlichste Arbeitsplatz. Dort passieren die meisten Angriffe: Im vergangenen Jahr waren es 79 von 83 Angriffen. Neben der Gewalt gegen Medienvertreter bei Corona-Demonstrationen gab es weitere Vorfälle bei politisch rechten Demonstrationen.

Das ECPMF analysierte außerdem die politische Gesinnung von Angreifern: Von 50 gilt die politische Zuordnung als unbekannt. 32 Angriffe konnten dem rechten Lager zugeordnet werde, ein Vorfall ereignete sich aufgrund von linker Gewalt.

Auch im Lokalen vermehrte Gefahr

Nicht überall gibt es gleich viel Angriffe. Werden einzelne Bundesländer betrachtet, wird deutlich: „Der Pressehass nimmt auch in Westdeutschland zu.“ Zwar belegen Sachsen und Berlin die Spitzenplätze, gefolgt von Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg, allerdings nehmen die Angriffe in Westdeutschland ebenso zu. Dennoch gibt es in Westdeutschland prozentual wesentlich weniger Angriffe als in Ostdeutschland.

Zunächst gab es oftmals nur in Großstädten Corona-Proteste. Als die Proteste sich mehr auf die lokale Ebene ausbreiteten, kam es auch immer mehr zu Angriffen gegen Lokaljournalisten. Allerdings steigt die Gefahr für Medienschaffende auf dem Land auch unabhängig von diesen Demonstrationen. Das Narrativ der „Lügenpresse“ befördert gewalttätige Angriffe in ganz Deutschland.

Neben den tätlichen Angriffen steigen laut ECPMF auch verbale Bedrohungen. Abermals kommt es zu Sachbeschädigung, etwa gegen das Equipment. Das Zentrum geht davon aus, dass dies „die neue Normalität“ für Journalisten sei. Gerade die Sozialen Medien veränderten demnach den Umgang mit Medienvertretern, sodass sie auch als „Feindbild“ gesehen werden.

Für das Jahr 2022 sieht das ECPMF keine Erholung: Allein im Januar gab es 18 verifizierte Angriffe auf Medienschaffende. Der Ukraine-Krieg könnte sich laut der Studie auch auf die Sicherheit von Journalisten in Deutschland auswirken, besonders bei Demonstrationen.

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4 Antworten

  1. Was sind eigentlich „Medienschaffende“?
    – Hat für mich die starke Konnotation zu den „Schaffenden“ der NS-Arbeitsfront.

    Treffender für diesen Text wäre der Begriff „Journalist“, oder auch „Reporter“ …

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  2. Das ist also das Ergebnis friedlicher Spaziergänge, zu denen sich normale Menschen aus der Mitte der Gesellschaft versammeln!

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  3. Selbstverständlich missbillige ich Handgreiflichkeiten, egal in welchem Zusammenhang. Ebenso missbillige ich andere Formen von Gewalt und Bedrohung. Unter Gewalt und ggf. Bedrohung fällt es für mich auch, wenn über Menschen systematisch und wiederholt Falschnachrichten verbreitet werden, wie z.B. sie seien rechtsextrem, rücksichtslos, dumm, ihnen sei das Leben anderer egal, sie würden böswillige und absurde Lügen verbreiten etc.. Auch verbunden mit der öffentlichen Forderung, man müsse „diese Leute“ aus der Gesellschaft, ja aus der Familie ausschließen. Wie gesagt, ich billige es nicht, dies mit Gewalt zu vergelten. Wie es dazu kommt, ist jedoch keinem denkenden oder fühlenden Menschen ein Rätsel. Wir hatten zu Silvester spontanen Besuch von einem früheren Geschäftspartner – seine Familie hatte ihn von der gemeinsamen Feier ausgeschlossen. Bei uns war er herzlich willkommen. Bei uns werden auch Geimpfte herzlich willkommen sein, falls es irgendwann Mal Mode werden sollte, die auszuschließen. Ich bitte alle Christen, sich zu erinnern, dass Jesus als Ausgestoßener geboren wurde und als Ausgestoßener starb. Auch damals gab es die geifernde Menge, die rechtmäßige Regierung. Wer brachte ihn ans Kreuz? War Jesus ein Terrorist, weil „man“ das damals so sah? Stimmt heute alles, was „man“ so sagt? – Und wo wir beim Faktenprüfen sind, bitte doch auch Mal die behaupteten Angriffe prüfen statt solche News unhinterfragt zu übernehmen…

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  4. „Selbstverständlich bin ich gegen/oder nicht gegen, ABER….“ – nach solchen Einleitungen kommt selten oder nie etwas Vernünftiges!
    Das Bild das Sie von der Presse bzw. dem Journalismus zeichen einschließlich der Unterstellung systematischer Falschinformationen (!) ist schlicht ein völlig unsinniges Quer-Denkwer-Narrativ, das ist einfach unwahr!
    Die episodische Evidenz, die das private Beispiel suggerieren soll, ist ebenfalls unsinnig, denn das Beispiel hat überhaupt nichts mit der Thema Journalismus zu tun!
    Und schwer erträglich wird es, wenn man sich für so schräge Anischten dann auch noch Jesus ausborgt!

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