Noch nie so viele Medienschaffende im Gefängnis wie 2021

Die Zahl der Reporter in Gefängnissen ist stark angestiegen und so hoch wie nie zuvor. Dies geht aus dem Jahresbericht der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hervor. Der freie Journalismus sei bedroht wie selten.
Von Johannes Schwarz
Häufig radikalisieren sich Muslime im Gefängnis. Seelsorger können das vorbeugen – oder im schlechtesten Fall fördern

Insgesamt 488 Medienschaffende sind mit dem Stand vom 1. Dezember wegen ihrer Arbeit in Gefängnissen. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) setzt sich für Pressefreiheit ein und hat mit ihrem Jahresbericht erneut dokumentiert, wo Journalisten in ihrer Arbeit eingeschränkt und Risiken ausgesetzt sind.

428 Männer und 60 Frauen seien weltweit wegen ihres Berufs eingesperrt. Im Vergleich zum Vorjahr sei dies ein Anstieg von 20 Prozent. Auf der Negativliste steht China auf Platz eins mit 127 inhaftierten Journalisten, dahinter folgen Myanmar mit 53 und Vietnam mit 43. In Belarus sind 32 und in Saudi-Arabien 31 Medienschaffende im Gefängnis, diese Länder belegen die Ränge vier und fünf.

Starker Anstieg in drei Ländern

ROG begründet in der Pressemitteilung zum Jahresbericht die Entwicklung: „Die extrem hohe Zahl willkürlich inhaftierter Journalistinnen und Journalisten ist vor allem das Werk dreier diktatorischer Regime.“ Die Herausgeber des Berichts verweisen auf Myanmar, dort hat das Militär am 1. Februar 2021 mit einem Putsch die Macht zurückerobert. 2020 saßen zwei Reporter im Gefängnis, dieses Jahr sind es 53.

In Belarus konnte sich Präsident Alexander Lukaschenko im August 2020 mit einer äußerst umstrittenen Wahl erneut durchsetzten. Die Opposition und Presse wurden seither verstärkt eingeschränkt. Vor einem Jahr saßen dort sieben Journalisten hinter Gitter, dieses Jahr sind es 32. Auch in Hongkong konnte die Regierung durch das nationale Sicherheitsgesetz als Vorwand Journalisten verhaften. Mindestens zehn Medienschaffende landeten 2021 im Gefängnis.

Weniger getötete Journalisten

Der ROG-Jahresbericht sieht neben der Zunahme von inhaftierten Journalisten auch positive Entwicklungen. Demnach sind 2021 so wenige Medienschaffende getötet worden wie seit 2003 nicht mehr. 46 Journalisten wurden im Zusammenhang ihrer Arbeit getötet. Der Rückgang sei durch „nachlassende Intensität der Konflikte und Kriege in Syrien, im Irak und im Jemen“ zu erklären. Mit sieben ermordeten Reportern in Mexiko und sechs getöteten Journalisten in Afghanistan seien die beiden Staaten nach wie vor die gefährlichsten für Medienschaffende.

2021 gelten 65 Reporter als entführt, dies sind zwei mehr als im vergangenen Jahr. Fünf entführte Journalisten seien dem Bericht zufolge im Laufe des Jahres freigelassen worden. Die meisten entführten Journalisten gibt es in Syrien, Irak und dem Jemen zu vermelden.

Der Bericht geht auch auf Einzelschicksale ein. Im Zusammenhang des Whistleblowers Julian Assange spricht „Reporter ohne Grenzen“ von einer „drakonischen Strafe“, die ihm drohen könne, wenn dessen Auslieferung an die USA erlaubt würde – 175 Jahre Haft.

Die international agierende Organisation „Reporter ohne Grenzen“ setzt sich weltweit für die Pressefreiheit und gegen Zensur ein. Jährlich gibt die Journalisten-Vereinigung den Index für Pressefreiheit und den Jahresbericht heraus. In der Jahresbilanz der Pressefreiheit dokumentiert ROG die Zahlen der schwersten Übergriffe auf Medienschaffende weltweit im zu Ende gehenden Jahr. Das betrifft neben professionellen Journalisten auch Fälle von Medienmitarbeitenden wie Kamerafrauen oder Tontechnikern sowie von Bürgerjournalisten.

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