Kritik an Ampel-Plan: Für Abtreibung nicht werben wie für Schönheits-OP

Die Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP will das Werbeverbot für Abtreibungen kippen. Ein Entwurf dafür liegt seit Montag vor. Die Unionspolitikerin Elisabeth Winkelmeier-Becker hat in einem Interview den Erhalt von Paragraf 219a gefordert.
Von Norbert Schäfer
Elisabeth Winkelmeier-Becker

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat am Montag einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen vorgelegt. Der Entwurf soll noch mit anderen Ressorts der Bundesregierung abgestimmt werden. Der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch (StGB) verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“. Nach Ansicht von Buschmann stellt der Paragraf für Ärzte ein strafrechtliches Risiko dar, wenn sie beispielsweise auf ihrer Website sachliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellten.

Dass sie den Paragrafen streichen möchten, haben die Ampel-Koalitionäre schon im Koalitionsvertrag festgelegt. In der Vereinbarung zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP lautet es unter der Überschrift „Reproduktive Selbstbestimmung“: „Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. […] Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB.“

Unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten sich 2019 die Koalitionsparteien von CDU/CSU und SPD auf eine Gesetzesänderung zum Paragrafen 219a verständigt. Seitdem dürfen Ärzte in engem Rahmen, beispielsweise auf ihrer Webseite, überhaupt darüber informieren, dass sie Abtreibungen durchführen. Weitere Informationen sollten zentral abrufbar sein.

Gedanken an das Ungeborene nicht verdrängen

Am Montag hat die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zu dem Vorhaben der Ampel-Koalition ihre Bedenken geäußert. Bei den aktuellen Regelungen zum Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche gehe es „um das Selbstbestimmungsrecht der Mutter, aber auch um das Leben des ungeborenen Kindes“, erklärte die Oppositionspolitikerin.

Es sei ein falsches Narrativ, dass durch Paragraf 219a Informationen über Schwangerschaftsabbrüche unterdrückt würden. Kein Arzt müsse sich bei der aktuellen gesetzlichen Regelung in einer Grauzone bewegen. Formulierungen im Internet dürften jedoch nicht darauf zielen, „den Gedanken an das Ungeborene zu verdrängen“, etwa wenn von „Schwangerschaftsgewebe“ die Rede sei „statt von einem Embryo oder Fötus“. Für Schwangerschaftsabbrüche dürfe nicht geworben werden wie für Schönheitsoperationen oder das Lasern der Augen.

Nach Meinung von Winkelmeier-Becker werde mit der Abschaffung von Paragraf 219a das Mindestmaß an Schutz für das Ungeborene, das das Bundesverfassungsgericht verlange, wohl unterschritten. Das Gericht habe festgestellt, dass Ungeborene sich nicht erst zum Menschen entwickeln müssten, sondern von Anfang an als Mensch unter dem Schutz der ersten beiden Artikel des Grundgesetzes stünden. „Deshalb muss der Staat ein Mindestmaß an Schutz gewährleisten“, sagte die Juristin. Das Werbeverbot sichere die Unabhängigkeit der Beratung vor kommerziellen Interessen ab.

Aggressiven Lebensschützern erteilte Winkelmeier-Becker in dem Gespräch eine Absage. „Ich will dieses Verhalten nicht verteidigen. Für den Schutz des Kindes wird damit nichts erreicht“, sagte die ehemalige Richterin. Die Koalition solle den Ausgang einer anhängigen Verfassungsbeschwerde zum Paragraf 219a abwarten, empfahl die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag. Zur Schwangerschaftskonfliktberatung und einer möglichen Liberalisierung des Abtreibungsrechtes allgemein erklärte die Unionspolitikerin: „Nur das Kind kann doch der Grund dafür sein, dass Frauen die Beratungspflicht zugemutet wird. Kein anderer Grund, keine Demographie, keine vermeintliche Moral könnte das rechtfertigen.“

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13 Antworten

  1. Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen, haben oft schwerwiegende Gründe, sind oft sogar in Not. Wie kann eine CDU- Politikerin einen solchen Abbruch mit einer Schönheits- OP vergleichen! Ich bin entsetzt, die Dame sollte sich einen Beruf suchen, wo sie mit Menschen nichts zu tun hat!

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    1. Ach, und ein Kind, das bei einem Abbruch getötet wird, ist nicht in Not? Es gibt keine Schwierigkeiten oder Nöte, die das Töten eines Menschen rechtfertigen.

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      1. Lieber Norbert!
        Ich hoffe, Sie legen die gleichen Massstäbe an den Tag, wenn eines Tages Ihre Tochter, Ehefrau oder Enkelin vergewaltigt wird, oder Sie persönlich überfallen und mit dem Tod bedroht werden. Sie scheinen im Leben noch nicht viel lebensbedrohende Schwierigkeiten gehabt zu haben. Da waren die Ureinwohner Amerikas schon weiter. Sie formulierten mal:
        Man sollte über keinen Menschen urteilen, in dessen Mokassins man nicht mindestens einen Tag lang unterwegs war.

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        1. 1. Wenn es nur Abtreibungen nach der Indikation Ihres Kommentars gäbe, dann gäbe es im Jahr 2020 insgesamt 29 Abtreibungen und nicht 99.948 und im Jahr 2019 insgesamt 17 Abtreibungen und nicht 100.893.
          2. Man sollte die Mokassins eines unschuldigen und wehrlosen ungeborenen Menschen anziehen, dessen Leben genommen wird. Das Lebensrecht eines jeden Menschen ist unabhängig davon, ob er gewollt ist oder nicht.

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          1. Ein hervorragender Kommentar (von Rhabarberbas), ich kann und will dem nichts mehr hinzufügen !

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      2. Männer, übernehmt doch auch mal Verantwortung, dass Frauen nicht erst in eine ungewollte Situation kommen… z.B. mit dem besten Stück umgehen können, mit Gummi umgehen lernen, und es gibt da noch mehr Möglichkeiten. Verurteilen geht da schon leichter, oder?

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  2. Hallo Frau Urban, das macht sie doch gar nicht. Sie betont doch gerade, dass es einen großen Unterschied gibt!

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  3. Das Problem, das ich sehe, ist, daß unsere neue Regierung versucht, Abtreibungen zu bagatellisieren, also vergleichbar z.B. mit einer Blinddarm-OP zu machen. Das ist es aber nicht! Es geht um Menschenleben! Unverständlich ist auch, wie solche Politiker, die um jedes Flüchtlingsleben kämpfen, „leichtfertig“ Menschenleben zu opfern bereit sind, nur weil es ungeboren, also nicht sichtbar ist! Und es geht bei dem Thema ganz und gar nicht um Diskriminierung von Frauen. Sie sind nämlich n i c h t die Herrscher über das ungeborene Kind. Aber, was will man von einer Gesellschaft erwarten, in der die „Selbstverwirklichung“ zum alleinigen und obersten Prinzip erklärt wurde!

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    1. Schauen Sie sich die Sendung von M. Lanz am 21.01. an. Stehe voll hinter der Meinung der Journalistin Frau Dunz. Die CDU-Politikerin überzeugt mich überhaupt nicht! Liebe Männer, beschäftigt euch mehr mit dem Thema, bevor ihr euch äußert. Versetzt euch in die Situation einer Frau, mit allen Konsequenzen

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      1. Frau Winkelmeier-Becker (CDU-Politikerin) hat recht. Es brauch mehr Aufklärung über die Menschenwürde von Ungeborenen: „Der Schutzauftrag verpflichtet den Staat schließlich auch, den rechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im allgemeinen Bewußtsein zu erhalten und zu beleben. Deshalb müssen die Organe des Staates in Bund und Ländern erkennbar für den Schutz des Lebens eintreten.“ (BVerfGE 88,203)
        Auch Frau Dunz (Journalistin) hat eine Schutzaufgabe für das ungeborene Leben: „Öffentlich-rechtlicher wie privater Rundfunk sind bei Ausübung ihrer Rundfunkfreiheit der Würde des Menschen verpflichtet; ihr Programm hat daher auch teil an der Schutzaufgabe gegenüber dem ungeborenen Leben.“ (BVerfGE 88,203). Das Mindeste wäre, dass Frau Dunz eindeutig ausspricht, dass Ungeborene aufgrund ihrer Menschenwürde geschützt werden müssen. Bei der Abtreibung wird einem unschuldigem und wehrlosen Menschen das Leben genommen. Das Lebensrecht eines jeden Menschen ist unabhängig davon, ob dieser Mensch gewollt ist oder nicht. „Dieses Lebensrecht, das nicht erst durch die Annahme seitens der Mutter begründet wird, sondern dem Ungeborenen schon aufgrund seiner Existenz zusteht, ist das elementare und unveräußerliche Recht, das von der Würde des Menschen ausgeht“ (BVerfGE 88,203).
        Versetzt euch in die Situation eines unschuldigen und wehrlosen Menschen, dessen Leben genommen wird.

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        1. Das wirkliche Leben ist leider manchmal anders. Wollen wir zurück in Zeiten, wo Frauen mit Stricknadeln oder Gift selbst abgetrieben haben? In anderen Ländern ist die Geburtenrate durch Schwangerschaftsabbrüche nicht zurück gegangen. Ein Abbruch kann natürlich nur der letzte Ausweg sein, das ist schon richtig

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    2. Das Prinzip der Selbstverwirklichung war ja wohl bis jetzt den Herren der Schöpfung vorbehalten

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