Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bedauert das kürzliche Scheitern eines Sterbehilfe-Gesetzes im Bundestag und rechnet nun mit weiteren Gerichtsverfahren. Es gebe die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „und die gilt“, sagte Scholz am Freitag in Berlin. Solange der Gesetzgeber diese Entscheidung nicht umsetze, müsse dies im unmittelbaren Handeln erfolgen.
An der Wirksamkeit des Bundesverfassungsgerichtsurteils könne kein Zweifel bestehen. „Jetzt werden, solange es der Bundestag nicht doch noch schafft, eine Entscheidung zu treffen, die Gerichte in den praktischen Einzelfällen die Klarheit noch mal unterstreichen müssen“, sagte der Kanzler. Er sagte gleichzeitig, er finde dies bedauerlich. Es wäre schöner gewesen, wenn die Umsetzung durch Gesetzesbeschluss erfolgt wäre.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 das pauschale Verbot geschäftsmäßiger Beihilfe zum Suizid gekippt. Das Karlsruher Gericht urteilte, dass zum Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht gehöre, sich selbst das Leben und dabei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen.
Unterschiedliche Schwerpunkte
Trotzdem bewegt sich die Hilfe bei der Selbsttötung, um die es konkret geht, in einem rechtlichen Graubereich. Das deutsche Betäubungsmittelgesetz sieht bislang nicht vor, dass tödliche Mittel zum Zweck der Selbsttötung verschrieben werden können. Zwei Gesetzentwürfe aus den Reihen des Parlaments wollten dies ändern, die Abgabe der Mittel zugleich aber auch an Bedingungen knüpfen.
Über beide Gesetzentwürfe, die im ethischen Dilemma zwischen Selbstbestimmung und Lebensschutz jeweils unterschiedliche Schwerpunkte und damit Verfahren für den assistierten Suizid vorsahen, wurde in der vergangenen Woche im Bundestag abgestimmt. Keiner der Entwürfe erhielt eine Mehrheit. Damit bleibt diese Form der Sterbehilfe zunächst weiter unreguliert. Ob es noch in dieser Wahlperiode einen neuen Anlauf für eine gesetzliche Regelung geben wird, ist offen.