Religionsgemeinschaften mehrheitlich für Impfpflicht

Noch im Frühjahr soll im Deutschen Bundestag eine Entscheidung zur Corona-Impfpflicht fallen. Wie aber stehen die Religionsgemeinschaften zum Thema? Ein Überblick.
Von Anna Lutz

Die Befürworter

Zu den Befürwortern einer allgemeinen Imfppflicht zählen neben dem Zentralrat der Muslime auch der Zentralrat der Juden und in Person seiner Vorsitzenden Annette Kurschus auch Teile der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Kurz vor Weihnachten erklärte Kurschus gegenüber dem Deutschlandfunk, sie befürworte die Impfpflicht. Es gingen keine erkennbaren gesundheitlichen Schäden von der Impfung aus. Es sei „die Verpflichtung eines jeden Menschen, dazu beizutragen, dass wir diese große Gefahr jetzt miteinander abwenden können“. Es entspreche dem „Kern christlicher Ethik, auf den anderen zu blicken und dafür Sorge zu tragen, dass die Schwächsten in unserer Gesellschaft nicht gefährdet werden“. Deshalb sei das Impfen in ihren Augen „eine Pflicht aus christlicher Nächstenliebe heraus.“ Dennoch gebe es zu dieser Frage unterschiedliche Haltungen innerhalb der EKD.

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, verkündete Anfang Januar ebenfalls in der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Ich spreche mich für eine solche Verpflichtung in Deutschland aus“. Dass die Impfquote nur langsam steige, sei „ärgerlich“, denn Impfen rette Leben und bedeute Solidarität. „Dies gilt nach den Maßstäben des vernünftigen Bürgers und der Ethik des Islam“, so Mazyek.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland teilte am Dienstag dieser Woche mit: „Im Falle von Epidemien ist eine Impfung Pflicht. Grundlage ist das biblische Gebot, das Leben zu schützen und körperliche Schäden abzuwenden.“ Zwar sei daraus kein Impfzwang abzuleiten. Dennoch halte der Präsident des Zentralrats, Dr. Josef Schuster, eine allgemeine Impfpflicht für unumgänglich. Der Gesundheitsschutz der Gesamtbevölkerung wiege schwerer als zu erwartende Proteste.

Die Zurückhaltenden

Deutlich für eine Impfpflicht haben sich weder die Deutsche Bischofskonferenz noch der Vatikan ausgesprochen. Dafür betonen die Gremien der Katholiken immer wieder die Wichtigkeit der Impfung und rufen auch dazu auf. So teilte die Deutsche Bischofskonferenz im November mit: „Impfen ist in dieser Pandemie eine Verpflichtung aus Gerechtigkeit, Solidarität und Nächstenliebe. Aus ethischer Sicht ist es eine moralische Pflicht.“ Am Montag dieser Woche erklärte Papst Frankiskus bei einem Empfang, die Sorge um die Gesundheit stelle „eine moralische Verpflichtung dar“. Er bedaure, dass sich Skeptiker an „nicht belegten Nachrichten oder unzulänglich dokumentierten Fakten“ orientierten. Sie sollten vielmehr „dem Problem ins Auge schauen und die geeigneten Lösungsmaßnahmen ergreifen“ – laut Vatikan News ein deutlicher Aufruf zum Impfen durch den Pontifex.

Die Gegner

In der zweiten Januarwoche äußerte sich auch die Deutsche Evangelische Allianz, Dachorganisation der Evangelikalen in Deutschland, zum Thema Impfpflicht und nannte sie in einer eigenen Mitteilung „wenig zielführend“. Die Gründe, sich nicht impfen zu lassen, seien vielfältig und die Entscheidung für oder gegen die Impfung liege in der Freiheit des Einzelnen. Nichtgeimpfte dürften nicht pauschal vom öffentlichen und kirchlichen Leben ausgeschlossen werden. Weiter heißt es: „Wer sich impfen lässt, muss mit möglichen Nebenwirkungen rechnen. Wer sich gegen eine Impfung entscheidet, muss dazu bereit sein, dass zusätzliche Tests oder andere Regelungen seinen Alltag erschweren.“

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11 Antworten

  1. Wie kommen Sie zu dem Resultat mehrheitlich?
    Der Zentralrat der Muslime vertritt nach Wikipedia max 20 000 Haushalte, vertritt also nur eine kleine Minderheit innerhalb der Muslime aus. Damit ist die Überschrift doch einfach falsch und es sollte eher die Haltung als uneinheitlich beschrieben werden bei der Haltung der katholischen Kirche, meinen Sie nicht auch?

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    1. Wenn es im Text „Religionsgemeinschaften“ heißt, geht es um die Verbände, die keinesfalls für alle Mitglieder sprechen. Auch in der Allianz gibt es Christen, die eine Impfpflicht befürworten. Die Überschrift ist richtig, denn es geht um Verbände, nicht um die davon vertretenen Mitglieder.

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  2. Sie schreiben: „Wer sich impfen lässt, muss mit möglichen Nebenwirkungen rechnen.“
    Es gilt aber auch: Wer sich nicht impfen läßt, muss ebenso mit nicht noch schwerwiegenderen Nebenwirkungen rechnen.

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    1. Die Impfung schützt wissenschaftlich erwiesen zu seinem sehr hohen Prozentsatz vor einem schweren Verlauf mit Krankenhausaufenthalt und Todesfolge. Und zu einem hohen Prozentsatz schützt die Imfpung ebenso davor, überhaupt zu erkranken oder Symptome zu entwickeln. Bei der aktuellen Omikron-Variante scheint dieser spezielle Schutz etwas geringer zu sein, der Schutz vor schwerem Verlauf ist aber immernoch gegeben. Deshalb sollen die Impfstoffe ja auch an Omikron angepasst werden. Unabhängig davon gibt es keinen einzigen Impfstoff, der zu 100 Prozent vor der betreffenden Krankheit schützt. Bei Grippe-Impfstoffen ist die Wirkung zum Beispiel deutlich geringer also bei Corona-Impfungen. Trotzdem schützen sie vor schweren Verläufen und sind gesellschaftlich anerkannt. Zudem gibt es immer wieder Menschen, bei denen Impfungen nicht so gut wirken wie bei anderen. Die sind selten, aber jedes Immunsystem ist unterschiedlich. Daher gibt es, je mehr Menschen sich impfen lassen, auch desto häufiger logischerweise auch Impfdurchbrüche (exponentielles Wachstum). Das sagt nichts über eine geringere Wirksamkeit der Impfstoffe aus, sondern ist einfach Statistik.
      Die derzeitgen mRNA-Impfstoffe sind zwar neu, aber die Wirkung und Verträglichkeit trotzdem sehr gut erforscht. Dass es sich um eine Notfallzulassung handelt, heißt z.B. nicht, dass sie weniger gut erprobt worden sind. Die einzelnen Schritte bis zur Zulassung wurden nur schneller durchgeführt und teilweise zeitgleich durchgeführt, die Impfstoffe haben aber genau die gleichen Prüfverfahren durchlaufen wie alle anderen in Deutschland zugelassenen.
      Dass der Impfschutz im Laufe der Zeit nachlässt, ist ebenso normal. Deshalb gibt es die Grippe-Impfung z.B. jedes Jahr. Andere Imfpungen müssen alle paar Jahre aufgefrischt werden.
      Zwar können auch Geimpfte das Virus weitergeben, die Viruslust bei ihnen, also der Anteil an Viren, den sie weitergeben könnten, ist aber deutlich geringer als bei Umgeimpften. Und deshalb müssen eben auch Geimpfte weiterhin z.B. Maske tragen. Je mehr Menschen geimpft sind, desto weniger kann sich also das Virus verbreiten und, auch wichtig, desto seltener entstehen neue Corona-Varianten, die unter Umständen bestehenden Impfschutz umgehen können.
      Wir können dir folgende Artikel rund um alle Fragen zur Impfung empfehlen: https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/wie-gut-schuetzen-die-corona-impfstoffe/ https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/corona-sind-wir-nach-einer-infektion-immun/

      Wir hoffen, dass unsere Antwort dir geholfen hat.

      Grüße,
      die PRO-Redaktion

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    2. Wenn über 70 % geimpft sind, bedeutet das, zu berchnen, wieviel von den Geimpften infiziert sind und wie viele von den unter 30 % ungeimpften. Das relativiert dann das Bild, das die absoluten Zahlen bieten, denn die Voraussetzungen sind anders.
      Die Impfung wirkt. Selbst bei einer Infektion hilft sie deutlich vor schweren Verläufen, besonders nach der dritten Impfung.

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  3. Ich kann in der Bibel nicht erkennen, dass es ein Akt der Nächstenliebe ist, den „Nächsten“ zu zwingen, sich impfen zu lassen.

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    1. Haben Sie schonmal darüber nachgedacht, dass es zu biblischen Zeiten noch keine Impfungen gab? Durchaus gibt es aber Anweisungen, Hygienevorschriften zu beachten, um den Nächsten vor Infektionen zu schützen. Da die Impfung dazu beiträgt, entspricht es durchaus dem Gebot der Nächstenliebe, sich impfen zu lassen. Schade, das sogar Christen über eine Impfpflicht diskutieren müssen.

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  4. Guido hat völlig Recht : unter Nächstenliebe verstehe ich , die Gesundheit meines Nachbarn zu achten und nicht, dass man Gesunde ausschließt und und Geimpfte weiterhin die Infektion verbreiten lässt.

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  5. Unabhängig davon, wie man persönlich zur Impfpflicht steht: Der Text belegt, dass die Überschrift irreführend ist. Das ist schlecht und manipulativ. Genau dadurch werden Medien fragwürdig. Es ist bekannt, dass viele Menschen leider nur die Überschriften lesen. Die im Text beschriebene Wahrheit ENTGEGEN der Überschrift ist aber: Nur Teile der EKD sind für eine Impfpflicht. Die Evangelische Allianz ist dagegen. Die Katholische Kirche äußert sich bewusst NICHT für eine Impfpflicht. Der Zentralrat der Muslime ist schon vom Namen her eine Irreführung, da er eben gerade nicht zentral die Muslime vertritt, sondern nur ca. 20.000 Haushalte, also nur einen geringfügigen Bruchteil der Muslime in Deutschland. Man muss also von „differenziertem Bild“, „großer Zurückhaltung“ oder „Ablehnung der Impfpflicht“ sprechen. Der Zentralrat der Juden betont auch, dass seine Schlussfolgerung NICHT zwingend aus dem biblischen Gebot erfolgt, also eine Wichtung persönlicher Meinungen ist. Korrigieren sie die falsche Überschrift bitte.

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  6. Nach ca. 2 Jahren COVID19 kann bereits von persönlicher Erfahrung aus dem eigenen Umfeld gesprochen werden!!!
    Mein Umfeld ist christlich Konservativ bis Erzkonservativ. Aus diesem Umfeld stammen erwiesenermaßen viele Corona – Leugner, Impfskeptiker und vor allem Impfgegner. Ich kenne persönlich etwa 20 Menschen namentlich aus diesem Umfeld, die an COVID19 gestorben sind. Ich kenne auch einige überlebende, die noch sehr lange an den Langzeitfolgen der Erkrankung leiden werden. Die meisten dieser Menschen hatten keine Vorerkrankungen (alle diese Personen waren älter als 50 Jahre). Hier von Einzelschicksalen zu berichten, ist nicht angebracht. Da ich selber Impfbefürworter bin, verkehre ich auch fast ausschließlich mit geimpften Menschen. Bislang ist im Gegensatz dazu niemand aus diesem Umfeld gestorben. Ein jeder kann in sich gehen, sein persönliches Umfeld anschauen und auf dieser Basis für sich selbst eine Antwort FÜR oder GEGEN eine Impfung finden. IMPFGEGNER: Verschont mich / uns mit mit euren Pauschalaussagen!!! Ich selbst gehöre einer freikirchlicher Gemeinde mit einem hohen Anteil ungeimpfter Mitglieder an. Da meine Frau krebskrank ist, hat ihr Immunsystem trotz 2G+ – Impfung, in Folge der Chemotherapien, keine Antikörper entwickelt. Eine Infektion wäre für sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit tödlich. Dies macht es uns jetzt seit nunmehr zwei Jahren unmöglich an Gottesdiensten teilzunehmen. Wir leben seit dieser Zeit in fast vollständiger Isolation. Für die schon fast militante Impfgegner sind wir nur ein „Kollateralschaden“. Pech gehabt…… Wieviel die Geschwisterliebe Wert ist, haben wir erfahren…. Ich empfinde gegenüber diesen meinen Brüdern und Schwestern nur noch Bitterkeit. Am Anfang habe ich noch versucht mich diesen Menschen gegenüber nach meinen christlichen Prinzipien zu verhalten. Doch von der Gegenseite kommt nur Hass und Ablehnung. Mittlerweile fehlt mir dafür jedes Verständnis und meine Toleranz ist aufgebraucht.

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