Kirchenjury ehrt Film übers Sterben

Am Samstag haben die Jurys der Berlinale ihre Preise vergeben. Die Ökumenische Jury zeichnete den Film „Totèm" aus.
Von Anna Lutz
Die Berlinale gilt als das größte Publikumsfestival der Welt und lockt jährlich Filmstars in die Hauptstadt

Die Preise und Ehrungen der diesjährigen Berlinale sind vergeben. Mit dabei ist auch eine Auszeichnung durch eine Kirchenjury, die sogenannte Ökumenische Jury. Sie setzt sich aus katholischen und evangelischen Filmexperten zusammen und legt besonderen Wert auf die Vermittlung von christlichen Werten. In diesem Jahr ging der Wettbewerbspreis dieser Jury an den Film „Totèm“, der sich mit dem Sterben eines jungen Vaters auseinandersetzt.

Foto: Limerencia
Ein Kind nimmt in „Totèm“ von seinem Vater Abschied

„Totèm“ von Regisseurin Lila Avilés erzählt eine Episode aus dem Leben des todkranken 27-jährigen Tona. Seine Familie will für ihn eine große Geburtstagsparty geben, voraussichtlich wird es seine letzte sein. So setzt sich jedes Familienmitglied auf seine Weise mit dem herannahenden Tod auseinander: Die Schwestern ergehen sich in den Partyvorbereitungen, der Vater beschneidet und pflegt einen Bonsai bis zur Perfektion, eine weitere Schwester bestellt eine Art Schamanin. Lediglich die kleine Tochter des Krebskranken sieht der Wahrheit unverblümt ins Auge und spricht aus, was eigentlich alle denken: „Ich wünsche mir, dass Papa nicht stirbt.“

„Totèm“ ist eine Geschichte, die Lebensfreude im Angesicht von Schmerz und Leid zeigt. Aber eben auch eine über die Verdrängung des Todes aus unserer Gesellschaft. Damit ist er nach Pandemie und während eines tobenden Krieges in Europa schrecklich aktuell und erzählt auch die Geschichte eines jeden Zuschauers, die sich fragen müssen: Wie gehen wir damit um, dass Menschen vor unseren Augen leiden? Feiern wir Partys, um der Not nichts ins Auge blicken zu müssen? Und nicht zuletzt: Haben wir den Mut, noch an das Gute zu glauben und es uns zu wünschen?

Goldener Bär für Dokumentation über psychiatrische Klinik

Der populärste und wichtigste Preis der Berlinale, der Goldene Bär, ging in diesem Jahr an die Dokumentation „Sur l’Adament“ von Nicolas Philibert. Adament ist der Name einer Tagesklinik in Paris, in der psychisch kranke Patienten behandelt werden, aber auch ihre Talente und Fähigkeiten entdecken dürfen. Sie ist auch ein Film über den Wert jedes einzelnen Menschen, egal ob krank oder gesund.

Mit einem silbernen Bären zeichnete die Jury unter Präsidentin und Hollywoodstar Kristen Stewart den Film „Roter Himmel“ von Christian Petzold aus. Er erzählt die Geschichte von zwei Freunden, die einige Zeit in einem einsamen Haus in den Wäldern von Mecklenburg-Vorpommern verbringen wollen. Dort treffen sie auf unerwartete weitere Gäste, müssen sich miteinander arrangieren, finden unerwartete Freundschaften und reiben sich aneinander. Im Mittelpunkt steht der Schriftsteller Leon, der sich als echter Misanthrop gibt, wohl auch, weil er wegen seines neuesten Manuskripts unter Druck steht.

Um die Unterkunft der vier jungen Menschen herum, toben Waldbrände, anfangs noch in sicherer Entfernung, doch das Feuer kommt langsam aber stetig näher, bis es schließlich gefährlich wird. So kann „Roter Himmel“ einerseits als Geschichte über menschliches Miteinander verstanden werden. Andererseits erzählt er von einer Gesellschaft, die sich fragen muss, wie sie mit Bedrohungen wie Krieg und Klimawandel umgeht, die ebenso wie das Feuer im Film immer bedrohlicher werden.

Kaum Kirche, viel Krieg

Die Berlinale hat sich in diesem Jahr entgegen früherer Veranstaltungen wenig mit dem Thema Kirche beschäftigt. Allgegenwärtig war das Thema Krieg und Ukraine. Nicht nur, weil Wolodymyr Selenskyi bei der Eröffnungsveranstaltung zugeschaltet war, sondern auch aufgrund der Filmauswahl. Im Programm lief neben anderen die Dokumentation „Superpower“, in der Oscarpreisträger Sean Penn zufällig den Kriegsausbruch in der Ukraine miterlebt. Am Abend der Preisverleihung erklärte sich die Berlinale zudem offiziell solidarisch mit der Ukraine.

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