Doku fordert: Mehr Waffen für die Ukraine

Auf der Berlinale feierte am Freitagabend Sean Penns Dokumentation „Superpower“ Weltpremiere. Sie ist ein emotionaler Appell für Waffenlieferungen an die Ukraine.
Von Anna Lutz

„Superpower“ ist einer der großen Filme der diesjährigen Berlinale. Eigentlich ungewöhnlich für eine Dokumentation. Der Grund liegt wohl einerseits im bekannten Regisseur, dem mehrfach oscarprämierten Schauspieler und linkspolitischen Aktivisten Sean Penn. Und zum anderen in der ungewöhnlichen Entstehungsgeschichte des Films.

Denn Penn und sein Regisseurkollege Aaron Kaufman hatten eigentlich vor, einen Film über Wolodymyr Selenskyj zu drehen. Schon Monate vor der russischen Invasion planten sie ein Interview mit dem ehemaligen Schauspieler, der über Nacht Präsident wurde.

„It’s not gonna happen“

Im Februar 2022 reisten sie mit einem Team in die Ukraine. Der Film zeigt Aufnahmen, in denen das Team vor dem Abflug die Wahrscheinlichkeit eines Angriff diskutiert. Die Zuschauer hören Penn sagen: „It’s not gonna happen.“ Es wird nicht passieren.

Er irrte sich ebenso wie viele Experten. Am Abend des 23. Februar sitzt das Filmteam mit ukrainischen Journalisten und Aktivisten zusammen. Einer von ihnen schätzt das Risiko eines Krieges auf zehn Prozent. Doch es kommt anders. Die Kamera verfolgt Penn und sein Team in der Nacht des 24. Februar. Die ersten Raketen sind in Kiew eingeschlagen, man sieht das Feuer, hört weitere Einschläge.

Anstatt in Panik zu geraten und das Land schnellstmöglich zu verlassen, entscheiden sich die Filmemacher dafür, draufzuhalten. Und weil sie sich schon Wochen und Monate zuvor um ein Interview mit Selenskyj bemüht haben, bekommen sie es. Ausgerechnet in dieser ersten Kriegsnacht.

Selenskyj-Interview in der ersten Kriegsnacht

Es ist ein Gespräch, das Penn für immer verändern wird. Inhaltlich ist es im Grunde überflüssig. Selenskyj bittet die USA im Gespräch um Hilfe, sagt, was er seit einem Jahr unerlässlich sagt und mit dem er Recht behalten soll: Die Ukrainer werden kämpfen. Wir sind stark. Doch mit dem wenigen, was er sagt, hinterlässt er einen tiefen Eindruck beim Regisseur.

Penn wird ihn später als „Politiker mit Herz“ bezeichnen. Seit diesem Treffen ist er ein Unterstützer von Waffenlieferungen in die Ukraine und kritisiert die USA für deren Zögerlichkeit. Die Debatte mag vor allem uns Deutschen bekannt vorkommen.

Penns beherzte Appelle, die er unablässig an Politik und Öffentlichkeit richtet und als der auch sein Film „Superpower“ verstanden werden muss, erinnern an das Engagement des BILD-Reporters Paul Ronzheimer, der ebenfalls von Kriegsbeginn an in der Ukraine war und sich seitdem für mehr Unterstützung der Ukraine einsetzt.

Der Ronzheimer-Effekt

Nennen wir es also einfach „Ronzheimer“-Effekt, was offenbar des Öfteren Journalisten, die sich in der Ukraine aufhalten, geschieht: Sie lassen sich ein auf die Charismatik von Selenskyj, schlagen sich auf die Seite der Ukraine, werfen ihre journalistische Distanz über Bord. Ebenso hat sich die Berlinale mit diesem Film und auch mit dem viel kritisierten wie bejubelten Videoauftritt Selenskyjs bei der Eröffnungsgala eindeutig positioniert.

Das mag manche am Festival und am Film „Superpower“ stören. Es ist nicht die Art des deutschen Journalismus, Partei zu ergreifen. Und in der Tat ist der Zuschauer irgendwann der Lobhymnen Penns auf Selenskyj müde. Doch macht das die Dokumentation zu einem schlechten Film und die Macher zu fragwürdigen Journalisten? Keineswegs.

Stattdessen führt er die Friedensappelle all jener Pazifisten von Margot Käßmann bis Alice Schwarzer geradezu ad absurdum. Penn zeigt in seinem Film Bombenlöcher auf Spielplätzen von Kindertagesstätten in Kiew. Er zeigt die Opfer von Kriegsverbrechen, gefesselte, verbrannte Leichen. Mit heruntergelassenen Hosen liegen sie im Dreck.

Er geht mit einer Frau durch ihre völlig zerstörte Wohnung, die Wände sind von einem Raketeneinschlag zerstört, kein Stein ist mehr auf dem anderen. Sie erzählt, wie Freunde ihr geholfen haben, wenigstens ein paar Fotos aus den Trümmern zu holen. Da steht sie in diesem Hochhaus, genau da, wo einst ihre Küche war, eine Kochinsel ist noch erkennbar, die Decke hängt schief, sodass man Angst hat, sie könnte jeden Moment einstürzen. „Willkommen in meinem Zuhause“, sagt sie und man will losschreien angesichts dieser Ungerechtigkeit.

Weniger Waffen? Nein, mehr!

Penn trifft Selenskyj schließlich noch einmal, einige Monate nach Kriegsbeginn. Die beiden Männer sprechen unter anderem über ein Argument, das viele vorbringen, um Waffenlieferungen abzulehnen: Sie verlängerten den Krieg, es gebe nur noch mehr Opfer auf beiden Seiten. Selenskyj antwortet mit der bestechenden Klarheit, die ihn seit Beginn des Krieges auszeichnet: Dann müsst ihr uns bessere Waffen liefern. Damit wir gewinnen.

Und wie er dort sitzt in einem Park in Kiew, nach monatelangem Beschuss durch die Russen und zahlreichen schrecklichen Kriegsverbrechen, erscheint das tatsächlich ein Weg zu sein, den die Menschlichkeit gebietet. Oder wie Penn mehrfach in der Doku sagt: In der Ukraine gehe es auch um die Zukunft seiner Kinder. Oder ganz einfach um die Frage, ob die Freiheit am Ende siegt.

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10 Antworten

  1. Was hat das mit dem christlichen Glauben zu tun? Genauso könnte man ja hier auch über die Initiative von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer berichten wo jetzt schon ca. 500 000 Personen incl. Margot Kässmann unterschrieben haben. Oder fühlt sich das Pro Magazin auch dem Mainstream verpflichtet?

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  2. Sean Penns Dokumentation „Superpower“ macht sehr eindrücklich deutlich, wie die Welt auf Probleme reagiert. Wie schade, dass diese Dokumentation „Superpower – Superkraft“, keinen einzigen Hinweis auf den unbesiegbaren und allgewaltigen Gott beinhaltet. Präsident Selenskij richtet seinen Hilfeschrei ausschließlich an die USA und die westlichen Staaten, versucht aus eigener Kraft und Kampfeswillen diesen Krieg zu gewinnen. Den allmächtigen Gott erwähnt er nicht, von dessen übernatürlicher Kraft scheint er nicht überzeugt zu sein, auch wenn er immer wieder, diesen Krieg, mit David und Goliath vergleicht. Der Hirtenjunge David liebte seinen Gott und wußte, dass er sich auf Jahwe verlassen kann. So kämpfte er nicht mit dem Schwert gegen Goliath, sondern sprach zu dem Philister: „Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Spieß, ich aber komme zu dir im Namen des Herrn Zebaoth, des Gottes des Heeres Israels, den du verhöhnt hast“ (1.Sam. 17, 45 ff). Die ganze Gemeinde Israel sollte erleben, „dass der Herr nicht durch Schwert oder Spieß hilft; denn der Krieg ist des Herrn, und er wird euch in unsere Hände geben“ (Vers 47). So fordert diese Dokumentation dazu auf „mehr Waffen“ und zwar schneller zu liefern, damit die Ukraine siegreich werden kann. Diese Dokumentation macht auch deutlich, dass menschliche Weisheit – sich immer auf Menschen verlässt, und eben nicht auf den unbesiegbaren Gott. Die Menschen möchten ohne Gott leben, eben so wie es ihnen gefällt, damit verzichten sie auf das göttliche Eingreifen des lebendigen Gottes – was für ein Drama.
    L.G. Martin Dobat

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  3. Nun fordert Selensky auch Streumunition und Phosphorwaffen. Dies ist alles vom Völkerrecht geächtet.
    Rechtfertigt ein Kriegsverbrechen das Andere? Oder anders gefragt : Ist es richtig die Freiheit der Ukraine mit solchen Waffen zu verteidigen?

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    1. Es ist unfassbar. Dieser Mann „reitet“ uns alle in den 3. Weltkrieg hinein. Wenn man ihn lässt.. Aber gut, dass die westliche Welt nicht „über jedes Stöckchen springt“, das er ihr hinhält. Gut, dass die USA und Deutschland mit Besonnenheit reagieren, was Waffenlieferung betrifft. Sie demonstrieren Verantwortung und Realismus hinsichtlich der übrigen Welt, während Selenskyj natürlich nur sein Land sieht. Aus „Kleinigkeiten“ – ohne den Ukrainekrieg für die Menschen in der Ukraine als Kleinigkeit zu bezeichnen, das ist er wahrhaft nicht- sind schon Weltkriege entstanden, ich verweise auf den 1. Weltkrieg.

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      1. mit „dieser Mann“ meinen Sie hoffentlich Putin. (!)
        Alles andere wäre Verantwortungsumkehr.

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  4. …Es ist nicht die Art des deutschen Journalismus, Partei zu ergreifen…
    Das wäre mir jetzt neu, muss an mir vorbei gegangen sein.
    Ukrainische Bekannte erzählen von viel Erweckung und Gebet in der Ukraine.

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  5. Krieg und Gewalt gehören zu dieser durch den Sündenfall von Gott getrennten Welt. Jeder Krieg zeigt uns das Elend einer gottlosen Welt. In diesem Krieg geht die Aggression von Russland aus, dass die Ukraine mit Unterstützung der westlichen Staaten mit Gegengewalt reagiert, ist die logische Reaktion in dieser Welt.
    Für Christen gilt aber das Friedensgebot und das Gebot der Feindesliebe. Christen sollen sich nicht an Krieg und Gewalt beteiligen, denn unsere Heimat ist nicht mehr auf der Erde sondern im himmlischen Reich Gottes. Wir leben in Unterordnung in unserem Staat, aber nicht, wenn dies den Geboten nGottes widerspricht. Eine Betiiogung oder Unmterstützung kriegerischer Handlungen kann niemals unsere Aufgabe sein. Wir sollen helfen, wo immer möglich Not zu lindern und Leidenden beizustehen.

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  6. Liebe Frau Lutz,
    „Es ist nicht die Art des deutschen Journalismus, Partei zu ergreifen.“
    Dieser Satz verdient eine Erklärung. Wo war diese Unparteilichkeit zB beim Corona-„Pieks“? Wurde nicht einfach die Versprechen der Impfhersteller & -besteller weitergegeben, ohne diese zu hinterfragen. Wo bleibt die Aufarbeitung von der angeblichen Nebenswirkungsfreiheit der Präperate bis zur Ausgrenzung und Diskriminierung von Ungeimpften oder Experten mit von Anfang an kritischer Meinung in den öffentlich rechtlichen Medien. Sie scheinen ein idealisiertes Bild des deutschen Journalismus zu haben, dass sich nicht mit der Realität deckt.

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  7. Ich kann das ganze Waffengeplärre, die Immer-mehr-Forderungen nicht mehr hören, lesen. Jetzt ist schon die Rede davon, dass China Russland mit Waffen beliefern könnte, was zur Folge hat, dass sich auch die Beziehungen des Westens zu China deutlich verschlechtern werden. So zieht das Ganze immer weitere Kreise, und der Verlierer wird sein, wer wohl? WIR. Aber die Verlierer waren wir ja von Anfang an.

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  8. @E. Weber
    Es ist nur noch beschämend, mit welcher Unverfrorenheit Sie hier übersehen, wer die Opfer und die Verlierer sind, nämlich die von einem faschistischen Kriegsverbrecher überfallenen Ukrainerinnen und Ukrainer!
    Diese Selbst-Stilisierung zum Opfer ist ja eine beliebtes Selbstaffizierungsspiel in Fundamentalien und angesichts der objektiv priviligierten Stellung der angeblich Verfolgten und Benachteiligten schlicht lächerlich!

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