Ethikrat wertet Suizid als ethisch vertretbar

Der Deutsche Ethikrat hat seine Stellungnahme zum assistierten Suizid abgegeben. Konkrete Handlungsempfehlungen finden sich darin nicht. Allerdings soll der Wunsch eines Menschen, selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden, geachtet werden.
Von Norbert Schäfer
Tote Hand

Der Deutsche Ethikrat hat seine Stellungnahme in der Debatte um assistierten Suizid veröffentlicht. Die Ethikexperten halten Suizid ethisch grundsätzlich für vertretbar, favorisieren in dem Gutachten keinen der bislang vorliegenden Gesetzesentwürfe. Der Ethikrat fordert, dass der Wunsch eines Menschen, selbstbestimmt und aus freien Stücken aus dem Leben zu scheiden, respektiert werden soll.

In der Stellungnahme, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, heißt es dazu: „Da die Freiverantwortlichkeit einer Entscheidung strikt von der moralischen Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses zu unterscheiden ist, sind Wertvorstellungen der betroffenen Person bei der Beurteilung der Freiverantwortlichkeit uneingeschränkt zu respektieren – selbst dann, wenn sie von den allgemein in der Gesellschaft vorherrschenden Vorstellungen erheblich abweichen und die auf ihnen beruhende Suizidentscheidung deshalb im Ergebnis nicht nachvollziehbar erscheinen mag.“

Konkrete Empfehlungen spricht der Ethikrat aktuell nicht aus. Bereits einleitend weißt das Gremium in seiner Stellungnahme darauf hin, dass „innerhalb des Deutschen Ethikrates zur moralischen Bewertung von Suizidhandlungen, zur Suizidassistenz und zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts verschiedene Auffassungen vertreten werden“. Die Expertenkommission betont in der Stellungnahme die Selbstbestimmung und die Freiverantwortlichkeit suizidwilliger Menschen. „Es darf nur zu einem freiverantwortlichen Suizid Hilfe geleistet werden“, sagte die Ethikrat-Vorsitzende Alena Buyx nach Angaben des Evangelischen Pressedienstes (epd). Zentral sei es daher, die Voraussetzung für solch eine freie Willensentscheidung zu klären, ergänzte der Rechtsprofessor Helmut Frister.

Keine „Privatangelegenheit“

Der Ethikrat legt in seiner Stellungnahme zugrunde, dass die Durchführung eines Suizides und die Hilfe dabei keine „Privatangelegenheit“ der suizidalen Person ist. Die Kommission betont in ihrer Stellungnahme deshalb auch, „wie wichtig Suizidprävention“ ist und legt nahe, dass diese vordringlich „die Vermeidung solcher Lebenslagen“, die Menschen „zumindest subjektiv als unerträglich erlebten“, in den Fokus stellen soll. Nach dem Willen des Ethikrates sollen Ärzte, Sozialstationen, Pflegedienste und Kliniken entsprechende Beratungsangebote für suizidale Menschen unterbreiten, um „Alternativen zum Suizid“ aufzuzeigen. Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen sollen die Kosten der Beratungseinrichtungen tragen.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2020 in einem Urteil verfügt, dass der Deutsche Bundestag die Suizidassistenz neu regeln muss. Das Gesetz müsse den Sterbewillen von Menschen respektieren, urteilte das Gericht. Parlamentariergruppen haben dazu bislang drei verschiedene Gesetzentwürfe im Parlament vorgelegt. Ein Entwurf bleibt beim Verbot der geschäftsmäßigen Suizidassistenz, lässt aber in eng umrissenen Grenzen Ausnahmen zu. Zwei andere Entwürfe rücken die Durchsetzung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben ins Zentrum. Bei der Suizidbeihilfe werden einem Sterbewilligen etwa todbringende Substanzen überlassen. Anders bei der Tötung auf Verlangen, die in Deutschland verboten ist, bei der eine Personen einen anderen Menschen auf dessen Wunsch oder Verlangen hin tötet.

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11 Antworten

  1. Was in der Geschichte immer als Unglück gesehen wurde, immer ausgeschlossen wurde, das erklärt unsere „zeitgemäße“ Gesellschaft nun für „ethisch vertretbar“?
    Die Tötung, die alles Selbstbestimmung beendet, soll also ein Zeichen dieser Selbstbestimmung sein?
    Was für ein Irrweg.

    Suizid wurde schon im hippokratischen Eid grundsätzlich abgelehnt („Ich werde niemandem, auch nicht auf seine Bitte hin, ein tödliches Gift verabreichen“)
    und Martin Luther machte deutlich, dass der Selbstmord nur als Unglück gesehen werden kann: „Sie tun es nicht gern, aber die Kraft des Teufels überwältigt sie, wie einer im Wald von einem Räuber ermordet wird.“

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  2. Lieber Ethikrat, entscheidend ist wie der allmächtige Gott die Dinge sieht. Die Entscheidung über das Ende eines Lebens, gehört alleine in die Hand des allmächtigen Gottes. Gott ist der Töpfer/Schöpfer allen Lebens. Auch wenn diese Aussage Humanisten und Weltmenschen nicht gefällt, ja wahrscheinlich wütenden Protest hervorruft!
    Lieber Gruß Martin Dobat

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    1. „Lieber Ethikrat, entscheidend ist wie der allmächtige Gott die Dinge sieht“

      Entscheidend ist aus meiner Sicht einzig und allein der Wille des Betroffenen. Vielleicht glaubt dieser Mensch ja gar nicht an Ihren „allmächtigen Gott“, sondern einen anderen Gott oder er ist vielleicht sogar Atheist. Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht? Was würde Sie sagen, wenn Ihnen ein Buddhist etwas verbieten würde, weil es nicht im Einklang mit den Lehren Buddhas steht?

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      1. Lieber Maik, es gibt nur einen Gott und das ist Jahwe, der seinen Sohn für alle Menschen in die Welt gesandt hat, damit sie gerettet werden können.
        L.G. Martin Dobat

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        1. Was ist eigentlich mit den Millionen von Menschen, die vor Jesus gelebt haben? Sie die alle verloren?

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  3. Ich will mir kein Urteil anmaßen über alte schwerstkranke Menschen, die vor Schmerzen nicht mehr aus noch ein wissen. Das kann ICH bisher nicht nachvollziehen. Oft kommen auch viele schwere Krankheiten zusammen. Wie Gott, der Herr, das sieht, wenn ein Mensch keinen Ausweg mehr sieht? Hat er in absoluten Ausnahmefällen ein Erbarmen, wenn dann jemand Hand an sich legt? Das vermag kein Mensch zu sagen.
    Der Kranke selbst sollte, wenn er es kann -oder die nächsten Angehörigen, ins Gebet gehen und Gott die Dinge überlassen. Wenn die Leute gläubig sind.
    Was mich nur bedenklich stimmt, sehr bedenklich, dass der Gesetzgeber GENERELL gesagt hat, dass jede/r sein/ihr Leben beenden kann, wenn er/sie es möchte. Ich glaube nicht, dass DAS dem Willen unseres Schöpfers entspricht.

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  4. „Was mich nur bedenklich stimmt, sehr bedenklich, dass der Gesetzgeber GENERELL gesagt hat, dass jede/r sein/ihr Leben beenden kann, wenn er/sie es möchte. Ich glaube nicht, dass DAS dem Willen unseres Schöpfers entspricht.“

    Mich stimmt bedenklich, dass Sie offenbar glauben das sich der Gesetzgeber nach Ihrem Weltbild zu richten hat. Es gibt in Deutschland zum Glück keine Staatsreligion. Ob es überhaupt einen Schöpfer gibt und was dieser will oder nicht, ist fraglich. Unstrittig ist jedoch der Wille eines mündigen Menschens, den es zu respektieren gilt.

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    1. „Ob es überhaupt einen Schöpfer gibt und was dieser will oder nicht, ist fraglich.“ Für mich nicht. Ich glaube es. Und aus dem Glauben heraus entsteht die Verantwortung vor Gott. Zum Thema dieses Artikels. Wer nicht an Gott glaubt, steht a)in der Verantwortung vor Gott für den Nicht-Glauben b)desweiteren für den Suizid. Die Verantwortung dafür bleibt, ob Sie an einen Gott glauben oder nicht.

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      1. Ich stehe weder bei Elfen, Zwergen, Geistern noch Göttern in der Verantwortung. Ich fühle mich eher dem gesunden Menschenverstand verpflichtet.

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