Elon Musk: Spielkind mit viel Geld

Seine Träume scheinen wie die eines 13-jährigen technikbegeisterten Jungen zu sein. Der Unterschied: Er hat das nötige Kapital, um sie Realität werden zu lassen. Wer ist Elon Musk, und ist er einfach nur verrückt als schlau?
Von Jörn Schumacher
Elon Musk, Gründer von Tesla und diverser anderer Firmen, wird verehrt. Jetzt auch in einer Kirche.

Als der Name Elon Musk vor rund zwölf Jahren das erste Mal hierzulande auftauchte, war er eher ein Thema für Nerds. Was die Automobilwirtschaft – und erst recht die deutsche – einfach nicht realisieren konnte oder wollte, schien dieser Mann geradezu im Vorbeigehen geschafft zu haben: die serienmäßige Produktion von Elektroautos, wie man sie bisher nur aus Science-Fiction-Romanen kannte – im Alltag betriebsfähig und auch noch schick. Wer einmal in einem Tesla gesessen hat und leise, ohne das gewohnte Brummen des bald schon hoffnungslos veralteten Verbrennungsmotors über den Asphalt gerollt ist, kann die Faszination nachvollziehen, die dieser unkonventionelle Erfinder aus Südafrika da ausgelöst hat. Und als sei das nicht genug, revolutionierte derselbe Mann die Raumfahrt, und so manch einer weiteren Technik versetzte der ungewöhnliche Milliardär einen Schubs nach vorne. Derzeit scheint sein Stern zu sinken. Wäre er Politiker, würden seine aktuellen Werte auf der Beliebtheitsskala Grund für ein Karriereende sein.

Geboren 1971 in Pretoria in eine reiche Familie, gelang dem erst 12-jährigen Musk ein erster kleiner Coup: Ein von ihm programmiertes Computerspiel verkaufte er für 500 Dollar. Als Kind sei er ein Sonderling gewesen, der oft Computerspiele spielte, und von den anderen Mitschülern als Nerd gehänselt wurde. Er habe sich oft geschlagen, das sei aber im Südafrika zu jener Zeit normal gewesen, sagte Musk einmal in einem Interview. Das Verhältnis zu seinem Vater Errol, einem Ingenieur, Piloten und Projektentwickler, gilt als zerrüttet. Zu seiner Mutter hat Musk nach wie vor ein gutes und liebevolles Verhältnis.

Mit 24 Jahren gründete Musk mit seinem Bruder in Kalifornien die Firma Zip2, die eine Art digitalen Stadtführer erschuf, Compaq kaufte die Firma vier Jahre später für über 300 Millionen Dollar. Es folgten mehrere Firmengründungen, die geschichtsträchtigste war ein digitales Bezahlsystem, das Ebay später unter dem Namen PayPal kaufte (auf Deutsch vielleicht am besten zu übersetzen mit „Der Typ, der immer für alle zahlt“). Musk erhielt 175 Millionen Dollar für den Deal.

Schon früh war klar, dass Musk drei Dinge mitbrachte, die für eine Karriere im Silicon Valley förderlich sind. Erstens: Intelligenz, ein Genius, der Technologie ausschließlich als Chance sieht, nie als Risiko. Zweitens: Die Unverfrorenheit, alle Grenzen, die irgendwann irgendwer einmal in der Technologie gesetzt zu haben scheint, zu ignorieren. Drittens: Das nötige Kleingeld.

Flammenwerfer und Parfüm der Sorte: „Verbranntes Haar“

Ein bisschen Größenwahn gehört auch dazu. Mit einer deutschen Gründlichkeit, die erst einmal haarklein ausrechnet, dass eine Innovation aus vielerlei Gründen keinen Sinn macht, mag zwar im 19. Jahrhundert das Auto erschaffen haben, im etwas schnelleren 21. Jahrhundert ist ein Erfinder jedoch schneller überholt, bevor ein deutscher Beamter „Gigafactory“ sagen kann.

Musk brachte Dachziegel auf den Markt, die zugleich Solar-Paneele sind. Mit „The Boring Company“ will er den Verkehr revolutionieren, indem er ihn einfach unter die Erde verfrachtet. Dinge, worüber viele Technikfreaks vielleicht bei einem Bier in der Kneipe trefflich fantasieren können, macht dieser Mann wahr, das muss man ihm lassen. Raketen bauen, die bis zum Mars reichen und wiederverwendet werden können – für Musk kein Hirngespinst, sondern ein Projekt, das man nur richtig angehen muss.

Das alles scheint Musk mit einer Mischung aus todernstem Unternehmergeist und kindlichem Spaß anzugehen. Auf Twitter scherzte der Unternehmer über den lustigen Namen seiner Firma – „The Boring Company“ kann man auch mit „Die langweilige Firma“ übersetzen – und er fand die Idee lustig, einen Flammenwerfer mit diesem Firmenaufdruck zu produzieren. Es bliebt nicht beim Witz, Musk produzierte die Flammenwerfer und verkaufte in wenigen Tagen 20.000 davon mit dem Werbeslogan „Belebt garantiert jede Party!“ für je 500 Dollar das Stück. Es folgten, wie könnte es anders sein, der Verkauf von Feuerlöschern. „Völlig überteuert“, wie Musk selbst betonte. Inzwischen brachte der Milliardär mit Humor ein Parfüm auf den Markt, das wie verbrannte Haare riecht. Das allein brachte ihm ganz nebenbei eine weitere – für ihn fast unbedeutende – Million auf sein Konto. Genie und Wahnsinn – seit langem hat diese berühmte Kombination nicht mehr so auf einen Unternehmer gepasst wie auf Elon Musk. Und ganz nebenbei: Ist der offizielle Name seines Sohnes „X Æ A-12“ nun eigentlich ein Witz oder ernst gemeint?

Erlösung durch Jesus – Warum nicht?

Musk selbst sagte jüngst über sich, er habe eine Form des Asperger-Syndroms. Eine Störung, die viele Mediziner mit einem erhöhten Testosteronspiegel in Verbindung bringen. Musk ist Vater von insgesamt neun Kindern, die er mit drei Frauen zeugte, zuletzt waren es Zwillinge, die eine seiner Mitarbeiterinnen von ihm bekam. Musks Kommentar dazu: „Ich tue mein Bestes, um die Krise der Unterbevölkerung zu bekämpfen.“ Bei alledem dürfte der damals aufsehenerregende Zug am Joint im Podcast von Joe Rogan für Musk-Fans eher ein müdes Achselzucken hervorgerufen haben.

Im Interview mit dem christlichen Podcast „The Babylon Bee“ ließ sich Musk aber erstaunlich ernsthaft auf die Fragen der gläubigen Christen ein. Am Ende war es nicht einmal ein Gag, mit dem der Multimilliardär wie sonst auf eine Frage antwortete, in der es um die Umkehr zum Glauben ging. „Nimmst Du Jesus Christus als deinen persönlichen Herrn und Retter an“, fragte einer der jungen Interviewer grinsend. Und ohne den Witz aufzugreifen, antwortete Musik mit einer Ausführung zu seiner christlichen Erziehung, zu Bibel- und Thora-Schule, die er im heimischen Südafrika besucht hatte. Am Ende platze ein ehrliches „Warum nicht?“ aus ihm heraus. Wenn Jesus wirklich Erlösung anbietet, bin ich dabei!

Zu Weltanschauungsfragen hatte sich Musk bislang wenig geäußert. Viel diskutiert wurde seine Äußerung, er selbst sei davon überzeugt, dass wir alle nur in einer Computersimulation leben. Aber auch das kann, wie so vieles, eher als Witz gemeint gewesen sein. Wie so viele Technik-Visionäre sagte Musk, eines seiner Lieblingsbücher sei der Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ aus dem Jahr 1992. Darin tauchen die Hauptpersonen immer wieder in eine virtuelle Welt ab. Vielleicht inspiriert von solchen Zukunftsvisionen, setzte Musk eine weitere Science-Fiction-Utopie in die Realität um: Seine Firma „Neuralink“ soll menschliche Gehirne mit digitaler Technik verbinden, und in der Tat sorgt ein Video der Firma von einem Affen, der ein Computerspiel nur mit seinen Gedanken spielt, für Aufsehen.

Musk und Twitter

So könnte man immer weiter fortfahren mit einer Auflistung von realisierten Firmenideen, die eher so wirken, als hätte sie sich ein 13-Jähriger Junge ausgedacht. Mit „Hyperloop“ will Musk den Traum verwirklichen, die Menschen in luftleeren Röhren um die Welt zu schicken. Und selbst an der zukunftsträchtigen KI-Software „ChatGTP“, über die die Technikwelt seit einigen Wochen hitzig diskutiert, ist Musk beteiligt, die Firma „OpenAI“ dahinter hat Musk mit begründet.

Vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das erfolgsverwöhnte Wunderkind einmal überhebt. Als Musk, der sich notorisch und voller Wonne bei Twitter, aber vor allem über Twitter aufregt, verkündete, er wolle das Portal kurzerhand selbst kaufen, ging ein Ruck sowohl durch die Tech-Branche als auch durch die Medienlandschaft. Die 44 Milliarden Dollar, die Musk dann letztendlich für das eher auf dem absteigenden Ast befindliche Social-Media-Portal auf den Tisch legte, ließ Tech-Experten, Wirtschaftsfachleute und Twitter-Nutzer den Atem anhalten. Seitdem kämpft Musk mit diesem Einkauf wie mit lästigem Dreck an den Schuhen, den er nicht loswird.

Ob Twitter dem (nicht mehr) reichsten Mann der Welt finanziell das Genick brechen wird? Wohl kaum. Denn eines seiner Geniestreiche war nichts anderes, als die NASA höchst selbst, die traditionsreiche amerikanische Raumfahrtagentur, mit seiner neuartigen und vor allem günstigeren Technik so in den Bann zu ziehen, dass sie auf lange Zeit nicht mehr ohne ihn Fracht und Menschen ins All befördern will. Das Fernziel: Der Mars, drunter geht es nicht. Mit „Starlink“ strebt Musk wiederum ebenfalls nichts weniger als die Revolution des Internets an: rasend schnell und selbst am entlegensten Ort der Welt ist es bereits jetzt verfügbar. Im Ukraine-Krieg wurde auf einmal klar, wie mächtig dieses Werkzeug einsetzbar ist, das Musk da erschaffen hat, und die Zukunft wird das noch viel mehr zeigen. Politisch veräußert sich Musk eher im konservativen Lager. Ex-Präsident Donald Trump erlaubte er die Rückkehr zu Twitter, mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner war Musk kürzlich beim WM-Finale in Katar zu sehen.

Mischung aus Genie und Clownerie

Die einen sehen in Musk einen fanatischen Kapitalisten, der den Boden der Realität längst verlassen hat. Die anderen sehen einen erfolgreichen Visionär, der in seinem Leben Risiken eingegangen ist nicht daran denkt, damit aufzuhören, und der seine Intelligenz immer an der richtigen Stelle eingesetzt hat. Genau solche risikogetriebenen Genies braucht es doch, um die Zukunftsträume der Menschheit zu verwirklichen. Oder?

Vielleicht kickt sich Musk mit dem testosterongeladenen hochriskanten Spekulieren irgendwann selbst ins Aus. Das Risiko, dass die Welt des Elon Musk eines Tages in sich zusammenbricht, scheint gar nicht so gering, immerhin besitzt der (zeitweise) reichste Mensch der Welt sein Vermögen zum großen Teil eigentlich nur in Form von Aktien seiner eigenen Firmen. Andererseits hat Musk bislang fast immer seine Kritiker eines Besseren belehrt. Eines ist sicher: Elon Musk, diese Mischung aus Genie und Clownerie, wird uns noch länger beschäftigen.

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8 Antworten

  1. Der Hinweis auf das Asperger-Syndrom hilft evtl. zu verstehen, warum er hier und da asozial mit seinen Mitarbeitern umgeht (einem engen Kollegen, der gerade im Begriff war Vater zu werden, hat er nach einem heftigen Streit genau einen Tag frei gegeben) … An der Stelle ist mir der Artikel zu unkritisch…

    Die Umschreibung „genial und kindisch“ ist hier m.E. leider treffend …

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  2. Kein Wort zur Gefahr, die von einer solchen ökonomischen Konzentration auch gerade im Bereich von Informationsmedien ausgeht!
    Kein Wort zu seinem Gebaren als Arbeitgeber mit geheimdienstlichen Methoden und Schikane innerhalb der Unternehmen!
    Kritischer Journalismus sollte das nicht unterschlagen!

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  3. Der Erfolg gibt ihm recht würde ich sagen. Ganz im Gegensatz zur Clownerie der Kirchen in Deutschland, der die Mitglieder in Scharen davonlaufen.

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    1. Naja, beim Thema „Clownerie“ ist Musk ja nicht so ganz draußen….Nur, dass es sich bei seiner Clownerie um eine wirtschaftlich äußerst gefährliche handelt.

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  4. „Elon Musk: Spielkind mit viel Geld“. Und gerade WEIL er (noch) zu den Reichsten der Welt gehört, macht es ihn so gefährlich. Mich hat das schockiert, dass er nach der Twitter-Übernahme quasi über Nacht viele, viele Tausende fristlos vor die Tür gesetzt hat. Die glaubten, sie hätten bei ihm einen sicheren Arbeitsplatz. Daneben sind es die, die glauben, sie hätten bei ihm eine sichere Geldanlage. Darf ich ein wenig übertreiben: Die Welt in der Hand eines Unberechenbaren. Und damit wird er Trump, zu dessen „Nachfolgern“ er sich ja, wie man hört und liest, zählt, immer ähnlicher..

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  5. Es ist interessant, wie viele Artikel in letzter Zeit erscheinen, die kritisch über Musk schreiben. Auf eine gewisse Art ist er ja verrückt!
    Schade, dass wieder die Twitter Files nicht erwähnt worden sind. Darin liest man nämlich dass das „Vertauens- und Sicherheitsteam“ Leute kalt gestellt hat, obwohl sie wussten, dass derjenige nicht gegen ihre Regeln verstoßen hatte. Darüber sollte diskutiert und berichtet werden!
    Und warum ein offener Diskurs so gefällt ist. – meine Meinung: weil dann nicht mehr nur das linke Narrativ so omnipräsent ist.

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    1. Also wenn man sich die weltweite Entwicklung der letzten dreißig Jahre anschaut, dann war dominierend ein Turbokapitalismus mit autoritärem Staat in China und ein globalisierter Neoliberalismus, der erst jüngst massiv an seine Grenzen stößt durch die Pandemie und einen kriminellen Überfall durch Russland auf einen souveränen Nachbarstaat in Europa.
      Ein omnipräsentes „linkes“ Narrativ existiert vornehmlich in der Feindbildideologie der Rechten. Dort wird es gebraucht, um die eigene sehr dürftige Weltsicht zusammen zu leimen und auf einen Gegner einzuschwören, analytisch gibt das nun wirklich nichts her.

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    2. PS Zu den sog. Twitter Files gibt es eine umfangreiche Berichterstattung und ausführliche Recherchen, die das Verschwörungsgeraune einschlägiger Kommentatoren und die Aussagen E. Musks in eigener Sache nicht bestätigen…
      PRO halt also mitnichten journalistische Sorgfalt vermissen lassen, insofern sie über etwas hätten berichten müssen, was andere unterschlagen hätten und das schon aus dem einfachen Grund, weil es eben nicht unterschlagen wurde. Ergo: schlecht gebrüllt, Löwen 🦁!

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