EKD-Finanzler: „Zukunft liegt nicht in verbeamteten Pfarrern“

Angesicht schwindender Mitgliederzahlen hat der Vorsitzende des Haushaltsausschusses der EKD-Synode, Christian Weyer, alternative Formen der Kirchenmitgliedschaft, Kirchensteuernachlässe und die Aufhebung des Beamtenstatus für Pfarrer zur Debatte gestellt.
Wie viel Attraktivität bedarf es, damit die Kirchenbänke nicht leer bleiben?

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Weyer, hat mehr Flexibilität kirchlicher Strukturen gefordert. Alternative Formen der Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuernachlässe seien nicht der richtige Weg, um Mitglieder langfristig an die Kirche zu binden, sagte Weyer dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Was wir ändern sollten, ist das zu starre Verständnis von Gemeindeformen.“

„Wir müssen kundenfreundlichere Umgangsweisen finden“, sagte Weyer. In der evangelischen Kirche verstehe man unter einer Kirchengemeinde immer noch die Ortskirchengemeinde, also eine geografische Größe. „Ich erlebe aber, dass Menschen ihre Gemeinde nicht nach dem Wohnort aussuchen“, sagte der Theologe. Das müsse durchlässiger gestaltet werden.

Pensionen werden zum Problem

Änderungsbedarf sieht Weyer auch bei den kirchlichen Anstellungsverhältnissen. „Ich glaube, dass die Zukunft nicht in verbeamteten Pfarrerinnen und Pfarrern liegt. Wir müssen da flexibler werden, um die Lasten in den nächsten Jahren tragen zu könne“, sagte der Vorsitzende des synodalen Haushaltsausschusses. Einige Landeskirchen wüssten schon heute nicht mehr, wie sie die Pensionszahlungen für beamtete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Dauer leisten können.

„Die Vorteile einer Verbeamtung haben heute in meinen Augen nicht mehr die zentrale Bedeutung wie früher“, sagte er. Zu einem attraktiven Pfarrberuf gehöre es zum Beispiel auch, die Residenzpflicht in übergroßen Pfarrhäusern im ländlichen Raum zu hinterfragen. Dass Pfarrerinnen und Pfarrer in ihrer Kirchengemeinde wohnen, sei wichtig. Es könne aber auch die eigene Wohnung sein.

Zusammenschluss von Landeskirchen denkbar?

Der Superintendent aus dem Saarland, der der Evangelischen Kirche im Rheinland angehört, forderte zudem, dass neue Gemeindeformen dauerhaft an Kirchensteuermitteln beteiligt werden sollten. „Im Moment erhalten sie vielleicht Projektmittel für wenige Jahre und können sich danach nicht weiter finanzieren“, sagte er. In einzelnen Landeskirchen gibt es Gemeindeprojekte, die außerhalb der sogenannten Parochie, also der Ortskirchengemeinde, stehen.

In der rheinischen Landeskirche bestehen nach Angaben des Landeskirchenamtes in Düsseldorf jetzt 18 sogenannte Erprobungsräume, in denen innovative und unkonventionelle Formen kirchlichen Lebens getestet werden. Bei den jetzt ausgewählten Projekten handelt es sich unter anderem um eine Jugendkirche in Aachen, die Transkulturelle Gemeinde Weigle-Haus in Essen und die Internationale Evangelische Gemeinde Wuppertal.

Weyer stellte in dem Gespräch auch die föderale Gliederung mit derzeit 20 protestantischen Landeskirchen infrage. Über die Zahl der Landeskirchen müsse man in den nächsten Jahren „sehr deutlich“ sprechen. „Man sollte ernsthaft die Frage stellen, ab welcher Größe eine Landeskirche noch funktionsfähig ist“, forderte er.

„Die Nordkirche als Zusammenschluss dreier Landeskirchen hat es 2012 vorgemacht, dass es geht. Da müssen andere Landeskirchen nachziehen“, sagte der Theologe. Eine Mindestgröße für eine funktionsfähige Landeskirche wollte Weyer indes nicht nennen.

Der 62-Jährige leitet seit Mai in der neu zusammengesetzten EKD-Synode den Haushaltsausschuss. Letztmalig hatten sich vor neun Jahren Landeskirchen zusammengeschlossen. Die Nordkirche erstreckt sich über die Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Weyer gehört der Evangelischen Kirche im Rheinland an, die fast 2,5 Millionen Mitglieder zählt und damit die zweitgrößte deutsche Landeskirche ist. Die kleinsten der EKD-Gliedkirchen sind die Evangelische Landeskirche Anhalts mit weniger als 30.000 Mitgliedern und die Evangelisch-Lutherisch Landeskirche Schaumburg-Lippe mit weniger als 50.000 Gläubigen.

epd
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2 Antworten

  1. Seit Jahren beschäftigen sich Leitungskremien der Kirchen mit Fragen nach der Zukunft. Leider kommen sie nicht über Strukturformen hinaus. Manchmal werden sie mit vielen hochtheologischen Abhandlungen geschrieben, manchmal in einfache Worte gehüllt. Oft wird wirtschaftlich argumentiert als sei Kirche eine GmbH. So auch auf dieser Synode.
    „Wir müssen kundenfreundlichere Umgangsweisen finden“, sagte Weyer.
    Seit mehr als 40 Jahren erlebe ich diese Diskussionen ohne irgendwelche „Erfolge“ zu sehen. Ich sehe zusammengelegte Gemeinden, leere Kirchen (auch in Pandemiezeiten), biologisch aussterbende Gemeinden, fehlende Kinderkreise, von Jugend gar nicht zu reden. Ich erlebe kirchliches Leben, bei dem Evanglisation, Bibellehre und Bibeltreue kaum noch eine Rolle spielen. Ich erlebe eine Kirche wo jeder nach seinem Gutdünken leben kann und jeder der noch biblische Grundwerte anmahnt als Fundamentalist ins Abeseits gestellt wird. Es mag sein das die „Fundamentalisten“ nicht die Mehrheit sind, aber die Erfolge der „Gegenseite“ sind seit Jahrzehnten ausgeblieben. Wir brauchen die Rückkehr zu den pietistischen Vätern, brauchen wieder die Lehre von der wörtlichen Richtigkeit der Bibel und eine darauf basierende Verkündigung. Einen Versuch ist es allemal wert, denn laut Bibel ist es der lebendige Gott der Gemeinde baut und von daher in eine Zukunft führt. Auf dieser Basis werden sich auch Strukturen ändern. Möglicherweise braucht die Kirche wieder eine Reformation und einen Martin Luther.

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  2. Keine Angst Matti, die vertrockneten Äste müssen mal weg. Es wird wieder eine Zeit der Sehnsucht und Umkehr geben. Diese Hoffnung habe ich. Bis es so weit ist können wir Glauben teilen. Ich meine nicht die Museumsverwaltung sondern wir können Zeuge sein. Es kommt nicht auf die Große Hülle an sondern auf den Guten Inhalt.

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