Der Ratsvorsitzende, der gegen die Entkirchlichung kämpfte

Wolfgang Huber feiert am 12. August seinen 80. Geburtstag. Der Jubilar stand von 2003 bis 2009 als oberster Theologe an der Spitze der EKD und mahnte immer wieder, dass sich die Kirche auf ihren Kernauftrag konzentrieren müsse.
Von Johannes Blöcher-Weil
Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber

Wolfgang Huber vollendet am 12. August sein 80. Lebensjahr. Der Theologe war von 1994 bis 2009 Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, später kam noch die Schlesische Oberlausitz hinzu, und von 2003 bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Huber wuchs als jüngster von fünf Brüdern in Straßburg, Falkau im Schwarzwald sowie in Freiburg auf. Theologie studierte er in Heidelberg, Göttingen und Tübingen. Nach Promotion und Habilitation war er zunächst Pfarrer. Von 1968 bis 1980 arbeitete er in der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg, deren stellvertretender Leiter er zuletzt war.

Bischof statt Bundestag

Seine wissenschaftliche Karriere setzte Huber als Professor in Marburg und Heidelberg fort. Zu seinen Schülern gehörte auch einer seiner Nachfolger: der spätere EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. Als Wissenschaftler hat Huber unter anderem die Neuausgabe von Bonhoeffers Werken federführend verantwortet, aber auch andere ethische Standardwerke verfasst.

1993 hatte Huber es abgelehnt, ein Bundestagsmandat für die SPD anzunehmen. Stattdessen wurde er Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg und ließ auch seine Parteimitgliedschaft ruhen.

Als Theologe sieht er das Christentum als „Religion einer lebensdienlichen Freiheit“. Huber äußerte sich als Wissenschaftler und später als EKD-Ratsvorsitzender immer wieder zu ethischen Fragestellungen der Gegenwart: sei es in der Politik oder der Bioethik. So sprach er sich gegen die Herstellung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken aus.

Entwickler des Perspektiv-Programms „Kirche der Freiheit“

Seit 1997 saß er im Rat der EKD. Auf der Synode in Wetzlar im gleichen Jahr musste er sich noch dem rheinischen Präses Manfred Kock bei der Wahl zum Ratsvorsitzenden geschlagen geben. Sechs Jahre später wurde er mit großer Mehrheit in das Amt gewählt. Huber wollte in seiner Amtszeit der Entkirchlichung im Osten Deutschlands mit einer missionarischen Neuorientierung entgegentreten.

Kirche müsse sich auf den Kern ihres Auftrags konzentrieren und den Menschen zuwenden. Unter seiner Leitung wurde das Perspektiv-Programm „Kirche der Freiheit“ ausgearbeitet. Ein Papier mit ähnlicher Zielrichtung legte er seiner eigenen Landeskirche vor. 2008 besuchte er das Christival in Bremen. Damals betonte er, dass man theologisch konservative, evangelikale Christen nicht mit Fundamentalisten gleichsetzen könne.

Dem Theologen war auch der Bildungsauftrag der Kirchen wichtig. Er setzte sich für Schulen in kirchlicher Trägerschaft und für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ein. Als in Brandenburg das Fach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) eingeführt werden sollte, vertrat Huber den kirchlichen Standpunkt vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Kompromissregelung sah vor, sich vom staatlichen Pflichtfach LER zu Gunsten des Religionsunterrichts abzumelden.

Ökumene im wechselseitigen Respekt leben

In der Landeshauptstadt Berlin lehnte das Parlament diese Wahlmöglichkeit ab. Die Kirchen unterstützten den Bürgerentscheid für eine Wahlmöglichkeit. Das Ansinnen fand jedoch nicht die erforderliche Mehrheit. Huber und sein katholischer Amtskollege Kardinal Georg Sterzinsky befürchteten, dass mit der Niederlage im Volksbegehren Ethik den konfessionellen Religionsunterricht langfristig verdränge.

Wichtig war dem Theologen immer die Ökumene und der weltweite Dialog der Religionen. In seiner Amtszeit fand der 1. Ökumenische Kirchentag in Berlin 2003 statt. In Gesprächen mit der katholischen Kirche warb er für eine „Ökumene des wechselseitigen Respekts“. Auch mit Muslimen bemühte er sich um regelmäßige Gespräche. Er warnte allerdings auch vor „interreligiöser Schummelei“. Ein aufrichtiger Dialog müsse auch kontroverse Themen wie Religionsfreiheit und Religionswechsel ansprechen.

„Ich bin frömmer geworden“

2009 stand er aus Altersgründen nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Verfügung. Seine Nachfolgerin wurde Margot Käßmann. Von 2010 bis 2014 war Huber Mitglied des Deutschen Ethikrats. Diesem hatte er schon von 2001 bis zu seiner Wahl 2003 angehört. Außerdem war Huber im Kuratorium von ProChrist. Im Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA bekannte er: „Ich bin frömmer geworden. Die Frömmigkeit der Zukunft wird Bibelfrömmigkeit sein.“

Huber ist seit 1966 mit der Grundschullehrerin und Autorin Kara Huber verheiratet. Sie haben drei erwachsene Kinder und sechs Enkel. Zu den bedeutendsten Auszeichnungen Hubers gehören das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, der Verdienstorden des Landes Berlin sowie die Luther-Rose. Zahlreiche wissenschaftliche Fakultäten haben ihm eine Ehrendoktorwürde verliehen. Zudem hat Huber noch zahlreiche kirchliche Ehrenämter inne.

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Eine Antwort

  1. Gratulation und Gottes Segen!
    Wolfgang Huber war schon als Professor in Heidelberg eine beeindruckende Persönlichkeit.
    Er ist nicht nur „frömmer“ geworden, sondern hat auch intensiv den Dialog mit den Frommen im Land gesucht, zum Teil gegen Widerstand in der EKD. Das täte heute neuerlich Not als „Frischzellenkur“ für die Kirche einerseits und auf der anderen Seite als Damm gegen fundamentalistischen und rechte Tendenzen.

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