Der Film, der Shia LaBeouf zum Christen machte

Der exzentrische Hollywood-Schauspieler Shia LaBeouf spielt in „Padre Pio“ einen katholischen Priester. Der jüdisch-stämmige LaBeouf konvertierte durch den Film zum Katholizismus. Nun ist der etwas trashige Independent-Film im Streaming zu sehen.
Von Jörn Schumacher
Der Schauspieler Shia LaBeouf im Jahr 2022

Ein Biopic über den 1968 verstorbenen italienischen Priester Pio of Pietrelcina – genannt „Padre Pio“ – ist dieser Film nicht. Der echte Kapuziner-Mönch soll die Stigmata Christi getragen und über die Gaben des Heilens und der Prophetie verfügt haben. Im Jahr 2002 wurde Padre Pio heilig gesprochen, um ihn entwickelte sich bereits zu Lebzeiten ein Kult.

Andererseits soll er ein Unterstützer der ersten Faschisten Italiens gewesen sein. In dem abgelegenen Ort San Giovanni Rotondo, in dem Pio wirkte, kämpften wie im übrigen Italien nach dem Ersten Weltkrieg Sozialisten und Faschisten um die Macht im Land. Auch diesen Aspekt behandelt der Film „Padre Pio“, jedoch stellt er inhaltlich seltsamerweise keinen Zusammenhang zu dem katholischen Geistlichen her.

Dass der amerikanische Schauspieler Shia LaBeouf ausgerechnet einen katholischen Geistlichen spielen würde, erschien zunächst paradox. Der jüdisch-stämmige 37-Jährige, bekannt aus Kassenschlagern wie „Transformers“, „Indiana-Jones“ und „Nymphomaniac“ hatte zuletzt vor allem durch Skandale und eher wenig frommes Verhalten auf sich aufmerksam gemacht. Der Sohn einer Jüdin und eines Christen (LaBeouf nannte sie einmal „Hippies“) ging als Kind in eine evangelikale Gemeinde und hatte eine christliche Taufe, aber auch eine Bar Mitzwa.

Konversion zum Katholizismus

Im Jahr 2004 schrieb LaBeouf in einem Essay für das Buch „I Am Jewish“ von Judea Pearl, er habe „eine persönliche Beziehung zu Gott innerhalb des jüdischen Glaubens“. Er bezeichnete sich bisher als jüdisch, in anderen Interviews gab er an, mit Religion nichts anfangen zu können. Nach den Dreharbeiten zu „Padre Pio“ erklärte er öffentlich, zum Katholizismus konvertiert zu sein.

Der Trailer zu Padre Pio.

Der Schauspieler machte durch Eskapaden auf sich aufmerksam, er wurde mehrmals von der Polizei festgenommen, vor zwei Jahren beschuldigte seine ehemalige Freundin, die Musikerin FKA twigs, den Schauspieler des sexuellen und emotionalen Missbrauchs. Der Prozess gegen ihn wurde mehrmals verschoben, zuletzt auf Oktober 2024.

Der Schauspieler ist bekannt für exzentrische Auftritte, die er als Performance-Kunst bezeichnet. So erschien er etwa 2014 beim Berlin Film Festival auf dem roten Teppich mit einer über den Kopf gestülpten Papiertüte, auf der stand: „I AM NOT FAMOUS ANYMORE“ (Ich bin nicht mehr berühmt). LaBeouf sagte später in einem Interview, sein Herz sei gebrochen, er sei voller Scham, er fühle sich schuldig. Unter dem Motto #IAMSORRY stellte er sich sechs Tage lang mit einer Papiertüte über dem Kopf in eine Kunstgalerie in Los Angeles und weinte. 2016 gab LaBeouf bekannt, er habe die britische Schauspielerin Mia Goth in a Las Vegas geheiratet, zwei Tage später folgte das Dementi.

Bereits im Film „Fury“ (2014) spielte er einen gläubigen Mann. Damals sagte er in einem Interview: „Ich habe bei den Dreharbeiten zu ‚Fury‘ Gott gefunden. Ich wurde Christ, aber nicht nur ein bisschen, sondern wirklich. Ich hätte alle Gebete aufsagen können, aber da war es auf einmal real, und es half mir.“ Er habe Menschen um sich gehabt, die ihm geholfen haben, Brad Pitt sei dabei einer davon gewesen. „Brad kommt aus einem hyper-religiösen Hintergrund, sehr christlich. Ein richtiges Bible Belt-Leben. Aber er lehnte es ab und entwickelte sich spirituell weiter.“

Er wurde dieser Geistliche

Nun also Katholizismus? Der Film „Padre Pio“, der beim Filmfestival von Venedig 2022 Premiere feierte, ist jetzt auf den einschlägigen amerikanischen Streamingportalen wie Apple-TV, Amazon Prime, YouTube sowie kostenlos bei Vudu zu sehen. Anlässlich des Filmstarts gab LaBeouf dem amerikanischen katholischen Bischof Robert Barron in dessen bekanntem YouTube-Kanal ein Interview.

Darin gab der Schauspieler glaubhaft zu verstehen, vom Katholizismus geradezu gerettet worden zu sein – aus einer tiefen Lebens- und Sinnkrise. „Ich spüre eine körperliche Wirkung des Betens“, sagte LaBeouf. „Ich spüre eine Erleichterung.“ Er erklärte weiter, er versuche nie zu schauspielern, sondern die Person in der Rolle wirklich zu sein. „Ich hasse Schauspielern. Das fühlt sich falsch an. Aber wenn man wirklich drin ist, kann man es gar nicht falsch machen.“

Der italienische Priester Pio sei in Italien ein Star, so wie Elvis, erklärt LaBeouf. „Aber Pio rettete auch mein Leben.“ Auch die heilige Messe sei eine Art von Schauspielerei, fügte LaBeouf hinzu. „In der Messe spielt der Priester sozusagen die letzten Momente im Leben Christi. Ich möchte nicht sagen, Priester seien Schauspieler, denn das minimiert die heilige Bedeutung dessen, was sie tun. Aber sowohl das Schauspielern als auch eine Messe halten sind eine immersive Erfahrung. Das war mein Zugang zu Padre Pio.“

„Ich habe viele Menschen verletzt!“

Sein Leben sei früher eine Katastrophe gewesen, er habe mit dem Schauspielern aufhören wollen. „Ich habe viele Menschen verletzt. Ich habe mich schuldig gefühlt.“ Damals habe er keinen Kontakt mehr zu Menschen gehabt, nicht einmal zu seiner Mutter. Er habe Selbstmordgedanken gehabt. „Ich fühlte Scham wie nie zuvor in meinem Leben. In der Art, dass man kaum noch atmen kann. Man weiß nicht wohin mit sich.“

Nun sei er überzeugt: „Glaube ist die logische rationale Herangehensweise, es ist einfach nicht logisch und rational, Atheist zu sein. Wenn man nur lange genug nachdenkt, kommt man zum Urknall und dann schraubt man sich immer mehr in den Glauben hinein. Man wird plötzlich zum Gläubigen.“ Weiter sagte der Schauspieler: „Mir wurde mein ganzes Leben lang gesagt: Das Leben liegt in deinen Händen. Mach daraus das Beste. Sei ein guter Mensch, heirate, baue ein Haus, sei gut in Deinem Job, dann wird alles gut. Daran habe ich immer fest geglaubt. Das macht es aber schwer, an Gott zu glauben. Erst als alle meine Pläne zunichte gingen, als mein Leben komplett in die Brüche ging, gab ich alles auf, ich wollte nicht mehr leben. Das war aber notwendig.“

LaBeouf ging für die Rolle in ein Kloster in Sant Lorenzo in Pasadena. Er habe früher viele Bücher über Atheismus gelesen, etwa von Sam Harris, und Vorträge darüber gehört. „Ich war gut darin, den Katholizismus anzugreifen“, sagt LaBeouf. „Ich habe mich gerne mit religiösen Menschen gestritten. Dann fühlte ich mich erhaben. Ich glaube, den meisten säkularen Menschen geht das so.“

Er habe zuvor nicht selbst in der Bibel gelesen. Doch dann habe ihn vor allem das Matthäus-Evangelium gepackt. „Johannes der Täufer kam mir vor wie ein Cowboy, sehr wild, stark und männlich. Wenn ich früher an Jesus dachte, sah ich immer eher so etwas wie einen Buddhisten vor mir, sehr weich und zerbrechlich. Das passte nie zu meinem Bild von Männlichkeit.“

Ihm kam die Botschaft des Neuen Testamentes vor wie der Aufruf: „Lass los.“ LaBeouf weiter: „Als ich das verstand, war ich total ergriffen. Ich hatte bisher an meinem Leben festgehalten und versucht, mir etwas aufzubauen. Doch das Evangelium sagte mir: Lass das einfach alles los.“ Bei den Brüdern lebte er dann länger als ursprünglich gedacht. Für ihn sei der Besuch im Kloster so etwas wie die letzte Station vor dem Ende gewesen. „Heute ist mir klar: Gott nutzte mein Ego, mich zu sich zu ziehen.“

Den Sinn des Leidens erkennt man erst am Schluss

Der Film „Padre Pio“ ist dank Kameraführung, Regie, Drehbuch und Schauspielleistung nicht verdächtig, einmal als ganz großes kineastisches Werk in die Geschichte einzugehen. Doch Shia LaBeouf spielt seine Rolle bravourös. Hier und da hat der Film durchaus wertvolle christliche Botschaften versteckt.

Zwar steht in guter katholischer Tradition vor allem das Leiden Christi im Vordergrund – der Geistliche ist demnach dann auf dem richtigen Weg, wenn er selbst ordentlich und viel leidet. Kruzifixe mit einem blutenden Jesus sind auch in „Padre Pio“ häufig zu sehen, ja, der Film endet sogar damit, gemeinsam mit einem schluchzenden Padre Pio.

Shia LaBeouf zu Gast bei Bischof Robert Barron.

Pio gibt einem Vater, der zwei Söhne im Krieg verloren hat, ein schönes Bild mit: Seine Mutter habe manchmal in ihrem Stuhl gesessen und gestickt. Als kleiner Junge habe er auf dem Boden gesessen und die Stickerei nur von unten sehen können. Er fragte seine Mutter, was für seltsame, hässliche Fäden sie dort zusammenknote. Dann habe die Mutter ihm die Stickerei von der richtigen Seite gezeigt, und auf einmal sei ihm klar geworden, welches Muster sich in den Stickerei verbirgt.

So sei es auch mit dem Leiden: Erst am Ende erkenne man, was für einen Sinn es hatte, zu leiden, denn Gott erschaffe daraus etwas Schönes. „Wenn du dich im Geiste und im Gebet erhebst, wirst Du den Plan sehen, den Gott für dich hat.“ Wie die Geschichte um den leidenden Padre allerdings mit dem Kampf zwischen den Sozialisten und den Faschisten zusammenhängt, vermag der Film bis zum Schluss nicht aufzuklären. Es scheint fast so, als seien hier zwei verschiedene Filme zu einem verwoben worden, zumal LaBeouf / Pio nie gemeinsam mit den anderen Darstellern auftritt.

Es kann durchaus sein, dass etwas vom verwurzelten katholischen Glauben des Padre Pio auf den jüdisch-stämmigen Schauspieler Shia LaBeouf übergesprungen ist. Andererseits sind da die schwerwiegenden Anschuldigungen seiner Ex-Freundin, gegen die sich der Amerikaner ab Oktober 2024 vor Gericht verantworten wird müssen.

Aus rein strategischer Sicht könnte es also „von Nutzen“ sein, als ein reuiger christlicher Konvertit vor die Geschworenen zu treten… Am Ende kann niemand sagen wie echt die Konversion zum Katholizismus ist, und wie viel gespielt ist vom wirklich guten, aber manchmal auch sehr exzentrischen Schauspieler Shia LaBeouf.

„Padre Pio“, 104 Minuten, Regie: Abel Ferrara, mit Shia LaBeouf, auf Amazon Prime, Vudu, AppleTV (USA)

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