Christliche Leiter fordern gerechte Impfstoffverteilung

Christliche Organisationen fordern von der Bundesregierung Einsatz für gerechte Verteilung der Corona-Impfstoffe weltweit. Zur Produktion der Vakzine sollen auch die Rechte des geistigen Eigentums eingeschränkt werden.
Von Norbert Schäfer
Impfung

Vertreter christlicher Organisationen haben die Bundesregierung aufgefordert, „eine gerechte, weltweite Verteilung der Impfstoffe in den Fokus der Pandemiebekämpfung zu stellen.“ Nach Ansicht von Martin Knispel (Tearfund Deutschland), Uwe Heimowski (Deutsche Evangelische Allianz), Steve Volke (Compassion Deutschland), Frank Paul (Offensive Junger Christen), Gerhard Wiebe (CVJM Deutschland), Sylke Busenbender (Samaritan’s Purse Deutschland) und anderen Mitgliedern des Micha-Arbeitskreises von Micha Deutschland reichen Impfstoff-Spenden nicht aus zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Die Unterzeichner des Appells fordern von der Bundesregierung, Technologien und Know-how in Länder des globalen Südens zu transferieren und eine Freigabe von Patenten und Lizenzen zu erwirken. Damit soll weltweit die Produktion von Covid-Impfstoffen ermöglicht werden. „Deutschland muss sich federführend in der EU und innerhalb der G7-Staaten für eine globale Produktion und gerechte Verteilung von Impfstoffen einsetzen, denn erst wenn alle gleichermaßen Zugang zu Impfstoff haben, wird die Pandemie besiegbar sein“, lautet es in einer Pressemitteilung von Micha-Deutschland vom Dienstag.

Rechte des geistigen Eigentums anpassen

„Die Forderung vieler zivilgesellschaftlicher Organisationen ist, dass die Politik agiert und dafür sorgt, dass der Fortschritt, der erreicht wurde in der Impfstoff-Produktion – auch vielfach finanziert durch öffentliche Gelder –, so genutzt wird, dass es einen Technologietransfer gibt in den globalen Süden. Und, dass Firmen dort ermächtigt werden, in die Produktion des Impfstoffs einzusteigen und die Rechte des geistigen Eigentums so angepasst werden, dass der Impfstoff als Generika produziert und die Welt geimpft werden kann“, erklärte Gisela Schneider, Direktorin vom Deutschen Institut für Ärztliche Mission und Mitglied des Vorstandes von Micha Deutschland auf Anfrage. Generika sind Medikamente, die dieselben Wirkstoffe wie bereits zugelassene Arzneimittel haben, aber billiger angeboten werden können.

Dass die Bundesregierung, sollte sie auf die Forderungen eingehen, den bestehenden Ordnungsrahmen der Marktwirtschaft, des Handels und des Rechtssystems aufweichen könnte, sieht Schneider nicht als bedenklich an. „Besondere Situationen brauchen besondere Reaktionen“, erklärt die Medizinerin im Gespräch mit PRO. „Wir reden hier nicht über die Grundsatzfrage des Patentschutzes. Das ist eine ganz andere Diskussion.“ Schneider verweist in dem Zusammenhang auf die UN-Nachhaltigkeitsziele. Darin sei festgelegt, dass jeder Mensch überall auf der Erde Zugang zu essenziellen Medikamenten, Impfstoffen und Diagnostika haben soll und dass Handelsrechte und -richtlinien dahingehend geändert werden dürften, wenn es zu einem Gesundheitsnotfall komme. „Die Bundesregierung hat diese Nachhaltigkeitsziele unterschrieben.“

Corona habe, einem Brennglas gleich, Ungleichheiten in der Welt verstärkt. Neben den mehr als drei Millionen Toten sei eine massive Zunahme an Armut und Hunger zu verzeichnen. Vom angestrebten Ziel der weltweiten Bekämpfung von Covid-19 sei man weit entfernt. „Um die Corona-Pandemie einzudämmen, brauchen wir Impfstoff für alle“, sagte Schneider. Es gehe darum, nicht nur Impfstoffe zu verschenken, sondern lokale Impfstoffproduktionen zügig aufzubauen, um alle Menschen zu schützen.

Afrika: 53,5 Millionen Impfdosen für 1,37 Milliarden Menschen

Der Pressemitteilung zufolge hätten sich die reichen Länder mehr als 80 Prozent der verfügbaren Impfdosen gesichert und zum Teil Vorräte für die dritte und vierte Impfung geplant. Darin sehen die Unterzeichner eine Ungerechtigkeit. Nach Angaben der Afrikanischen Union (AU) seien in alle 50 afrikanischen Staaten insgesamt nur 53,5 Millionen Dosen geliefert worden – bei einer Gesamtbevölkerung von 1,37 Milliarden Menschen auf dem Kontinent. Der Pressemitteilung zufolge sind derzeit nur 0,2 Prozent der afrikanischen Bevölkerung gegen Covid-19 geimpft. Der Großteil aller Gesundheitsmitarbeitenden sei bislang nicht geimpft worden.

Der Micha-Arbeitskreis von Micha Deutschland ist ein Netzwerk von leitenden Vertretern christlicher Werke in der Entwicklungszusammenarbeit sowie christlichen Gemeinschaftsverbänden und Kirchen, die sich für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen einsetzen.

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2 Antworten

  1. Auch mit Unterstellung bester Absichten der Micha-Initiative, macht es mich
    einfach nur traurig zusehen zu müssen, wie christliche Leiter und Organisationen
    mit der „Pandemie“ und „Coronaimpfung“ umgehen.

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  2. Deutschland leistet bereits einen überproportionalen Anteil an der Impfstoffversorgung der Welt. Anders als z.B. die USA, die sagen, daß sie Impfstoff abgeben werden, wenn alle US-Bürger versorgt sind oder die Briten. Was ist mit den Chinesen, was ist mit Indien? Diese Länder sind die schärfsten Konkurrenten im weltweiten Markt, helfen aber nur wenig. Was ist mit den superreichen Ölstaaten?
    Es bringt genau gar nichts, z.B. das Patent für „Comirnaty“ (BioNTech Pfizer) freizugeben. Die Herstellung als auch die Logistik dieses temperaturempfindlichen Vakzins ist in der dritten Welt nicht zu leisten. Es fehlen Anlagen und auch die Fachkräfte. Man suche mal im Internet nach dem Durchschnitts-IQ in den betroffenen Ländern. Auch muß man feststellen, daß eben z.B. Deutschland den größten Teil der Kosten der Pandemie tragen wird. Das ist auch in Ordnung, weil hier die Möglichkeit gegeben ist, das Geld dafür zu erwirtschaften. Es ist aber eben dazu notwendig, daß die Wirtschaft in unserem Land als auch in anderen Geberländern schnell wieder den Normalzustand erreicht, was nur geht, wenn hier und in den anderen Geberländern schnell eine möglichst weitgehende Durchimpfung erreicht wird. Auch wird oft die Solidarität innerhalb der EU übersehen. In der EU gibt es viele Länder, die weder in der Lage sind, einen Impfstoff zu entwickeln, noch diesen herzustellen oder zu bezahlen. Hier ist, dafür hat es ja auch Kritik geben, innerhalb der EU eine einheitliche Strategie entwickelt und umgesetzt worden, damit alle Staaten gleichberechtigt mit den Impfstoffen versorgt werden, um den EU-Binnenmarkt mit seinen vielfältigen Lieferketten zu erhalten und zu sichern. Da muß aber auch mal die Frage aufgeworfen werden dürfen, wieso Länder wie eben Deutschland als eben auch Israel, Deutschland 1945 vollständig in Trümmern, arm an Rohstoffen, Israel erst wenig später überhaupt gegründet, in der Lage sind, das Ganze gut abzuwickeln, während superreiche Ölstaaten absolut keinen Beitrag leisten können. Da offenbar beste Vakzin wurde in Deutschland entwickelt, übrigens von einem Mann mit Immigrationshintergrund, was hier auch mal ausgesprochen werden muß. Dann gab es erst eine Produktionsstätte in Sachsen, binnen weniger Monate konnte eine solch komplizierte Anlage in Schleswig-Holstein und in Thüringen aufgebaut und in Betrieb genommen werden. Warum kann das immer nur Deutschland, warum nicht die anderen Staaten? Irgendetwas macht Deutschland richtig und die anderen machen es offenbar falsch. Die USA haben mit „Moderna“ und der Beteiligung durch Pfizer auch einen großen Teil geleistet, Großbritannien mit dem AstraZeneca Vakzin. Weder chinesische noch russische Impfstoffe sind in Europa oder den USA zugelassen. Da dürfte es nicht am Geld mangeln, um die Studien durchzuführen, vielleicht sind die Vakzine doch eher Propaganda als brauchbarer Impfstoff. Alle zugelassenen Vakzine sind aus Europa oder den USA, weder Südamerika, Afrika, Asien oder Australien haben da Vergleichbares. Das kostet uns viel, unser Gesundheitssystem ist teuer, die Abgabenlast für die Bürger enorm, aber es sind offenbar lohnende Ausgaben. Das Gleiche erleben wir nun bei der energetischen Konversation, die Entwicklungen kommen überwiegend aus Europa, der Rest der Welt will das dann bestimmt wieder alles geschenkt haben.
    Viele Länder sitzen auf den passenden Rohstoffen, es sind Milliarden und Abermilliarden an Entwicklungsgeldern geflossen und fließen noch, der Effekt ist minimal. Alimentierung macht abhängig und teilweise eben auch bequem und faul.

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