Auch wenn es sich um einen vorläufigen Arbeitstitel handelt, er verrät viel: Die evangelische Nordkirche will künftig mehr Menschen bei wichtigen Lebensstationen „kasual begleiten“. Dazu hat sie eine „Ritualagentur“ gegründet. Die Arbeitsagentur vermittelt Arbeit, der Versicherungsagent vermittelt die besten Adressen einer sorgenfreien Vollkasko zur Absicherung aller Risiken. Aber nun will Kirche vermittelnder Agent zwischen diversen Religionen, Frömmigkeitsformen und sinnstiftenden Überzeugungen sein. Das klingt sehr offensiv, up-to-date, innovativ und engagiert. Die Projektleiter dazu: „Wir haben Beratungs- und Fortbildungsangebote zum Thema Sozialraumanalyse für Gemeinden und Konvente entwickelt, die sich auch digital durchführen lassen. Es gibt zum Beispiel multireligiöse Einschulungsfeiern, einen Tiergottesdienst oder auch eine Gin-Tonic-Liturgie, bei der statt Wein und Brot eben Gin Tonic und Brot geteilt werden.“
In mir sträubt sich etwas, diese Idee zu loben und zu rühmen, obwohl ich mich grundsätzlich gern für neue Wege der Evangelisation vorbehaltlos begeistern lasse. Dabei sind es gar nicht die auf „Neusprech“ getunten Termini, die mich genauer hinsehen lassen. Es ist viel mehr die Frage, warum die Gemeinden landeskirchlicher Prägung immer wieder Komm!-Konzepte anbieten, die nur funktionieren, wenn Menschen sich melden und kommen. Ist das alles, was wir aus der Pandemie gelernt haben?
Hingehen statt kommen lassen
Schon bei der multireligiösen Einschulungsfeier schwant mir, dass das „Solus Christus“ unter die Räder der Religionsagenten kommen wird. Oder dass Gin Tonic und Griebenschmalzbrot den Grund der Passion Jesu verschleiern. Dabei halte ich es für eine hohe Kunst, Kinder und Eltern über „Jesus als Weg, Wahrheit und Leben“ zu sprechen, ohne der politisch-theologischen Korrektheit in die Quere zu kommen.
Die Kirche der Zukunft kann nur eine hingehende Kirche sein. Jesu war ambulant – umhergehend – unterwegs, den Menschen nachgehend. Jesus war kein stationärer Säulenheiliger, der unter fester Adresse residierte, der nicht Menschen zu einem Gotteshaus oder einem Initiationsritus einlud, sondern einer, der zu den Menschen seiner Zeit ging. Wer in den letzten beiden Jahren Kirche nur online oder hybrid erlebt hat, den zieht es in die Tuchfühlung, auf die Augenhöhe und den blass gewordenen Teil der unteren Gesichtshälfte. Wenn nicht jetzt, wann dann muss Kirche zu den Menschen kommen? Und das kann und darf nicht am pastoralen Personal hängenbleiben. Jeder Christ ist Zeuge des Christus. Wenn das allen bewusst wäre, stünde Europa vor einer Re-Evangelisation ungekannten Ausmaßes. Dann hätte ich auch keine Sorge um die Kasual- und Ritualagenten.
4 Antworten
Der christliche Glaube wird hier gefühlsmäßig in einer Schublade verwaltet, die nach Bedarf aufgezogen werden kann wie hundert andere auch – bei Nachfrage wählen Sie diese Nummer …
Es ist schon erbärmlich, wie das christliche Gedankengut instiutionalisiert wird, zum reinen Zweckverbrauch verkümmert und gewissermaßen zur Agentur wird.
Seid Ihr noch zu retten?
Ja, jeder ist es, aber annehmen muss man es selber. Aber nicht auf diese Art.
Da kriegt man irgendwie das Gruseln.
Lieber Herr Mette, Sie bringen es auf den Punkt. Danke für diesen Beitrag!
Schon die Bezeichnung „Ritualagentur“ erzeugt bei mir einen bitteren Beigeschmack. Unter „Ritual“ versteht man die Gesamtheit der „Riten eines Kultes“ und dann noch „Agentur“, die Geschäftsstelle eines Agenten, so habe ich es jedenfalls gelernt.
Aber nun will die Kirche, wie Herr Jürgen Mette schreibt, mittels dieser Agentur die diversen Frömmigkeitsformen und was sonst noch alles dazu gehört, den Menschen vermitteln. Nun, einen Projektleiter gibt es ja schon. aber der kann das sicher auch nicht alleine schaffen, also müssen noch einige neue Arbeitsplätze organisiert werden, was ja bei der finanziellen Situation der Kirchen keine Schwierigkeiten bereiten dürfte. Und wenn man dann die geplanten Vorhaben liest, zu denen die Agentur eingesetzt werden soll, weiß ich nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Aber das ist ja auch der typische Auswuchs der Kirchen, sich nicht dem Heiligen Geist sondern dem Zeitgeist Tür und Tor zu öffnen. Jesus sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben ,niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Die Kirche der Zukunft, und damit meine ich die Amtskirche, ist dem totalen Abfall vom wahren Glauben verfallen und dieser Abfall wird nach der Entrückung der Gemeinde erst richtig sichtbar werden.
Ich rate jedem gläubigen „Nochangehörigen“ dieser verfallenden Amtskirche, diese schnellstens zu verlassen, noch ist es früh genug, morgen kann es schon zu spät sein.
Ich habe wundervolle, geistig getragene Taufen meiner Enkelkinder an der Ostsee erlebt. Im Freien waren wir Gott und unseren dort beerdigten Vorfahren sehr nah. Auch der Himmel ist ein Gotteshaus. Den letzten Heiligabend begangen meine Familie vor der verschlossenen Kirchentür ( Pandemie bedingt) wir sangen und beteten und die vorbeiziehenden Menschen blieben ehrfürchtig stehen, manche machten einfach mit. Es war eine besondere spirituelle Stimmung.
Gott ist überall erreichbar.
Super meine evangelische Kirche, geht zu den Menschen, sie wollen und brauchen euch mit zeitgemäßen Erneuerungen.