Meinung

Wenn Jesus auf RTL singt „Halt dich an mir fest“

Am Mittwochabend lief auf RTL die Musical-Show „Die Passion“ live aus Essen. Der Sender schaffte es, die biblische Geschichte in einer modernen Lebenswelt zu erzählen und zu zeigen, dass der Glaube Menschen verändern kann.
Von Jonathan Steinert
Das RTL-Schauspiel „Die Passion“ in der Essener Innenstadt sorgte bei RTL für 3 Millionen Zuschauer

Jesus und seine Jünger reisen mit Bus und Bahn nach Jerusalem. In einem Einkaufszentrum besorgen sie sich ein paar Sachen für den hoffentlich gemütlichen Abend. Passanten erkennen den Influencer Jesus, wollen ein Foto mit ihm machen.

Dann ein denkwürdiger Restaurantbesuch, bei dem die jungen Leute ihre Freundschaft feiern, aber Jesus von Verrat spricht. Nach einem nächtlichen Abstecher in den Park kommt die Polizei mit Blaulicht und führt Jesus ab. Und sein Richter? Gibt dem Mob nach und lässt Jesus hinrichten.

So zeigte RTL die Passionsgeschichte in einer enorm aufwendigen Live-Show in Essen. An in der Stadt verteilten Schauplätzen spielten Alexander Klaws als Jesus, Mark Keller als Judas, Laith Al-Deen als Petrus und einige andere Prominente der deutschen Popszene Ausschnitte der Passionsgeschichte.

Pop und Passion passt erstaunlich gut

Auf der zentralen Bühne auf dem Burgplatz erzählte und kommentierte Thomas Gottschalk das Geschehen, das das Publikum dort auf einer Leinwand verfolgen konnte. Bevor es vor seinen Augen dann zum großen Finale kam: Pilatus, gespielt von Henning Baum, lässt Barrabas frei und verurteilt Jesus zum Tod am Kreuz. Auch Maria (Ella Endlich) hat dort ihren Auftritt.

Derart anschaulich und zeitgemäß war die Passionsgeschichte noch nie live im deutschen Fernsehen zu sehen. Und vor allem: verknüpft mit bekannten Popsongs. Die hätten passender nicht sein können. Wer hätte gedacht, wie berührend es ist, wenn Jesus und die Jünger beim letzten Abendmahl „Hinterm Horizont geht’s weiter“ von Udo Lindenberg singen? „Das mit uns ging so tief rein, es kann nie zu Ende sein.“

Oder Judas voller innerer Zerrissenheit „Ich muss durch den Monsun … am Abgrund entlang“. Ergreifend auch, wie Jesus im Garten Gethsemane mit den Worten Adel Tawils ins Dunkel ruft: „Ist da jemand, der mein Herz versteht … mir den Schatten von der Seele nimmt.“ Ebenfalls bewegend das Duett von Maria und Jesus kurz vor seiner Hinrichtung – „Einmal sehen wir uns wieder“.

Geschichte zum Anknüpfen

„Die Passion“, das macht Gottschalk gleich am Anfang deutlich, ist kein Gottesdienst. Auch werde dabei niemand mit gefalteten Händen herumlaufen oder Weihrauchfässchen schwenken. Es wirkt wie eine Trigger-Warnung: Achtung, hier kommt religiöser Inhalt, aber es ist okay, wenn ihr mit Glaube und Kirche nichts am Hut habt.

Aber genau das war sicherlich auch angebracht. Denn so eine große Bühne mit Primetime-Ausstrahlung und Aufführung mitten in Essen hatte das Evangelium im deutschen säkularen Privatfernsehen noch nicht. Für das RTL-Publikum alles andere als das übliche Programm und in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Entscheidend, sagte Gottschalk, sei die Geschichte und ihre Botschaft: Nächstenliebe, Hingabe. Das gehe jeden Menschen etwas an.

Dass Jesus von Sünden befreit und die Menschen mit Gott versöhnt, ist bei der „Passion“ nicht das zentrale Thema. Es geht um die Leidensgeschichte Jesu an sich. Sie wird als eine Erzählung präsentiert, an der jeder mit seiner Lebenswirklichkeit anknüpfen kann und die damit bis heute aktuell ist. Das mag aus einer christlichen Perspektive für manche zu wenig sein.

Allerdings ist diese Musical-Show eben kein Gottesdienst, keine Bibelstunde oder Evangelisation. Sondern hier hat RTL den biblischen Bericht – „die größte Geschichte aller Zeiten“ – für ein säkulares Publikum nahbar gemacht und in die moderne Lebenswelt, für viele womöglich überhaupt erst ins Bewusstsein geholt. Und damit mehr als deutlich gemacht: Die Geschichte von Jesus hat etwas mit uns heute zu tun. Allein das ist bemerkenswert in einer Zeit, wo kaum mehr die Hälfte der Deutschen einer Kirche angehört.

Persönliche Berichte machen die Geschichte konkret

Was der Glaube ihnen konkret bedeutet, berichteten einige Männer und Frauen ebenfalls: Parallel zur Show machte sich eine Prozession mit einem meterlangen LED-Lichtkreuz durch die Stadt auf den Weg zur Bühne. Mehrmals gab es Schalten vom Musical dorthin. Eine Studentin erzählte dabei, wie sie in der Corona-Zeit psychische Probleme bekam und durch christliche Podcasts wieder Lebensfreude fand.

Ein russisch-ukrainisches Paar sprach davon, dass Jesus die Menschen mit Gott versöhnte und sie sich auch Versöhnung der Menschen wünschten. Ein junger Mann, der sich das Leben nehmen wollte, hatte eine Gottesbegegnung und „konnte nicht mehr Atheist sein“. Diese persönlichen Zeugnisse kamen so ungezwungen und natürlich rüber, dass es mehr Theologie in der Show gar nicht brauchte.

Der Text der Darsteller orientierte sich größtenteils eng an der biblischen Vorlage. Dadurch wirkten manche Dialoge sprachlich etwas aus der Zeit gefallen – vor allem im Kontrast zur sonstigen modernen Inszenierung, den Liedern und der eher lockeren Erzählung Gottschalks. Entscheidend ist aber, dass „Die Passion“ als Show insgesamt überzeugt hat. Das ist mit den verschiedenen inhaltlichen und darstellerischen Ebenen, den Schauplätzen, einer wirkungsvollen Beleuchtung und einer Kamera, die viele überraschende und kreative Perspektiven einfing, sehr beeindruckend gelungen.

Ganz am Ende spricht Gottschalk die Auferstehung Jesu an. Eine gewisse Skepsis schwingt mit, als er die biblische Überlieferung kurz zusammenfasst. Aber dann hat der auferstandene Jesus tatsächlich auch noch einen Auftritt: Auf dem Dach eines Gebäudes, hoch über dem Publikum auf dem Burgplatz steht Alexander Klaws als Jesus und singt von Revolverheld: „Halt dich an mir fest.“

Wenn das keine ernst zu nehmende Aufforderung ist! Danke, RTL – gerne wieder!

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15 Antworten

  1. Mich haben die Werbeunterbrechungen enorm gestört. Hätte RTL da nicht mal verzichten können??

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    1. Vor Ort hat u.a. der Chor schöne Lieder gesungen während im Fernsehen Werbung war.

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  2. Vielen Dank Hr Steinert/ Pro. Hatten zufällig eingeschaltet ( gezappt) und wurden sehr überrascht. Ihr Kommentar entspricht 100% unserer Meinung. Es war einfach nur super!!
    Lob an RTL …das ich das mal schreibe, erstaunlich

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  3. Es komm nicht drauf an, das man aus der Bibel vorgelesen hat ,der Sinn war die Geschichte, auf den Punkt gebracht mit den Liedern. Das wir zusammen sein können egal wo man gerade kommt oder was für ein Glauben man hat ,wie der Muslimischer Mann sagte ,: es gibt nur ein Gott und das war in diesem Stück sehr schön dargestellt auch das Kreuz das Jung, Alt, Mann oder Frau durch die Stadt getragen hat zeigt uns ,daß wir alle Kinder Gottes sind ,und das Lied am Schluss ; Halt am mich fest , war die Krönung ,7ch danke RTL für das Erlebnis und was ich im Herzen fühlen durfte.

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  4. Als gläubige Christin kenne ich natürlich die Passionsgeschichte wie sie die Bibel beschreibt. Dennoch fand ich die Sendung hervorragend und bin froh, dass RTL sich an diesen Stoff herangetraut hat. Ich hoffe, dass diese moderne Form doch so einige Menschen anspricht, die Abstand vom Christentum und damit von Jesus Christus genommen haben. Vielleicht wird der eine oder andere dadurch angeregt, sich doch mal genauer mit der Bibel zu beschäftigen. Es lohnt sich, es lohnt sich wirklich Jesus Christus als wichtigsten Teil seines Lebens anzunehmen.

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  5. Ich konnte zwar nicht von Anfang an zuschalten, war aber dann sehr berührt von der Echtheit Th. Gottschalks, der seine eigene Haltung einbrachte, so dass deutlich wurde: da sind Menschen involviert, die ihre eigene, eher kritisch-distanzierte oder zweifelnde Position im Blick auf den Glauben an die biblischen Inhalte und an Jesus Christus haben. Wie schön, dass bei den Interviews unter den Kreuzträgern auch Menschen zu Wort kamen, die Jesus Christus in ihrem Leben erfahren haben und dies erfrischend weitergaben. Auch wenn es nicht als evangelistisches Event gedacht war, bete ich, dass Gott selbst es als solches umwidmet und dass Zuschauer und Mitwirkende neu ins Fragen kommen und letzten Ende Gott begegnen. Mich selbst hat besonders bewegt, wie Pilatus am Ende schilderte, was bei einer Kreuzigung geschieht – war mir zwar nicht neu, hat mir aber neu bewusst gemacht, was Jesus Christus für mich auf sich genommen hat! Ansonsten habe ich heute schon einige sehr negative Kritiken gelesen und mich sehr gefreut über die wertschätzende Kritik von J. Steinert, die ich voll teile – danke!!!

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    1. Interessanterweise habe ich am Ausstrahlungstag versucht einen Termin beim Amtsgericht zu erhalten für den Kirchenaustritt.
      Abends sehen mein Mann dann „zufällig“ in die Passion rein und bleiben fasziniert und neugierig dran.
      Kein einziges Mal mehr umgeschaltet, außer bei der störenden Werbung auf Videotext umgezwitscht.
      Genial gelungen.
      Kirche hat nichts mit Jesus zu tun.
      Das musste ich mir dann noch einmal bewusst machen vor lauter Indoktrinierung in einer weiterführenden katholischen Schule während meiner Jugend.

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  6. Eine ca 30 jährige, nicht christlich assoziierte Freundin aus Essen animierte mich den TV einzuschalten. sie: „Ich finde es wirklich großartig gemacht“ “ Ich bin so angerührt“
    „…musste beim ersten Song von Maria schon weinen….Und finde es natürlich toll dass es bei uns in Essen spielt“.
    Ich fand besonders Jesus und Judas überzeugend und authentisch. Jesus wird durch „Die Passion“ zu Ostern kontrovers diskutiert- Super Sache! Danke RTL, Danke JESUS!!

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  7. Eine treffende Analyse, lieber Jonathan! Ich habe Ähnliches gedacht und empfunden. Niemand darf übersehen: Der Veranstalter war nicht ProChrist sondern RTL! Deshalb war es eine geradezu sensationelle Inszenierung! Wann zuvor durften Menschen im öffentlichen Fernsehen schon einmal so offen und unkommentiert von ihren Erfahrungen mit Gott erzählen!

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  8. Super Kommentar! So geht Evangelium in den Medien heute! Danke RTL, danke an die Treiber des Projekts, besonders an Ralph Dilger! Hoffentlich im nächsten Jahr wieder!

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  9. Auf den Punkt gebracht heißt: das Jesus uns durch seinen stellvertretenden Tod mit Gott versöhnt hat.ER allein ist der Weg die Wahrheit und das Leben.Wer an Jesus glaubt wird ewig Leben.Entweder er ist dein Erlöser oder dein Richter.

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  10. Eine der wichtigsten Zeitabschnitte aus dem Leben Jesus aus Nazareth in eine religiöse Show zu verwandeln, mit dem Schwerpunkt auf emotionale Manipulation durch entsprechenden mediale Darstellung und Popmusik, wird weder dem historischen Ereignis vor ca. 2000 Jahren gerecht, noch dem existentiellen Inhalten des Evangeliums.
    Die Reduzierung der Botschaft des Evangeliums auf die Liebe alle Menschen untereinander lässt bedauerlicherweise das Wichtigste nicht zu Wort kommen: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Joh.3.16)
    Die Hauptursache, dass sich Menschen gegenseitig nicht verstehen oder sogar hassen, besteht in der nicht vorhandenen Liebe zu Gott, der Himmel und Erde und den Menschen geschaffen hat. Diese Liebe zeigt sich nicht in gefühlsvoller Musik, sondern in der Beachtung der Gebote Gottes. An Jesus glauben heißt: „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist es, der mich liebt.“ (Joh.14.21)

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  11. Hm … bin ich hier bei „pro“ oder beim „Rolling Stone“?

    Wenn man mal die Leute recherchiert, wird es interessant. Als Beispiel Udo Lindenberg: (Zitat von deutschlandfunk.de): „Auf seinem Nachttisch hat Udo Lindenberg übrigens eine Buddhastatue stehen. Auch dies zeigt: Das Multitalent lässt sich nicht festlegen, weder künstlerisch noch religiös. (…) ‚Gut, ich denke, im Himmel ist für viele Götter Platz, es muss nicht nur ein Gott sein. Ich finde es daneben, wenn es heißt, es gibt nur einen Gott, du darfst nur einen Gott haben, andere Götter kommen hier überhaupt nicht infrage. Das ist ja die Ursache für den ganzen Stress. Wenn sie sagen würden, jeder glaubt nach seiner Fasson, dann sieht die Sache schon ganz anders aus. Vielleicht ist es nur einer, und er trägt verschiedene Namen. Vielleicht sind es auch viele, dann ist es prima. Die Göttervielfalt, dagegen ist nichts einzuwenden.'“

    Aus 2. Korinther: Geht nicht unter fremdartigem Joch mit Ungläubigen! Denn welche Verbindung haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern? (…) Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab!, spricht der Herr …

    PS: Physisches Leid und emotionale Not (Jesu) können auch Ungläubige kurz betroffen machen. Es geht aber um die eigene Sündenerkenntnis, Sünde, die der Herr trug! Eine gute Predigt der Arche-Gemeinde. Beginn bei Minute 39: https://www.youtube.com/watch?v=dy4DRAx4BEQ

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