Meinung

Wenn die Verlierer die eigentlichen Gewinner sind

Seit Anfang dieser Woche steht fest, dass Markus Söder und Robert Habeck nicht ums Kanzleramt konkurrieren werden. Sie mussten bei der Nominierung der Spitzenkandidaten zurückstecken. Doch in der Niederlage zeigen sie Größe.
Von Jürgen Mette
Jürgen Mette

Was haben Robert Habeck und Markus Söder gemeinsam? Politisch gesehen wenig. Menschlich betrachtet viel. Beide lagen gut im Rennen auf dem Weg zur Kanzlerkandidatur. Beide mussten und sollten auf der Zielgeraden von ihren Ambitionen auf das höchste politische Amt Abstand nehmen. Es war immer klar, dass in den beiden Führungsduos von Grün und Schwarz einer kurz vor dem Ziel seinen Ehrgeiz überwinden und mit ansehen muss, dass er nur die zweite Wahl war. Beide waren darauf eingestellt, die Verantwortung für unser Land zu übernehmen, das sich seit einem Jahr im Ausnahmezustand einer Pandemie befindet, die uns alle kalt erwischt hat. Wir waren nicht vorbereitet. Zuerst der Mund- und Nasenschutz, dann die Tests, jetzt die Impfung. Wann zeigt die erhoffte Herdenimmunität ihre Wirkung? 

„Herde“, ein Begriff aus der Tierwelt? Wir kennen das Bild einer Schafherde, die von einem Hirten zum Grünfutter und zum Wasser geführt wird, aus der Bibel. Die Herde hört auf die Stimme des Hirten, oder sie läuft in ihr Unglück. In dieser Zeit sind gute Hirten gefragt, die die Herde am Abgrund aufhalten; Führungskräfte, die sich nicht selbst weiden, sondern der Herde dienen.

Das hätte ich beiden Kandidaten zugetraut, dem bodenständigen volksnahen Franken mit solider Regierungs- und Krisenerfahrung, und dem emotional kontrollierten Nordlicht, dem erfolgreichen Autoren und Philosophen, dem die Bewahrung der Schöpfung höchstes Ziel ist und dem die Geschichten vom guten Hirte von Kindheit an vertraut sein sollten.

Mit Schmerz und Anstand

Söders Schlussrede hat mich sehr beeindruckt. Er wollte Deutschland dienen, das hat die große Schwester aber anders gesehen, also stellt er sich hinter Armin Laschet. Das ist nobel. Robert Habeck hat immer gewusst, dass die finale Entscheidung nicht ohne Schmerzen abgehen wird. Symbolisch seine Worte an Annalena Baerbock: Dir gehört die Bühne! Inzwischen hat er vom schmerzlichsten Tag seines Lebens gesprochen. Der Schmerz wird abflauen, aber das Beispiel der vorbildlichen lautlosen Einigung zwischen den beiden Kontrahenten wird mir in Erinnerung bleiben.

Beide Unterlegenen haben das Zeug für große Aufgaben. Dass Habeck hin und wieder in einem politischen Fachgebiet Lücken zeigt, macht ihn eher sympathisch. Söder zeigt eine deutlich erkennbare Reife seiner Persönlichkeit, vielleicht sogar eine vorgezogene Altersmilde.

Gespannt darf man sein, wie der regierungserfahrene und väterlich vertrauenswürdige Armin Laschet mit der quirligen Annalena Baerbock klar kommen wird, wenn – und falls – Schwarz­-Grün oder Grün-Schwarz ihren Hirtendienst aufnehmen.

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11 Antworten

  1. das ist wieder sehr lieblich, aber wo ist das Salz ! (in Anlehnung an Kolosser 4)

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    1. Sie wollen mehr Salz und nichts Liebliches?
      Paulus: eure Rede sei „en chariti“ und mit Salz gewürzt. en chariti heißt soviel wie „lieblich, charmant oder anmutig. Die Mischung macht es.

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  2. Lieber Jürgen Mette, da bin ich ausnahmsweise mal gar nicht so einverstanden. Die ersten Sätze von Markus Söder nach der Entscheidung waren doch vor allem Eigenlob und ein unsportliches Nachtreten, wenn er betont, dass viele Menschen aus der Bevölkerung ihm gedankt haben, auch viele, die für Modernisierung sind… Das musste man sich kein zweites Mal anhören, um die Spitzen zu hören. Die Reihen zu schließen und auf volle Unterstützung umzuschalten, sollte anders aussehen. Später wurde es besser, zuerst war es eine Fortsetzung des unwürdigen Schauspiels.
    Insofern unterscheiden sich Söder und Habeck ganz erheblich darin, eine Niederlage anzuerkennen. Mal davon abgesehen, dass Söder schon mehr als eine Woche zuvor zusagte, sich dem Votum der CDU unterzuordnen und als es ihm nicht gefiel, die CDU und CSU quasi eine Woche schwer beschädigte.

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  3. Das höchste deutsche Amt in Deutschland, ist das Amt des Bundespräsidenten und nicht das Bundeskanzleramt. So viel Bildung sollte bei Artikeln zu diesem Thema schon vorhanden sein.

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  4. @Stammtischbruder: Das Salz liegt darin, dass Herr Mette das Drama, das die sonstigen Medien darin sahen, in ein rechtes Licht gerückt hat und als Ausnahme mal etwas hoffnungsfroh in die Zukunft geblickt hat.
    Da braucht es nicht jedes Mal einen thelogischen Überbau.

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  5. Ehrlich gesagt macht mir dir links grüne „Dreh“ in der Politik Angst und wird wohl langsam zur Festigung des rechten Pols führen. Leider.
    Was mir unbegreiflich ist – ist der Einsatz für den Naturschutz und der Kampf gegen jede vorhandene Industrie und das parallele Vorantreiben von Abtreibung und der Legalisierung der „Selbsttötung“.
    Es wird weiblicher grüner antichristlicher. Schade. Wenn kleine Menschen umgebracht werden ist das Selbstbestimmung. Wenn jemand seinen Holzofen oder Kohleofen feuert ist das ein Vergehen.
    Ehrlich gesagt – hier wird Gut und Böse vertauscht. Ich hoffe das es hier in der CDU noch etwas entgegenzusetzen gibt.

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    1. Liebe Frau/Herr Gast (?),
      Mir erschließt sich nicht, was Ihr Beitrag mit Jürgen Mettes Kollumne zu tun hat! ?
      Ich ahnte aber, dass Herrn Mette „parteiliche Tendenz“ unterstellt werden könnte.
      Selbst wenn es so wäre, nimmt „er“ darauf in dem, was er als seine Meinung schreibt, keine Rücksicht.
      Wer regelmäßig seine Kolumnen liest, oder gar genießt ( wie ich) , kann Herrn Mette bestimmt keine
      bestimmte parteipolitische „Hingebung“ unterstellen.
      Liebe Jürgen Mette, w e i t e r s o. ! Ich freue mich jedesmal wieder und oft bin ich köstlich amüsiert !

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  6. Bin immer wieder erstaunt über die „Weltsicht“ von Herrn Mette und sein Glaube an das Gute im Menschen. Pardon, aber für mich wirkt das schon etwas kindlich naiv. Wenn man das Agieren der beiden Protagonisten und ihrer Parteien in der Corona Krise verfolgt hat, wenn man weiß, was die Grünen alles planen um die Welt zu retten und dann noch meint die Unterlegenen haben das Zeug für große Aufgaben…. Ich halte es da lieber mit einem Pastor, den Namen nenne ich hier mal lieber nicht, der als er gefragt wurde ob er auch für die Obrigkeite bete, antwortete, ja ich ich bete jeden Tag: Und erlöse uns von dem Bösen.

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  7. Herr Mette sollte den Herrn Söder mal persönlich erleben. Dann wäre er schnell geheilt von seinen netten Ansichten.

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  8. Nach 16 Jahren Frau Merkel möchte ich endlich wieder einen Mann in der Regierung sehen. Es reicht. Nicht eine Frau ohne echte Berufserfahrung. Das halte ich für ein großes Drama, es sollte Voraussetzung für Abgeordnete und jedes politische Amt sein, dass man mindesten 5 Jahre in einem Beruf gearbeitet hat.

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