Meinung

Wenige werden überleben

Lebensrechtler beschweren sich über die Abschaffung des Paragrafen 219a. Dabei steht ihnen ein viel härterer Rückschlag ins Haus: Ab Juli sind Bluttests auf Trisomien Kassenleistung.
Von Anna Lutz
Junger Mann mit Trisomie 21, Down-Syndrom

Trisomie-Bluttests bei Schwangeren sind ab Freitag Kassenleistung. Entschieden wurde dies bereits im Jahr 2019. Und schon 2018 sprach sich unter anderem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) für die Änderung aus. Sicherheit dürfe keine Frage des Geldbeutels sein, so das Argument vieler Befürworter.

Denn der Test, der anhand des Bluts der Mutter die Wahrscheinlichkeiten für Fehlbildungen beim Kind misst, war damals bereits auf dem Markt. Wer ihn selbst zahlte, konnte ihn machen lassen. So betrachtet scheint das Argument völlig einleuchtend. Warum sollten ärmere Patientinnen nicht auch alle medizinischen Möglichkeiten nutzen können? Zumal die Alternative bei entsprechendem Vorbefund eine gefährliche Fruchtwasseruntersuchung wäre.

Doch so einfach ist es nicht. Um das zu verstehen, muss sich jeder Leser nur eine Frage beantworten: Warum würden Sie sicher wissen wollen, ob Ihr Kind etwa das Down-Syndrom hat? Eine medizinische Behandlung, gar Heilung dieses Gendefekts, ist nicht möglich. Anders als etwa bei anderen Krankheiten oder Fehlbildungen, die ebenfalls durch feindiagnostische Methoden ermittelbar sind.

Feindiagnostik rettet Leben

Ein sogenannter „offener Rücken“ etwa ist durch ein Screening bereits während der Schwangerschaft erkennbar und kann in speziellen Kliniken sogar operiert werden. Das Kind bekommt so die Chance auf ein recht normales Leben und landet möglicherweise nicht im Rollstuhl, wie es bis vor einigen Jahren noch gang und gäbe war. Das sei besonders jenen Eltern gesagt, die feindiagnostische Maßnahmen während der Schwangerschaft rigoros ablehnen. Sie sind die Grundlage dafür, dass Kinder bereits im Mutterleib behandelt werden können. Feindiagnostik rettet Leben!

Doch nicht im Falle von Trisomien. Hier tut sie das Gegenteil. Denn etwa das Down-Syndrom, die bei weitem häufigste Form der Trisomie, ist nicht behandelbar. Sie ist da oder eben nicht. Es geht für werdende Eltern nach einem entsprechenden Untersuchungsergebnis also nicht um die Abwägung, welche Behandlung nun die beste wäre. Sondern einzig und allein um eines: Wollen wir dieses Kind bekommen oder entscheiden wir uns für einen Schwangerschaftsabbruch?

Viel Lärm, viel Stille

Nicht umsonst warnen Behindertenverbände und Lebensrechtler seit 2018 immer wieder vor einer vorgeburtlichen Selektion von Kindern mit Trisomien. Nichts anderes hat diese neue kostenfreie Möglichkeit zur Folge: Eltern werden sich häufiger gegen Kinder entscheiden, die das Down-Syndrom haben. Diese Kinder werden nicht zur Welt kommen. Obwohl sie trotz ihres Gendefekts eine reelle Chance auf ein gutes Leben hätten.

In Sachen Lebensschutz steht die Welt derzeit Kopf. In den USA haben zahlreiche Staaten Abtreibungsregeln verschärft. Der Bundestag hingegen hat gerade das Werbeverbot für Abtreibungen abgeschafft. Lebensrechtler, besonders mit christlichem Hintergrund, haben massiv dagegen demonstriert. Um die Trisomie-Bluttests hingegen ist es still geworden.

Doch die Wahrheit ist: Für den Lebensschutz könnten die kostenlos zugänglichen Tests ein wesentlich härterer Rückschlag sein als die Abschaffung des Paragrafen 219a. Denn wer eine Abtreibung in Betracht zog, konnte sich bereits vor der Gesetzesänderung darüber informieren. Ob die Zahlen der Abbrüche durch die Neuerung wächst, ist mindestens fraglich. Bei den Föten mit Down-Syndrom hingegen ist der Anstieg so gut wie sicher. Nur wenige werden den neuen Bluttest überleben.

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7 Antworten

    1. Ja, danke Anna Lutz, dass Sie einen wichtigen Unterschied klar machen zwischen der Aufhebung des Werbeverbotes und den pränatalen Untersuchungen !

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  1. Daß das Töten von Föten im Mutterleib unethisch ist, ist unter Christen, die nicht nur nach dem Nutzen von Glauben und Gott für sich, sondern wirklich nach Gott fragen, eigentlich unstrittig.
    Daß die Trisomie-Tests auch heute noch nicht besonders zuverlässig sind, auch. Ich selbst habe schon mehrere Menschen persönlich kennengelernt, deren Eltern aufgrund dessen zu einer Abtreibung geraten wurde, die aber ohne Downsysndrom geboren wurden und sind.
    Wenig beachtet ist das, was Joh.3,18b ausdrückt: Wer meint, sich die „Belastung“ durch ein Kind mit Downsyndrom durch Abtreibung eigenmächtig „ersparen“ zu können, schlägt damit die gottgegebene, weil von Ihm so entschiedene, Chance aus, in auch unter Christen um sich greifendr materialistischer Lebensausrichtung (vgl. Mt.6,24) einen anhaltenden Impuls zu einer gesünderen, biblischen Weltsicht durch die Kindlichkeit von Down-Patienten zu erhalten. Neben o.a. Personen hatte und habe ich ebenfalls und in nächster Verwandtschaft solche Menschen in meinem Leben, und im Gegensatz zu vielen anderen Herausforderungen im Leben sind gerade diese Menschen eine unschätzbare Bereicherung für ihr Umfeld.
    Es gibt viele Entscheidungen Gottes in Form von Krankheiten, die für uns schwer zu verstehen sind, aus eigener Erfahrung aber kann ich hier aber unter Voraussetzung von Mt.16,26 etwas davon nachvollziehen.
    Als selbst Betroffener gehe ich anders damit um, das größere Problem haben eigentlich meist die Außenstehenden damit, und das prägt eben die nevativen Vorurteile, denn das Positive daran erlebt man erst dann, wenn man es selbst erlebt.

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    1. „Entscheidungen Gottes in Form von Krankheiten“ ???? Dabei ist letztlich JEDE Krankheit eine Folge des Sündenfall…. Abtreibung ist und bleibt MORD, aber auch die Instrumentalisierung dieses Themas durch notorische Lügner und Populisten wie Trump ist m.E. unmoralisch. Liebe Grüße aus dem Rheinland, Gottes Segen http://www.vaterherz.org

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  2. Wenn meine Partnerin ein Kind erwarten würde, dann würde ich auf jeden Fall wissen wollen, wie es dem Baby geht und worauf ich mich einstellen kann. Der Schock nach der Geburt wäre für mich viel schlimmer als das Wissen darum einige Monate zuvor, denke ich. Gute Freunde von mir haben eine Tochter im Teenageralter mit Down-Syndrom und das Familienleben bleibt eine lebenslange und besondere Herausforderung. Diese Verantwortung muss man annehmen wollen und sich dafür entscheiden mit Gottes Hilfe, sonst halte ich das menschlich für unmöglich, ob nun vor oder nach der Geburt. Ich bewundere es, wenn Menschen ihr Kind mit einer solchen Diagnose liebevoll aufziehen und sich viel Hilfe und nötige Unterstützung holen. Es verlangt den Eltern aber auch sehr viel ab, das sollte man ebenfalls wertschätzen. Sicher wird sich das in den Zahlen so niederschlagen und das sagt viel über die mangelnde Inklusion in unserer Gesellschaft aus. Aber manche Eltern, darunter hoffentlich viele Jesus-Nachfolger, werden sich dennoch und bewusst für ihr Wunschkind entscheiden und damit ein Zeugnis sein, weil das eben nicht normal ist. War es aber auch vor dem einfachen Test für die meisten nicht.

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  3. Eine bekannte junge Familie hatte den Test gemacht. Die Ärzte haben gesagt dass sie es ja abtreiben können. Sie haben sich dennoch für das Kind entschieden. Das Kind ist 100% Normal. Mit dieser sinnlosen Regel werden Menschen mit und ohne Behinderung ermordet. Das das ist die Konsequenz totaler Gottesferne! Jesus ist das Leben pur. Er will das jeder Mensch lebt. Hier und in Ewigkeit. Amen.

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