Meinung

Söder handelt hinterfotzig

Markus Söder kann es nicht lassen: Schon im Wahlkampf stichelte er gegen den CDU-Chef und Kanzlerkandidaten Armin Laschet, nach der Wahl geht es weiter. Das ist hinterfotzig. Da hilft es auch nicht, dass der Bayer seinen Glauben zur Schau stellt.
Von Jonathan Steinert
Markus Söder

Für Armin Laschet wird es eng. Trotz des desaströsen Wahlergebnisses der Union will er Bundeskanzler werden. Dafür muss er mit FDP und Grünen eine Jamaika-Koalition schmieden. Doch die beiden möglichen Partner sondieren ab Donnerstag zunächst mit der SPD, ob es für eine sogenannte Ampel-Koalition passen könnte. Laschet zollte dieser Entscheidung am Mittwoch Respekt, betonte aber auch: „Wir stehen bereit als Gesprächspartner, CDU und CSU.“ Kurz darauf ließ jedoch CSU-Chef Markus Söder wissen: Die Reihenfolge bei der Sondierung sei eine Vorentscheidung für eine Ampel. „FDP und Grüne haben sich entschieden für diesen Weg der Ampel. Den müssen sie jetzt auch konsequent gehen.“ Er erwähnte zwar dann auch noch, dass er Jamaika besser fände und die Union gesprächsbereit sei. Aber es sei für ihn sehr unwahrscheinlich, dass die Union Teil der Regierung werde.

Vor allem die FDP zeigte sich irritiert von Söders Aussagen. Parteichef Lindner betonte, Jamaika unter Führung der Union bleibe „unverändert eine tragfähige Option“. Mehrere liberale Politiker ließen sich auf Twitter genervt über die „egopolitischen“ Spielchen Söders aus.

Sollte Laschet nicht Kanzler werden, kann er sich herzlich bei seinem bayerischen Kollegen bedanken. Bei aller Kritik, die berechtigterweise vor und vor allem nach der Wahl an Laschet laut wurde: Söders Verhalten ist hinterfotzig. Er stellt den Kanzlerkandidaten der Union, der er selbst gern geworden wäre, bloß, wo es nur geht. Tatsächlich zeigen Umfragen, dass die Union mit Söder an der Spitze womöglich ein besseres Ergebnis eingefahren hätte. Im Vergleich mit Laschet hatte er auch immer die besseren Zustimmungswerte in der Bevölkerung.

Welche christlichen Werte?

Dass Laschet das Abschneiden seiner Partei nicht als Niederlage eingestanden hat und nach der Wahl zurückgetreten ist, wird auch von anderen Parteikollegen kritisiert. Aber was Söder tut, ist unaufrichtig und scheinheilig. Weder kritisiert er Laschet offen noch unterstützt er ihn bei seinem politischen Überlebenskampf. Das zeigte er bereits im Wahlkampf mit seinen Spitzen gegen den CDU-Chef. Auch eine Mehrheit der Deutschen findet, Söder habe Laschet nicht ausreichend im Wahlkampf unterstützt. Nach der Wahl gratulierte er SPD-Mann Olaf Scholz öffentlich zum Wahlsieg.

Über die Sondierungen äußerte er sich nun so anders als Laschet, dass er ihm zwar nicht direkt widersprach, aber ihn wie bedröppelt dastehen ließ. Womöglich hat Söder mit seiner Einschätzung sogar recht. Aber Fair Play ist das nicht, wenn man ein gemeinsames Ziel verfolgt. Und verfolgen Laschet und Söder überhaupt ein gemeinsames Ziel? Längst meinen Beobachter, der Bayer habe nur seine eigene Karriere im Sinn – lieber jetzt Opposition, um bei der nächsten Wahl selbst ums Kanzleramt zu kämpfen. Das wäre kaum möglich, wenn Laschet CDU-Vorsitzender bliebe und Bundeskanzler würde.

Söder ist ein Meister der Selbstinszenierung. Auch wenn es um seine Religiosität geht. Er spricht öfter davon, dass er betet, sein Fundament im Glauben habe, Jesus für die spannendste Figur der Geschichte hält und Luther beeindruckend findet. Aber wer seine taktischen Spielchen verfolgt, der kann sich durchaus fragen, welche der christlichen Werte, die er so gern ausstellt, ihn darin leiten.

Für Donnerstagnachmittag hat die Union ihre Fraktionsmitglieder im Bundestag zu einer außerordentlichen Videokonferenz eingeladen. Womöglich geht es dabei auch um Laschets Zukunft. Söder könnte das nur recht sein.

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6 Antworten

  1. Das Hauptproblem der CDU ist ein anderes und dass viele in der CDU incl. Söder sich viel zu viel Beinfreiheit gönnen eine Folge davon: Die CDU hat in den letzten 16 Jahren ihren klaren Wertekompass verloren und die Vorstellungen der Mitglieder sind viel zu weit auseinander gedriftet. In der Rückschluss wäre es 2015 besser gewesen von Seehofer anstatt Merkel eine Standpauke zu halten die CSU bundesweit auszudehnen. Die AfD wäre heute unter 5%, aber die CSU hätte ihr Merkmal als Staatspartei in Bayern verloren. Deshalb hat man es auch nicht gemacht. Nun hat man aber den Salat: ohne Wertebasis kämpft nun jeder gegen jeden. Dazu kommen natürlich auch die Masken- und Autobahn- und andere Affären, die die (christliche) Glaubwürdigkeit massiv untergraben haben

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  2. Nun ja, ich bin in der Bewertung von Marcus Söder nicht der Meinung des Autors und rate zur verbalen Abrüstung, insbesondere nach dem letzten Söder-Kommentar. Es sind kleine Nuancen in der Bewertung des Standes der Sondierungen. Die Union ist doch keine „Einheitspartei“, in der sich jeder dem gleichen wording zu unterwerfen hat. Das ist weder „hinterfotzig“ (eine ohnehin schlechte Wortwahl) noch kritikwürdig, denn bekannterweise haben wir Meinungsfreiheit., die auch für Söder gilt. Schon ganz schön vermessen ist, sein christliches Werteverständnis grundsätzlich in Frage zu stellen! Politik bedarf klarer Worte und war noch nie eine Wohlfühl- und Konsensveranstaltung. Solange man in der Sache streitet und nicht den Menschen angreift, ist das ok.

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    1. Liebe @Uta Windisch: Wie verlogen Söder ist, zeigte doch der Auftritt in München 2 Tage vor der Wahl. Anwesend waren auch Merkel, Stoiber, Waigel etc. Wie haben sie, die CSU-Mitglieder Laschet bejubelt.
      „Armin, Armin..!“ So schollen die Rufe im Saal, ovationsähnlich. Da hab ich direkt gedacht: So ein verlogenes Pack. Nach der Wahl werden sofort die Rufe laut: „Kreuziget ihn!“ Genauso ist es gekommen. Was steckt wirklich hinter der Demontage Laschets durch Söder? Na, ist doch klar: Söder kann nur zukünftig Kanzler werden, wenn die Union jetzt in die Opposition geht. Warum? Weil, wenn Laschet seine Sache als Kanzler gut gemacht hätte, der Name Söder nicht mehr genannt werden würde. Dann hätte Laschet eine neue Kanzlerschaft in der Legislatur ab 2025 natürlich fortgeführt. Deshalb liegen Söders Chancen nur in einer schlechten Kanzlerschaft von Scholz mit einem eventuellen Auseinanderbrecher der „Ampel“ vor Ende der Legislatur. Man muss nur 1 + 1 zusammenrechnen (können), um zu sehen, was Söder im Schilde führt. Der bekennende angebliche Christ Söder… Söder wird es sein Lebtag nachhängen, was er hier an Schmutzigkeiten gegenüber Laschet geboten hat.

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  3. Sehr gut beschrieben, ,, hinterfotzig,, die richtige bayrische Bezeichnung für dieses Verhalten . Ich fand Söder mal gut, aber Seehofer hatte doch recht mit der Aussage ,, Schmutzeleien,, !

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  4. Ich kann diesem Artikel nur in vollem Umfang und von Herzen beipflichten. Es ist sowas von schäbig, wie hier (vor Allem von Söder) mit Laschet umgegangen wird. Söder hat es nie verwunden, dass er nicht Kanzlerkandidat geworden ist. Und daher gegen Laschet nachgetreten, wo er nur konnte. Wie kriege ich das -als Söder- mit meinem Bekenntnis zum christlichen Glauben hin? Glaubt er wirklich, er könne auf diese Tour doch noch Kanzler werden? Der altgediente FDP-Politiker Baum schlug beim Namen Söder die Hände über dem Kopf zusammen.. „Um Gottes willen…. “ Also: Die FDP will söder auch nicht. Die Union geht derzeit mit Laschet um, so, wie man Hitler nach dem Krieg in unserem Land gesehen hat. Entschuldigung. Warum? Weil sie „nicht wissen, was sie tun?“ Man beseitigt den Brückenbauer, den Versöhner Laschet. Und halst sich damit Grabenkämpfe in der Union auf, wie man sie in der SPD-Zeit vor Scholz kannte. Man tanzt um den gesellschaftlich (angeblich) notwendigen Wandel wie um das goldene Kalb. Alles wird mit dem Linksrutsch, mit der Ampel, noch gottloser werden wie bisher. Nicht zuletzt wird man den § 218 StGB kippen… Ein Volk auf dem Weg in den Untergang.

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  5. Söder wie er mit den Freien Wählern überhaupt mit Aiwanger umgegangen ist, da ist der Name Hinterfotzig noch geschmeichelt.

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