„Hoffentlich kein Krieg!“

Die Welt schaut auf die russisch-ukrainische Grenze: Wird Putins Armee beim Nachbarn einmarschieren? Menschen auf beiden Seiten der Grenze hoffen, dass es nicht so weit kommt.
Von Jonathan Steinert
Dunkle Wolken, Unwetter

Seit Wochen blickt die Welt mit Sorge auf die russisch-ukrainische Grenze. Wird Russlands Präsident seinen Streitkräften den Befehl geben, in das Nachbarland einzumarschieren? Wenn ja, was wären die Folgen? Wie reagiert die NATO, was tut Deutschland? Wird am Ende das Gas zum Heizen knapp?

Hoffentlich kein Krieg! Das denken dieser Tage auch viele Menschen in Russland. In Kirchen und Gemeinden beten Christen für Frieden, sagt Alexander Scheiermann. Er ist als Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche Ural, Sibirien, Ferner Osten für rund 120 Gemeinden zwischen Ural und Pazifik verantwortlich – flächenmäßig die größte lutherische Kirche der Welt. Die Ukraine ist zwar von hier weit weg. Aber zu Sowjetzeiten war es ein Land. Russen haben Verwandte und Bekannte in der Ukraine und umgekehrt.

Auch zwischen den Kirchen in beiden Ländern gibt es Beziehungen. So hat Scheiermann etwa den lutherischen Bischof der Ukraine, Pawlo Schwarz, 2018 in seine Aufgaben eingeführt. Auch gibt es einen regelmäßigen Austausch zwischen allen Bischöfen der ehemaligen Sowjet-Länder. „Niemand will an den Horror denken, gegen Geschwister kämpfen zu müssen“, sagt Scheiermann. „Das wäre das Schlimmste, was man sich vorstellen kann.“ Die Menschen in Russland – und natürlich die Kirchen – hofften auf eine friedliche Lösung des Konflikts.

Der griechisch-katholische Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk betonte kürzlich laut Katholischer Nachrichtenagentur ebenfalls, es sei jetzt wichtig, „laut und deutlich Nein zu Krieg zu sagen“. Er hoffe auf eine Vermittlung und Versöhnung im Konflikt durch Papst Franziskus. Dieser gelte sowohl unter Katholiken und Orthodoxen als auch unter Nichtgläubigen als die „höchste moralische Autorität der Welt“. Die Ukrainer sähen in ihm einen Friedensboten. Franziskus rief bereits mehrfach zum Frieden und zum Gebet auf angeischts einer drohenden Eskalation.

Müde vom Konflikt

Von mehr als 20.000 Kilometern Landgrenze teilt sich Russland im Südwesten rund 1.500 mit der Ukraine. Wenn es einen Krieg mit einem Nachbarn gibt, betreffe das immer das ganze Land, sagt Scheiermann. In den vergangenen Jahren habe sich die wirtschaftliche und politische Situation in Russland stabilisiert. „Das schätzen die Menschen, weil sie aus den Jahren zuvor wissen, dass es auch ganz anders sein kann.“ Auch deshalb sei die Sorge vor einem Krieg groß, weil das die halbwegs stabile Lage gefährden könne.

Erst im Januar hatten die Gemeinden aus Scheiermanns Diözese für Frieden gebetet, als es in Kasachstan zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Regierung kam. Denn das Nachbarland grenzt an das Gebiet der Kirche; Omsk, wo die Diözese ihren Sitz hat, liegt nur rund 100 Kilometer von der kasachischen Grenze entfernt. Die Sorge war groß, dass der Konflikt sich ausbreiten und sich auch hier auswirken könnte.

Der Konflikt Russlands mit der Ukraine dauert schon acht Jahre an. Die Menschen in der betroffenen Region seien müde davon, sagt Scheiermann. Sie wünschten sich mehr Wohlstand, bessere Lebensverhältnisse, aber die wirtschaftliche Lage im Land werde immer schwieriger. Die Menschen fühlten sich nach seiner Einschätzung ausgenutzt und enttäuscht. Der politische Streit werde auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen. Das fürchten auch die Menschen in Russland: dass die Auseinandersetzungen zu weiteren internationalen Spannungen führen, unter denen am Ende die Bürger leiden.

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3 Antworten

  1. „Putins Armee“

    Es handelt sich nicht um eine Privatarmee von Putin sondern um die russische Armee. Die Bundeswehr wird ja auch nicht als „Scholz‘ Armee“ bezeichnet.

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  2. Es ist auch x interessant endlich einen Friedensappel oder ein Gebet seitens der russ. orthodoxen Kirche zu hören bzw. zu lesen, oder ist diese Kirche wie in China auch im I. Gebot auf den Präsidenten eingeschworen ?

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  3. Lieber Maik,
    es gibt schon Unterschiede zwischen einer Autokratie und einer Demokratie. Von daher finde ich diese Bezeichnung angebracht. Zumal keine russische Duma nötig ist, um den Befehl Putins zum Einmarsch der Truppen in die Ukraine umzusetzen. Scholz kann jedoch ohne das Parlament solche Dinge, der Demokratie sei Dank, niemals alleine entscheiden.

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