Historiker Wolffsohn wirft Medien Bevormundung vor

Michael Wolffsohn hat Kritik an den deutschen Medien geübt. Die Berichterstattung sei zu einseitig und Qualitätsjournalismus zur Seltenheit geworden. Er warnte die traditionellen Medien vor einer überheblichen Haltung.
Von PRO
Michael Wolffsohn

Der Historiker Michael Wolffsohn warf deutschen Medien Bevormundung der Bürger und „Selbstgleichschaltung“ vor. Der Journalismus verfehle seine Aufgabe der differenzierten Berichterstattung. Doch als „vierte Gewalt“ sei dieser eigentlich mit der wichtigen demokratischen Funktion betraut, das politische Geschehen zu kontrollieren.

Bei der diesjährigen Verleihung des Wächterpreises der Tagespresse hielt der Publizist und ehemalige Professor die Festrede, die die Neue Zürcher Zeitung diese Woche veröffentlichte. Dabei machte er die Medien auf die Folgen ihres Fehlverhaltens aufmerksam: Immer mehr Konsumenten wendeten sich vom traditionellen Journalismus ab und griffen stattdessen auf soziale Netzwerke zurück. Damit seien die Medien mitunter selbst für ihre wirtschaftliche Krise verantwortlich. „Der Un- und Schwachsinn in sozialen Netzwerken blüht und gedeiht auch deshalb, weil die Allgemeinheit der Bevormundung überdrüssig ist.“

Die Medien erhöben den Anspruch, die Gesellschaft und deren Willen zu repräsentieren, sagte Wolffsohn. Zu Ende gedacht könne dieser „allgemeine Wille“ ein Unterdrückungsinstrument werden, indem er andere Ansichten ausblende. Wolffsohn verwies auf Studien, die zeigen, dass Journalisten sich politisch zum Großteil links orientierten, was nicht der Gesamtbevölkerung entspreche. Die Medien seien zu „Moralhütern“ geworden, die sich jeglicher Gegenkontrolle entzögen. „Wer kontrolliert die vierte Gewalt?“, fragte Wolffsohn.

Als aktuelles Beispiel für einseitige Berichterstattung nannte Wolffsohn die Protestaktionen rund um die neu aufgeflammten Unruhen im Nahen Osten. Eindeutig antisemitische Handlungen seien von den meisten Medien nicht als solche bezeichnet worden, zudem sei verschwiegen worden, dass es sich bei den Tätern um Muslime und Linksextreme gehandelt habe.

Die Stiftung „Freiheit der Presse“ zeichnet seit 1969 mit dem Wächterpreis der Tagespresse investigative und kritische journalistische Arbeiten aus, die Missstände aufdecken. Michael Wolffsohn ist Experte für deutsch-israelische Beziehungen und Geschichte und Gegenwart des Judentums.

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2 Antworten

  1. Meinen ganz herzlichen Dank an Herrn Prof. Michael Wolffsohn, diese mutigen Stimmen brauchen wir dringend in dieser Zeit! Ich fühle mich in vielem daran erinnert: Das Drogenproblem an „unsrer“ Schule war allen bekannt aber „offiziell“ gabs das immer nur (oder zumindest „viel, viel schlimmer“- bei den anderen …) Das gleiche ist es mit dem Antisemitismus (ganz besonders mit dem als: „Zu Israel wird man doch mal was kritisches sagen dürfen“ getarnten!) – Allerdings zeigen ja bekanntlich drei Finger auf einen selbst zurück, wenn man die „Schuld“ anderer so hervorheben will … Prof. Michael Wolffsohn ist diesbzgl. eine schonungslos offenlegende Stimme. Nur das kann wirklich helfen keine „Scheingefechte“ zu führen oder die „Nebenschauplätze“ für das „Eigentliche“ zu halten! DANKE!!

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  2. Nach dem, was ich im Internet über Wolffsohn gelesen habe, soll er früher als Lösung des Nahost-Konflikts eine Föderation des Staates Jordanien mit den von Israel bis heute besetzten Palästinensergebieten und die Friedenspolitik des ermordeten Ministerpräsidenten Rabin befürwortet haben. Hiervon ist er offenbar völlig abgerückt. Er behauptet: Wer Antisemit ist, bestimmt der Jude. Aber „den Juden“ gibt es nicht, sondern z.B. früher die Juden Albert Einstein und Martin Buber, die Menschenrecht für alle forderten. Die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano hat sich in einem Brief an mich beklagt, sie werde als Antisemitin verleumdet, weil sie die Politik des Staates Israel schrecklich findet. Wenn Wolffsohn behauptet, 100 000 Juden seien wegen Antisemitismus aus Frankreich nach Israel ausgewandert, sollte eine Erhebung angestellt werden, wie viele jüdische Familien nach Deutschland und besonders nach Berlin gezogen sind, weil sie nicht wollen, daß ihre Kinder als spätere Besatzungssoldaten gezwungen werden, bei nächtlichen Razzien in Palästina Frauen und Kinder aus ihren Betten zu scheuchen und womöglich ins Gefängnis zu verschleppen. Kennt Wolffsohn „Breaking the Silence?“

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