„Der größte Teil des Internets ist ein Friedhof“

Nicht alle wichtigen Nachrichten schaffen es letzten Endes auch in die Medien. Die Initiative Nachrichtenaufklärung und der Deutschlandfunk veröffentlichen jährlich ihre Rangliste der „Vergessenen Nachrichten“. Auf Platz 1 steht eine gute Nachricht.
Von Johannes Blöcher-Weil
Ein Stapel an Zeitungen

Viele wichtige Themen haben die Medien nach Ansicht der „Initiative Nachrichtenaufklärung“ (INA) im vergangenen Jahr außer Acht gelassen. Thematisch geht es um Umweltschutz, die digitale Welt, aber auch um vernachlässigte Krankheiten und die Suizid-Rate in der Landwirtschaft.

Die Initiative veröffentlicht einmal jährlich in Kooperation mit der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks die zehn Themen und Geschichten, die im vergangenen Jahr keine oder kaum Erwähnung gefunden haben. Wie es von den Initiatoren heißt, stünden diese stellvertretend für viele andere vergessene Inhalte.

Angeführt wird die Rangliste in diesem Jahr von der sogenannten Phytosanierung. Das ist eine Methode, um mit Schwermetallen belastete Flächen umweltfreundlich und kostengünstig zu reinigen. Zwar könne mit dem Verfahren die Umwelt kostengünstig gereinigt werden. Eine Berichterstattung darüber finde trotzdem kaum statt.

Google Maps zementiert falsche Grenzen

Auf Rang zwei liegt das Thema „Verdrängung durch Tech-Monopole“. Das Internet befinde sich fest in der Hand weniger Monopolisten. Webangebote jenseits der großen Tech-Konzerne wie Google oder Youtube fänden kaum Aufmerksamkeit: „Der größte Teil des deutschsprachigen Internets ist ein Friedhof“, heißt es dazu von den Initiatoren.

Ebenso werde der Einfluss des Online-Karten-Dienstes Google Maps in der Berichterstattung kaum erwähnt. Der Dienst zeige umstrittene Landesgrenzen unterschiedlich an, abhängig davon, aus welchem Landesnetz er aufgerufen werde. Damit würden politische Vorgaben zementiert und die Suche nach Kompromissen beeinträchtigt, kritisierte die INA.

Auf den ersten zehn Plätzen befindet sich auch das Thema Schlaglöcher in Straßen. Diese gefährdeten vor allem die Verkehrssicherheit von Fahrradfahrern. Ein weiteres Thema ist die kaum bekannte Tropenkrankheit Noma, die jährlich zehntausenden Kindern das Leben kostet. Auf Platz 10 steht das Thema „Allein auf dem Acker – Suizide in der Landwirtschaft“.

Eintreten für dringend erforderliche Themenvielfalt

Für den INA-Vorsitzenden und Kommunikationswissenschaftler Hektor Haarkötter hätten es vor allem Themen mit einem hohen Komplexitätsgrad schwer, in den Medien aufzutauchen. Seiner Organisation gehe es darum, für eine dringend erforderliche Themenvielfalt einzutreten. Für Deutschlandfunk-Nachrichtenchef Marco Bertolaso ist die Suche nach den „Vergessenen Nachrichten“ tägliche Aufgabe seiner Redaktion. Die vielen Krisen und die Reichweitenlogik der digitalen Plattformen ließen vielen wichtigen Inhalten kaum eine Chance.

Die Rangliste haben eine Jury aus Medienwissenschaftlern, Journalisten und Experten ausgewählt. Ausgangspunkt sind Vorschläge aus der Bevölkerung. Studenten mehrerer deutscher Hochschulen überprüfen dann, ob die Themen und Nachrichten zutreffend sind und ob sie tatsächlich von den Medien vernachlässigt wurden. Ist dies der Fall, darf die Jury darüber abstimmen.

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