Bundesverfassungsgericht privilegiert Medien

Ein Verein von Journalisten soll frühzeitig Informationen zu Urteilen des Bundesverfassungsgerichts erhalten haben. Damit könnte das Gericht selbst gegen die Verfassung verstoßen haben. Das legt ein Gutachten nahe.
Von Johannes Blöcher-Weil
Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht hat einen exklusiven Kreis von Journalisten frühzeitig mit Informationen versorgt. Ein Gutachten des Bundestags zweifelt deswegen an der Neutralität des Bundesverfassungsgerichts. Die Karlsruher Richter könnten gegen das Grundgesetz verstoßen haben.

Wie der Berliner Tagesspiegel berichtet, soll das Gericht jeweils einen Tag vor Verkündung von Urteilen eine Gruppe ausgewählter Journalisten über die Entscheidungen informiert haben. Diese Praxis kritisiert das Gutachten scharf. Dadurch würden andere Journalisten „besonders schwerwiegend“ benachteiligt. In dem Fall geht es um Mitglieder der „Karlsruher Justizpressekonferenz“ (JPK).

Vorgehen soll für Professionalität und Zuverlässigkeit sorgen

Die Mitglieder des eingetragenen Vereins sollen die Pressemitteilungen persönlich an der Pforte des Gerichts erhalten haben. Die Adressaten hätten sich im Gegenzug schriftlich verpflichten, „gegenüber Dritten absolutes Stillschweigen über ihre Kenntnisse zu bewahren“. Das Gericht habe mit dieser Praxis sicherstellen wollen, dass über seine Urteile sorgfältig berichtet werde.

Nur die JPK-Journalisten böten dafür die nötige Professionalität und Zuverlässigkeit, heißt es im Artikel des Tagesspiegels, der bereits vor einem Monat erstmals über dieses Vorgehen berichtet hatte. Der JPK gehören Korrespondenten bundesweiter Medien und Nachrichtenagenturen sowie Journalisten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an, die in Karlsruhe eigene Büros unterhalten.

Das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages kommt zu dem Ergebnis, dass das Kriterium der „Professionalität“ „sehr vage und unbestimmt“ sei. Das Prozedere könne nur „eingeschränkte Gewähr“ dafür bieten, „dass ein nicht meinungsneutraler Zugang zu den Vorabinformationen ausgeschlossen ist“. Der Journalistenverein habe keinen besonderen Status und kein Monopol, „presseerhebliche Informationen“ zu erlangen.

Eigener Antrag abgewiesen

Laut Gutachten sei es „fraglich“, ob das gerichtliche Interesse an einer besonders gut vorbereiteten Berichterstattung diese Ungleichbehandlung rechtfertigen könne. Für die Mitglieder der „Justizpressekonferenz“ ist die Praxis sinnvoll. Öffentliche Diskussionen über die geübte Praxis hat es nicht gegeben. Der Tagesspiegel hatte auch einen Antrag auf Zugang zu den Vorab-Mitteilungen gestellt. Das Gericht hatte den jedoch zurückgewiesen.

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Eine Antwort

  1. Und wir regen uns über Probleme, die die Presse in anderen Ländern auf. Wir sollten besser vor der eigenen Tür kehren…

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