ARD-Journalistin und Sozialpsychologe: Hass auf Medien kommt durch Nichtwissen

Der Vorwurf, der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland sei „Staatsfunk“ und „Lügenpresse“, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder laut. Angriffe auf Journalisten nahmen zu. Der Sozialpsychologe Andreas Zick und die ARD-Journalistin Juliane Leopold sprechen in einem Podcast über die Gründe dafür.
Von Jörn Schumacher

Der Begriff „Systemmedien“ selbst sei eine herabwürdigende Stereotype, der vor allem im Rechtsextremismus verwendet werde, sagte Andreas Zick, Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt‐ und Gewaltforschung (IKG) an der Universität Bielefeld. Im „faktenfinder“-Podcast der ARD sprach er am Donnerstag zum Thema „Feindbild Medien“. Gemeinsam mit der Chefredakteurin für Digitales bei ARD-aktuell, Juliane Leopold, stellte er fest: Seit 2014 gab es einen Rechtsruck in Deutschland, und damit einher hätten die Vorwürfe gegenüber den Medien in Deutschland stark zugenommen. Der „faktenfinder“-Podcast, der jeden zweiten Donnerstag erscheint, versucht nach eigener Aussage „irreführende Meldungen“ und falsche Meldungen zu identifizieren.

Im vergangenen Jahr hätten verbale Beleidigungen und Angriffe gegenüber Journalisten zugenommen, sagte Zick. „Die Wahrscheinlichkeit, dass Journalisten bei der Außenberichterstattung Opfer von Gewalt und Aggression werden, ist in den letzten Jahren enorm angestiegen. Corona ist da ein Katalysator.“

Neu sei der massive mediale Auftritt von Verschwörungstheoretikern. „Die digitalen Medien wurden von extremistischen und populistischen Gruppen professioneller genutzt.“ Der Begriff „Lügenpresse“ sei vor allem durch rechts Gruppierungen populär geworden, aber er sei so allgemein verwendet, dass er nur schwer widerlegbar sei. Er stehe im Zusammenhang mit einem „Zauber des Populismus“, wie er heutzutage attraktiv erscheine, und wie er etwa vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump benutzt worden sei. Zick: “Wenn ich mir als einfacher Bürger ein Urteil über Presse erlauben kann, hat das auch ein Gefühl von Macht und Einfluss.“

Der Sozialpsychologe sieht einen Grund dafür beim mangelnden Wissen und Verständnis darüber, wie Medien gemacht werden und welche Funktion sowie Bedeutung sie hätten. Dazu komme bisweilen ein unklares Demokratieverständnis. Zick warnt, dass es mittlerweile starke Gruppen gebe, die geradezu davon abhängig seien, das Feindbild Medien aufrecht zu erhalten; es gebe einen „digitaler Überbietungswettbewerb des Hasses“, und „alternative Medien“ schaukelten sich gegenseitig auf und versuchten, sich gegenseitig zu überbieten. „Das haben wir unterschätzt“, so der Forscher.

Beitragsfinanzierung schafft Rechenschaftspflicht

Die Journalistin Leopold weist den Vorwurf von sich, einen „Info-Krieg“ gegen das Volk zu führen oder „von oben“ in ihrer Arbeit geleitet zu werden. „Sonst wäre ich nicht Journalistin geworden“, so Leopold. Sie betont den Unterschied zwischen „normaler“ und legitimer Kritik an den Medien und Unterstellungen und Beleidigungen. „Das Fragen an die Medien: Warum macht ihr das so? ist eine völlig berechtigte Frage; schwierig ist es, wenn eine Frage mit einer Unterstellung und einer Schuldzuweisung verbunden ist.“

Ein interessanter Punkt sei die Beitragsfinanzierung der Öffentlich-Rechtlichen Medien, so Leopold. „Damit sind wir natürlich auch rechenschaftspflichtig. Daraus ergibt sich bei manchen die Forderung, Journalismus müsse auf ihr Verlangen hin stattfinden und nicht im Sinne einer unabhängigen Berichterstattung.“

Zum Vorwurf, die Medien berichteten quasi im Auftrag der Regierung, sagte die ARD-Journalistin: „Wir sind Bürgerinnen und Bürger und damit natürlich auch selbst im politischen Meinungsbildungsprozess unterwegs. Und insofern bestimmt das natürlich die Linse, mit der wir auf Gegenstände der Berichterstattung gucken. Aber die ARD ist ja in sich kein zentraler Laden, der von oben nach unten mit Telefon durchregiert werden kann, sondern das ist ein in höchstem Maße dezentrales Gebilde.“ Durch Landesrundfunkanstalten und die Gremien, in denen es gesellschaftsrelevante Gruppen vertreten seien, gehe es „staatsfern“ bei der Berichterstattung zu.

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13 Antworten

  1. Es fällt einem als Normalmensch natürlich schwer, den Wahrheitsgehalt von Nachrichten zu überprüfen. Es gibt jedoch Nachrichten, bei denen das durchaus möglich ist; nämlich dann, wenn über ein Ereignis berichtet wird, bei dem man selbst vor Ort anwesend war, z.B. eine Demonstration an der man selbst teilgenommen hat.

    Ich habe an beiden Großdemonstration der Querdenker im Sommer letzen Jahres in Berlin teilgenommen. Meine Eindrücke vor Ort widersprechen der Bericherstattung der Medien komplett. Man könnte denken, das die Journalisten von ganz anderen Veranstaltung berichteten; und zwar alle, öffentlich-rechtliche und private Medien.

    Was soll ich nun darüber denken? Alles bedauerliche Irrtümer? Alles nur handwerliche Fehler? Nein, ich komme da zu einem anderen Schluß.

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  2. Schade, dass der Artikel bzw. die Diskussion, über der Artikel berichtet, nicht echte Probleme der Medien anspricht.
    So wurde Schattenboxen mit „Systemmedien“ und „Lügenpresse“ betrieben, aber die voreingenomme Berichterstattung , wie z.B. bei den Coronaleugnern ( die längst nicht alle welche sind) oder über den Gazakrieg im Mai, wurde nicht erwähnt.
    Auch die politische Schlagseite mancher Journalisten wäre ein Thema gewesen.

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  3. Ich denke eher, die Diffamierung der öffentlichen Medien ist vor allem emotional gespeist. Das ging nicht erst bei Corona los, sondern vor allem mit Beginn der Flüchtlingskrise. Aber auch, dass in der heutigen Zeit die Probleme immer weniger national, sondern nur global gelöst werden können, löst emotionales Missbehagen aus. Menschen wollen ihren engen Lebensentwurf bewahren. Da das nicht mehr gelingt, die Wut auf alles, was nicht den eigenen Anschauungen entspricht.

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  4. Man sollte bei der Diffamierung der öffentlich rechtlichen Medien und der seriösen Presse nicht vergessen, dass hier auch bewusst politisch agitiert wird. Wir haben es hier mit Narrativen zu tun, die im Rechtspopulismus generiert und dann massive medial lanciert werden. Und wir sollten dabei nicht vergessen, was in den Ländern passiert, wo diese Richtung ans Ruder kommt.
    Schlimm ist, dass diese Stimmen auch zunehmend in einem reaktionären Christentum Gehör finden.
    Ein Pastor Nestvogel empfiehlt im Interview TE, AchGut und Reitschuster, letzterer wir auch von Hartmut Steeb als seriöse Quelle ausgewiesen und ein Kommentator hier auf der Seite hat kürzlich die Junge Freiheit empfohlen, also die Zeitung aus dem nationalen Lager, die sich auf die Konservative Revolution beruft. Die Bezeichnung ist ein Euphemismus, der auf Armin Mohler zurückgeht, letztlich geht es hier um den Versuch einen „reingewaschenen“ Faschismus zu propagieren und eine anti-liberale Systemwende herbeizuführen!
    Und zu Maiks nur im Ton konzilianteren Versuchen, seine Verschwörungsagenda zu propagieren: Ich habe mir zahlreiche Livestreams von Querdenker-Demonstrationen angesehen, als diejenigen Medien, die von den Organisatoren selbst verantwortet werden. Angesichts dessen, was dort auf der Bühne verzapft wurde, fand ich die Berichterstattung in der Qualitätspresse noch ausgesprochen zurückhaltend!

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    1. Vieles ist, wenn es um diese Themen geht, Meinung und nicht gesichertes Faktum – dass Sie allerdings Maik sogleich eine „Verschwörungsagenda“ unterstellen, ist nicht plausibel, und Sie belegen das hier auch nicht. Hingegen enthält Ihre Einlassung durchaus despektierliche Wertungen. Und wenn Sie von einem „Versuch einen ‚reingewaschenen‘ Faschismus zu propagieren und eine anti-liberale Systemwende herbeizuführen“, orakeln, tun Sie genau das, was Sie anderen vorwerfen, nämlich Ihre Verschwörungsmythen (aufgrund Ihrer eigenen Weltdeutung) zu propagieren.

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      1. Ihre Äußerungen belegen einmal mehr, dass Sie keine Kenntnis haben von den Publikationen, die aus diesem Umfeld stammen. Ich kenne die Stellungnahmen von Weißmann, Stern et al. zur „Konservativen Revolution“ und zu Armin Mohler etc. pp. Ich habe übrigens zu diesem Gebiet vor vielen Jahren einmal akedamisch geforscht! Sie haben – mit Verlaub – keine Ahnung, aber vermutlich eine Agenda!

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    2. Von medialer Meinungsvielfalt scheinen Sie nichts zu halten. Ihre gesellschaftspolitische und geistige Enge und auch Ihr Agitieren gegen jede Form von Konservativismus zeugt von einer Unfähigkeit andere Positionen und Grundhaltungen auch nur zu denken und der Verweigerung diese intellektuell nachzuvollziehen.
      Was wollen Ihre (Vor)urteile über Christen wie Nestvogel oder Steeb aussagen?
      Und was ist Ihr Problem mit Tichy, Broder oder Reitschuster?

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      1. Dann bin ich doch froh, bei Ihnen auf eine solch beeindruckende intellektuelle Weite und Offenheit zu stoßen!

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      2. P.S. Rechtspopulismus und Konservatismus sind eindeutig zweierlei und grundsätzlich nicht vereinbar. (Übrigens ist auch theologischer Konservatismus überhaupt nicht identisch mit Fundamentalismus!) Intelligente Konservative wissen das, und ich bin mit etlichen von diesen befreundet. Für weniger kluge wird der Rechtspopulismus allerdings zur Versuchung und die Rechtspopulisten selbst würden gerne den Konservatismus kapern (in den Vereinigten Staat ist das ja in erschreckendem Ausmaß auch gelungen!)

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        1. Ja, eben! Aber Sie verdammen doch beides in gleicher Weise. Das werden Sie natürlich bestreiten.
          Konkret gefragt: Sind Weißmann, Tichy oder Broder Konservative oder Rechtspopulisten?
          Und abgesehen davon: Was ist für Sie das grundlegend Verwerfliche beim (Rechts)populismus?

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  5. Nein, der Öffentlich-Rechtliche-Rundfunk macht sicher keine Regierungsberichterstattung wie in totalitären Staaten. Das ist Fakt, aber es gibt massive Probleme:
    1. Die Besetzung der Rundfunkräte geschieht mit Vertretern sogenannter „gesellschaftlich-relevanter Gruppen“. Das sind vor allem erst einmal Vertreter der großen Parteien. Hinzu kommen aber noch Vertreter weiterer Verbände mit massiv „linkem Stallgeruch“. So ist da schon einmal eine linke Mehrheit, die es auch gab, als wir in Deutschland noch eine Regierung mit Parteien der Mitte, also CDU und FDP hatte. Die Rundfunkräte machen selbst natürlich kein Programm, sind aber z.B. bei der Bestellung der überbezahlte Intendanten dabei, die wiederum die Programminhalte durch Wahl der Mitarbeiter beeinflussen können. Also ist es wahrscheinlich, daß der Intendant einer von des Rundfunkrates Gnaden ist, also im Zweifel „links“.
    2. Die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter der Medien insgesamt, aber vor allem der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten sind Anhänger linker und linksradikaler Parteien, also von SPD, SED und den neomarxistischen Ökopopulisten. Klar, daß die „ihre Politiker“ nur mit Samthandschuhe anfassen und deren Themen nur zu gern transportieren. Wie sehr das der Fall ist, kann man an dem Gendermist erkennt, der bereits bis in seriöse Nachrichtensendungen vorgedrungen ist. Dieses sprachliche Krebsgeschwür ist mit dem Bildungsauftrag der Sender sicher nicht vereinbar.
    Warum sind nun so viele Linke in diesen Medien zu finden? Diese Salonlinken suchen nach einer Beschäftigung, wo sie und ihr Denken im Mittelpunkt stehen, wo sie ihr ideologisches Gift versprühen können, wo sie möglichst nicht körperlich arbeiten müssen, aber ein gesichertes Einkommen haben.
    Bezeichnend ist, daß jeder, der der Berichterstattung der Medien kritisch gegenübersteht, als „rechts“ eingeordnet wird. Das ist das Framing, nach einem Papier der ÖR-Sender, was vor einiger Zeit mal unbeabsichtigt an die Öffentlichkeit gedrungen ist. „Rechts“ klingt irgendwie immer ein bißchen wie „Nazi“ und die sind nun wirklich üble Zeitgenossen.
    Wie läuft Framing? Nun schon die Nazis haben Begriffe nach ihrem Belieben benutzt,um Stimmung zu machen.
    Beispiele:
    Neutraler Begriff: „Immigrationswillige“ (Der Begriff sagt nichts über die Motivation der Personen aus, wäre also ideal.
    Rechte Begriffe: „Versorgungssuchende“ (Es wird klar in der Kostenfaktor in den Vordergrund gestellt), „Invasoren“ (Es wird eine kriegerische Absicht unterstellt)
    Linke Begriffe: „Migrant“ (Wenn, wäre es Immigranten, es gibt auch Emigranten, hier wird extra unscharf gearbeitet), „Flüchtling“ (Üblicherweise wird mit dem Begriff jemand bezeichnet, der vor Krieg oder persönlicher Verfolgung flieht, aber nicht jemand, der eine Verbesserung seines Lebensstandards anstrebt)
    Aufnahme von Personen aus seeuntüchtigen Personen mit Transport nach Europa (neutral)
    Rechte Begriffe: Schlepperdienste, Menschenschmuggler
    Linke Begriffe: Seenotrettung, Rettungsmission

    Und nun schaue man mal hin, welche Begriffe die ÖR-Sender verwenden.

    Weiter geht es mit der unsäglichen AfD. Hier wird immer wieder gern „rechtspopulistische AfD“ verwendet. Bei den „Grünen“ macht man das nicht. Dabei sind sie im Grunde klar „Ökopopulisten“. Sie nehmen Stimmungen aus einem Teil der Bevölkerung auf und bieten einfache, radikale „Lösungen“ an. Niemand wird eine Immigrationskrise in Europa oder eine globale Herausforderung in Sachen Umweltschutz bestreiten. Aber von rechts wie von den „Ökopopulisten“ werden einfache Lösungen angeboten, die nicht umsetzbar sind. Aber davon, daß die „grünen Politiker“ die meisten Flugmeilen des Bundestages sammeln, daß die Flugstrecken des „grünen“ MP von Baden-Württemberg immer mehr ansteigen, daß diese Leute auch gern im dicken Dienstwagen gefahren werden, Urlaub machen, wo man definitiv in vertretbarer Zeit nur mit dem Flugzeug hingelangt, diese Heuchelei wird im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk getrost ignoriert.
    Nein, man lügt nicht, macht aber mit Begriffen Stimmung und Meinung, betreibt z.B. mit dem Verhunzen der deutschen Sprache trotz des gesellschaftlichen Bildungsauftrags das Geschäft von einer bestimmten Klientel, man verschweigt Fakten, die dem genehmen Lager schaden könnten und bauscht die Verfehlungen des ungenehmen Politlagers unnötig auf.
    Da lobe ich mir Pro, es gibt Beiträge denen ich zustimme, aber auch welche, denen ich zustimme. Was kann man daraus lernen? Nun, da ich Beiträge bekomme, denen ich zustimme, lese ich auch die, denen ich nicht zustimme. Und genau das fehlt eben im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, das ist das Problem. Wenn dort nur links berichtet wird, haben die Leute das irgendwann spitz, tun sich das Propagandaprogramm gegen ihre Lebensauffassung nicht länger an und schalten gar nicht mehr ein.

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  6. @Hans Ulrich Neumann

    „Ökopopulisten“

    Sehr gut erkannt. Und die Linken sind eigentlich auch „Linkspopulisten“ mit Forderungen wie „Reichtum für alle“. Nur werden die natürlich auch nie so bezeichnet. Was es ebenfalls nicht gibt, sind „linksoffene“ Demonstrationen, also Demonstrationen, an denen auch Linksextremisten teilnehmen. Vorwürfe wie „Die haben sich nicht von Linksextremisten distanziert“ wir man nie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk hören.

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