Koalition einigt sich abschließend auf Lieferkettengesetz

Kurz vor der geplanten Abstimmung im Bundestag gab es in der Koalition wieder Streit um das Lieferkettengesetz. Der Tagesordnungspunkt wurde abgesetzt. Jetzt ist ein neuer Kompromiss erreicht, über den im Juni wohl abgestimmt wird.
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Das Lieferkettengesetz kann vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Hermann Gröhe (CDU) haben sich nach immer wieder aufflammenden Streit unter den Koalitionspartnern auf letzte Änderungen an dem Gesetz verständigt. Gröhe erklärte am Donnerstag: „Wir haben gemeinsam ein gutes Ergebnis erzielt, für das ich die Zustimmung in beiden Koalitionsfraktionen erwarte. Dann ist der Weg frei für eine Beschlussfassung im Deutschen Bundestag im Juni.“ 

Laut Gröhe haben sich beide Seiten „auf Klarstellungen verständigt, die allen Beteiligten mehr Rechtssicherheit geben“. Der Anwendungsbereich des Gesetzes werde „auch auf unselbständige Niederlassungen ausländischer Unternehmen in Deutschland“ ausgeweitet, „wenn diese die für inländische Firmen geltende Größenordnung erreichen“. Die Sorgfaltspflichten müssten sich „jeweils am Maßstab des konkret Möglichen und Angemessenen  ausrichten“. 

Zugleich werde sichergestellt, „dass eine Verletzung dieser Pflichten nicht zu einer zusätzlichen zivilrechtlichen Haftung führt, da wir uns für die Durchsetzung dieser Pflichten im Verwaltungsverfahren und mit den Mitteln des Ordnungswidrigkeitsrechts einschließlich erheblicher Bußgelder entschieden haben“. 

Gesetz soll Einhaltung von Menschrenrechten garantieren

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) begrüßte die Einigung der Koalitionsfraktionen. „Mir fällt ein großer Stein vom Herzen, Jahre der Vorarbeit haben sich gelohnt“, erklärte er. Das Gesetz werde Millionen von Kindern und Familien in den Entwicklungsländern bessere Lebenschancen und Zukunftsperspektiven geben. Minister Heil teilte mit, er sei froh, dass er dieses wichtige Vorhaben „nach harten Verhandlungen gegen massive Lobbywiderstände“ habe durchsetzen können. Die unternehmerische Verantwortung für Menschenrechte ende nicht am Werkstor des Unternehmens.

Das Lieferkettengesetz soll große Unternehmen verpflichten, bei ihren internationalen Partnern auf die Einhaltung von Menschenrechten und auf Umweltschutzkriterien zu achten. Kommen die Firmen dieser Sorgfalt nicht nach, drohen Zwangs- und Bußgelder. In Kraft treten soll das Gesetz in zwei Schritten: ab 2023 soll es für die etwa 600 großen Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten gelten, ab 2024 für insgesamt knapp 3.000 Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Das Nachrichtenportal The Pioneer hatte zuerst über die Verständigung berichtet. 

Die Bundestagsabstimmung über das Lieferkettengesetz war vor gut einer Woche wegen Unstimmigkeiten in der Koalition, insbesondere wegen Widerstands aus dem Wirtschaftsflügel der Union, von der Tagesordnung des Parlaments wieder abgesetzt worden. Nach Abgaben des SPD-Abgeordneten Bernd Rützel, der als erster Berichterstatter Gespräche mit den Unternehmen geführt und mit der Union verhandelt hat, wurde „mit der Einbeziehung ausländischer Unternehmen“ der Anwenderkreis des Regelwerks „deutlich ausgedehnt“. Der Betriebsrat bekomme außerdem zusätzliche Mitbestimmungsrechte. 

Kritik von Arbeitgeberverbänden und FDP

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bezeichnete das Gesetz indes als „überflüssig“. Es sei aber „anzuerkennen, dass jetzt im Bereich der zivilrechtlichen Haftung eine wichtige Begrenzung vorgenommen wurde“, teilte der Spitzenverband mit. 

FDP-Politiker Alexander Kulitz befürchtet dramatische Auswirkungen auch für kleine und mittlere Unternehmen. Sie blieben die „Leidtragenden, da sie als Zulieferer die Bürokratiebelastung der Großunternehmen mittelbar über Complianceverpflichtungen zu tragen haben“, erklärte er. 

epd
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