Geteiltes Echo auf Kompromiss zu Lieferkettengesetz

Ein „Lieferkettengesetz“ soll Unternehmen auf die Einhaltung von Menschenrechten auch bei Zulieferern im Ausland verpflichten. Zu dem Vorhaben gehen die Meinungen auseinander.
Von PRO
Ein Gesetz soll deutsche Unternehmen verpflichten, entlang ihrer Lieferketten Menschenrechtsverletzungen im Ausland zu verhindern

Der in der großen Koalition gefundene Kompromiss für ein Lieferkettengesetz stößt auf ein geteiltes Echo. Während Hilfsorganisationen am Freitag verhaltenes Lob äußerten, werden in der Wirtschaft Belastungen für deutsche Unternehmen befürchtet. Das geplante Lieferkettengesetz soll ab 2023 große Unternehmen auf die Einhaltung von Menschenrechten auch bei Zulieferern im Ausland verpflichten. Klagen und Bußgelder bei Verstößen sollen möglich sein, Regelungen für die Entschädigung von Opfern sind nicht vorgesehen.

Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von „Brot für die Welt“, begrüßte, dass ein Lieferkettengesetz doch noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht wird, wie im Koalitionsvertrag vereinbart. „Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagte sie. Zugleich bedauerte sie, dass keine Haftungsregelungen vorgesehen werden: „Zwar soll eine Behörde Verstöße ahnden und Bußgelder verhängen können, aber Geschädigte in Bangladesch, Peru oder Ghana erhalten damit nicht die Chance, von deutschen Gerichten eine Entschädigung zugesprochen zu bekommen.“

„Recht, aber keine Gerechtigkeit“

Das katholische Hilfswerk Misereor sprach von einem großen Erfolg für die Menschenrechte, hofft aber ebenfalls auf Nachbesserungen bei der Haftung. „Wir sind ein gutes Stück weiter gekommen auf dem Weg für eine zukunftsfähige und gerechtere Wirtschaftsweise, die den Menschen dient und nicht ausbeutet“, erklärte Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. „Gerade inmitten der Pandemie dürfen die Rechte von Menschen im globalen Süden nicht vergessen werden, die entlang der Lieferketten auch von der aktuellen Wirtschaftskrise am härtesten betroffen sind.“

Das Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene, erklärte: „Der Kompromiss schafft Recht, aber keine Gerechtigkeit.“ Ähnlich lautet die Kritik des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Initiative Lieferkettengesetz“: „Durch die fehlende zivilrechtliche Haftung wird Opfern von schweren Menschenrechtsverletzungen ein verbesserter Rechtsschutz vor deutschen Gerichten verwehrt“, erklärte die Koordinatorin Johanna Kusch. „Und auch die Pflicht zur Einhaltung von Umweltstandards berücksichtigt das Gesetz nur marginal.“

Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel), übte grundsätzliche Kritik. „Ein Lieferkettengesetz belastet die Falschen, wenn es auf gesetzliche Vorgaben für deutsche Unternehmen setzt, um im Ausland Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen von Mindeststandards im Umweltschutz oder Sozialbereich zu verhindern“, sagte er. „Besser wäre es, ein Fehlverhalten ausländischer Unternehmen direkt mit geeigneten Sanktionen zu ahnden.“ Felbermayr begrüßte, dass Unternehmen nicht für Menschenrechtsverletzungen im Ausland haften müssen, die sie oft gar nicht beeinflussen könnten.

Von: epd

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