Zerstrittenheit orthodoxer Kirchen hindert Friedensbemühungen in der Ukraine

Die orthodoxe Weltgemeinschaft soll sich stärker für Frieden in der Ukraine engagieren, fordert die Osteuropa-Expertin Regina Elsner im Podcast von BR24. Das scheitert jedoch an der Zerstrittenheit der orthodoxen Kirchen.
Von Norbert Schäfer
Das St. Michaelskloster in Kiew ist Sitz des Metropoliten der Orthodoxen Kirche der Ukraine, Epiphanius

Nach Auffassung der Osteuropa-Expertin und Theologin Regina Elsner sollte sich die orthodoxe Weltgemeinschaft viel stärker um Frieden zwischen Russland und der Ukraine bemühen als die westlichen Kirchen. Das geschehe aber bislang relativ wenig, weil die orthodoxen Kirchen selbst sehr stark untereinander zerstritten seien.

Die westlichen Kirchen hätten „durchaus das Potenzial, Gesprächsräume zu öffnen“, erklärte Elsner. Sie müssten aber dafür sorgen, dass alle beteiligten Kirchen zusammenkämen, erklärte die Osteuropa-Expertin in einer Folge von BR Podcast. Darin ging es um die Frage, ob die christlichen Kirchen mit Blick auf den Krieg in der Ukraine eher Kriegstreiber oder Friedensbotschafter sind.

Bedrohung durch „ liberalen Werte“

Für die Russisch-Orthodoxe Kirche und Patriarch Kyrill sei der Krieg in der Ukraine ein „Verteidigungskrieg“, erklärte Elsner im Gespräch. In der Vorstellung dieser Kirche geht es darum, die eigene Zivilisation gegen Angriffe von außen zu verteidigen. Der Feind sei in der Vorstellung dieser Kirche der Westen mit seinen liberalen Werten, der Russland und die ganze Welt bedrohe. Die menschliche Zivilisation werde durch die liberalen Werte in ihrer Gesamtheit bedroht. „Und Russland, die russische Kirche, der russische Staat sehen sich in der Funktion, die Welt zu bewahren, vor dieser großen Gefahr, die da mit diesen Werten auf die Menschen zukommen“, erklärte die Theologin zur Haltung der Russisch-Orthodoxe Kirche und Patriarch Kyrill zum Krieg.

Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats sagte sich am 27. Mai 2022 von Moskau los. Jetzt heißt sie nur noch „Ukrainisch-Orthodoxe Kirche“. In der Ukraine habe bereits die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats seit der Annexion der Krim unter dem Verdacht gestanden, nicht „ausreichend loyal zum ukrainischen Staat“ zu sein und auch in der einen oder anderen Form russische Propaganda zu vertreten. Das erschwere die Bemühungen um Frieden.

Es gebe zwar Initiativen Gläubiger aller orthodoxen Kirchen in der Ukraine, sagte Elsner. Die Gläubigen setzten sich gemeinsam dafür ein, Frieden herzustellen und Versöhnung innerhalb der Ukraine zu fördern. „Aber, auch hier ist wie oft so das Problem, dass die Kirchenleitungen oft anders agieren als die Gläubigen und dass es noch sehr viel Zeit brauchen wird, bis die Kirchen wirklich versöhnend wirken können, mit diesem Friedensverständnis, was sie natürlich eigentlich haben.“

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen