Kommentar

Was ist dran an der „Gehsteigbelästigung“ durch Lebensschützer?

Der Bundestag will „Gehsteigbelästigung“ vor Abtreibungsstellen durch Lebensschützer gesetzlich unterbinden. Aber ist das überhaupt nötig? Hinter der Debatte könnte nämlich etwas ganz anderes stecken.
Von Nicolai Franz
Mahnwache Abtreibungsgegner Lebensschützer Profamilia

Wenn ungewollt schwangere Frauen abtreiben wollen, müssen sie sich in der Regel zuvor beraten lassen, bevor sie den Abbruch bei einem Arzt vornehmen lassen. Auf dem Weg dorthin sollen sie nicht „belästigt“ werden, so will es die Bundesregierung, und sie spricht dabei von „Gehsteigbelästigung“. Am Mittwoch debattierte der Deutsche Bundestag darüber. 

Verschiedene Ampelpolitiker warnten davor, dass Frauen eingeschüchtert und bedroht würden – von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) über Nicole Bauer (FDP) bis hin zu Denise Loop (FDP) und anderen. 

Das klingt zunächst nicht verkehrt. Doch wie groß ist das Problem der „Gehsteigbelästigung“ überhaupt? Silvia Breher (CDU) wies darauf hin, dass ihr Fraktionskollege Hubert Hüppe die Bundesregierung gefragt habe, wie viele Fälle seit 2021 denn bekannt seien. „Ihre Antwort: Die Ergebnisse der initiierten Länderabfrage stützen den Handlungsbedarf, können aber weder quantifiziert noch aufgeschlüsselt werden.“ Als Ärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt im Januar ebenfalls den Schutz vor „Gehsteigbelästigung“ forderte, konnte er auf PRO-Anfrage auch keine konkreten Fälle nennen. Gibt es sie überhaupt? 

Mahnwachen gibt es natürlich. Doch stille Mahnwachen – im Umkreis von 100 Metern der Praxis – wären nach dem neuen Gesetz nicht verboten – solange Frauen nicht bedrängt, auf emotionale Weise angesprochen oder zum Beispiel mit erschreckenden Bildern konfrontiert werden. 

Laut Sonja Eichwede (SPD) gebe es solche Fälle durchaus, dazu gebe es auch Gerichtsurteile. Fraglich bleibt, ob das Problem wirklich so groß ist, dass es dafür ein neues Gesetz braucht – oder ob die künftig wohl verbotenen Aktionen ohnehin eine verbotene Nötigung wären. Grundsätzlich haben christliche Lebensrechtsgruppen natürlich das Recht, sich zu versammeln und ihre Meinung zu äußern. Dass sie dabei Frauen nicht bedrängen oder nötigen, sollte sich von selbst verstehen.

Ziel: Polarisierung der Gesellschaft?

Doch womöglich geht es bei der Debatte um etwas anderes. In wenigen Tagen soll nämlich der Bericht einer Kommission der Bundesregierung vorgestellt werden, der sich unter anderem mit der möglichen Abschaffung von Paragraf 218 im Strafgesetzbuch beschäftigen sollte. Der Bericht ist bereits geleakt worden (PRO berichtete) – sicherlich nicht ohne Zufall. Die Kommission empfiehlt darin, Abtreibungen zu legalisieren.

Man dürfe die „Kampagnenfähigkeit von Frau Paus“ nicht unterschätzen, sagte vergangene Woche der „Welt“-Journalist Robin Alexander in seinem Podcast. Das Ziel wäre demnach, dass die Gesellschaft polarisiert werden soll: Auf der einen Seite stünden dann die Frauenrechtler, auf der anderen Seite diejenigen, die Frauen auf Gehsteigen belästigen. Die Stimmung würde aufgeheizt, und es würden Verhältnisse wie in den USA drohen. Dabei gilt die aktuelle Regelung in Deutschland als mühsam errungener Kompromiss, dem beide Seiten – mit Zähneknirschen – zustimmen können.

Wenn es der Ampel wirklich um gesellschaftlichen Frieden und nicht um eine weitere Spaltung geht, sollte sie sich tunlichst von ihren Liberalisierungsplänen verabschieden. Dass die gottgegebene Menschenwürde auch dem ungeborenen Leben gilt, ist nicht nur eine christliche Auffassung. Auch das Bundesverfassungsgericht urteilte mehrfach, dass das Lebensrecht des ungeborenen Kindes wirksam geschützt werden muss. Wer den jetzigen Kompromiss in Frage stellt, riskiert neuen gesellschaftlichen Unfrieden. 

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