Warum ist auf Lana Del Reys neuem Album eine Predigt?

Die Pop-Sängerin Lana Del Rey hat auf ihrem neuen Album in einem Track eine Predigt untergebracht – und sorgt damit für Irritationen. In einem Interview sagte sie, sie sei in einem katholischen Umfeld groß geworden.
Von Jörn Schumacher
Lana Del Rey (2019)

Ihre Lieder sind meistens düster und melancholisch oder, wie die meisten Rezensenten schreiben: mysteriös. Mit dieser Stimmung spielt die 37-jährige amerikanische Pop-Sängerin und Songwriterin Lana Del Rey, die mit bürgerlichem Namen Elizabeth Woolridge Grant heißt, seit ihren Anfängen.

Die langsamen Balladen und die Coverfotos ihrer Alben enthalten oft Anspielungen auf ein Amerika der 50er und 60er Jahre. Auch das Cover ihres neuen Albums könnte optisch über 60 Jahre alt sein. Ursprünglich war für das Cover ein Foto geplant, das die Sängerin mit nacktem Oberkörper zeigt, weiß die Zeitschrift Rolling Stone zu berichten. Doch dann habe sich die Sängerin umentschieden.

Für mehr Gesprächsstoff sorgt ein Track auf dem neuen Album „Did You Know That There’s a Tunnel Under Ocean Blvd“, das Ende März erschien. In „Judah Smith Interlude“ ist der Mitschnitt einer Predigt zu hören, offenbar angefertigt von Lana Del Rey selbst. Immer wieder hört man ein Kichern, das offenbar von der Sängerin stammt. Die taz fragt in ihrer Album-Rezension: „Findet sie es lächerlich oder schwingt da Zustimmung mit?“

Es handelt sich um eine Predigt von Judah Smith, Pastor der Gemeinde „Churchome“ bei Seattle im US-Bundesstaat Washington. Auch in Los Angeles finden monatlich Gottesdienste dieser Kirche statt. Viele amerikanische Prominente haben Kontakt zur Gemeinde und zu ihrem Pastor, weshalb die Kirche auch oft „Prominenten-Megachurch“ genannt wird.

Gedanken zu Psalm 8

Auf dem Track ist Smith zu hören, wie er zur Gemeinde erst über ein Leben in Lust spricht und dann über den Psalm 8. „Der Geist Gottes sagt: ‚Ich werde Dir Wünsche einflößen nach dem, was du hast’“, heißt es in der Predigt, die nur von sanfter Klaviermusik unterlegt ist. „Er arbeitet in deinem Herzen, wenn Du nach ihm rufst und ihm sagst: ‚Ich bin hier, tu es.’“ Dann betet der Pastor: „Hilf mir, das zu wollen, was ich habe. Hilf mir, das zu lieben, was vor mir ist. Hilf mir, Gott, ein Mann der Liebe zu sein, nicht der Lust.“

Schließlich spricht Smith über Psalm 8. „Ich wachte heute Morgen auf, und Gott sagte: Öffne deine Bibel-App. (…) Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“ Pastor Smith fügt hinzu: „Verglichen mit all dieser kosmischen Pracht, warum willst du dich mit so mickrigen Dingen abgeben, Mensch? Du bist der Schöpfer der Sterne, du hast den Ozean gemacht, du hast die Wale erschaffen und die Nashörner. Wer bist du?“

In Vers 5 heiße es: „Du hast den Menschen wenig niedriger gemacht als Elohim. Das ist der Name des Schöpfergottes, des Künstlergottes.“ Smith fügt hinzu: „Heute Abend, bevor du ins Bett gehst, sage: ‚Yo, Elohim‘, und er wird hören. ‚Du bist der beste Künstler überhaupt‘.“

Unter vielen Fans hat die Predigt Verstörung ausgelöst. Viele schrieben in den Sozialen Medien, das neue Album von Lana Del Rey sei insgesamt gut, doch den Track mit der Predigt würden sie immer vorspulen. Andere machten sich Sorgen, die Sängerin könnte Opfer einer Gehirnwäsche geworden sein. Häufig wurde bemerkt, dass der Track vor allem bei homosexuellen Menschen auf Ablehnung stoßen könne.

Denn Smith steht im Verdacht, homophob zu sein. Im Jahr 2005 veröffentlichte die Zeitung Seattle Post-Intelligence einen Artikel, laut dem Smith über Homosexualität gesagt hatte: „Es ist eine Sünde, so wie Mord, Vergewaltigung oder mit deiner Freundin zusammenleben.“

Der 44-jährige Smith gilt als hipper Influencer-Pastor, auf Instagram folgen ihm mehr als 700.000 Menschen; seine Predigten hören über 300.000 Menschen über die Smartphone-App der Gemeinde. Zu seinen Freunden gehören Prominente wie der Popstar Justin Bieber und der Quarterback der Seattle Seahawks, Russell Wilson, die beide sehr gläubig sind. Gegründet hat die Gemeinde 1992 Smith‘ Vater Wendell Smith. Der Name „Churchome“ setzt sich zusammen aus den Wörtern „Church“ (Kirche) und „home“ (zu Hause).

Katholische Gemeinde und Kirchenchor

Lana Del Rey, die ihren Künstlernamen nach einem Ort namens Delray Beach in Florida auswählte, arbeitete im Teenager-Alter als Fotomodell. Ab ihrem 18. Lebensjahr war sie als Sozialarbeiterin in New Yorker Heimen für Obdachlose und Alkoholiker tätig. 2008 machte sie den Bachelor of Arts in Philosophie. Sie habe bis zu ihrem 23. Lebensjahr in einem katholischen Umfeld gelebt, sagte die Künstlerin in einem Interview mit dem Magazin Rolling Stone. Sie war Mitglied des Kirchenchors.

Ihr erstes Album erschien 2010, ihren Durchbruch hatte die Sängerin mit dem Lied „Video Games“ 2011. Das Album „Born to Die“ war eines der bestverkauften Alben des Jahres 2012. Sehr erfolgreich war Del Rey 2012 zudem mit dem Song „Summertime Sadness“. In ihren Texten geht es oft um Melancholie, Sex und metaphysische Gedanken. In „Chemtrails Over the Country Club“ sang sie 2021: „Es ist nichts Falsches daran, über Gott nachzudenken“. Der Song „Tulsa Jesus Freak“ beginnt mit der Zeile: „Man sollte ganz nah an Jesus dran bleiben“.

In einem Interview 2021 sagte sie gegenüber dem Rolling Stone: „Ich habe schon immer eine Menge religiöser Anspielungen verwendet. Ein häufiges Missverständnis ist, dass ich die als Klischee nutze. Aber ich habe, bis ich 23 war, in einem streng religiösen Umfeld gelebt, ich habe das also immer im Hinterkopf.“ Sie habe immer „das große Ganze vor Augen“: „Warum wir hier sind, was wir hier tun.“ Sie interessiere sich jedoch auch für Hellseherinnen, Heilerinnen und Pflanzenheilkunde, sagte sie weiter.

Im Song „The Grants“ (benannt nach ihrem Familiennamen) auf dem neuen Album singt Del Rey, begleitet von einem Gospelchor, über den Tod ihrer Geliebten und dass sie über Erinnerungen mit ihnen verbunden sei. Sie fragt: „Denkst Du über den Himmel nach? Und über mich?“ Dann singt sie: „Mein Pastor hat gesagt, wenn du weggehst, ist alles, was du mitnehmen kannst, Erinnerungen.“

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen