Studie: Asylverfahren verletzt Menschenwürde von Konvertiten

Christliche Konvertiten werden häufig in Asylverfahren ihrer Menschenwürde beraubt. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Open Doors, einem christlichen Hilfswerk, das sich weltweit für verfolgte Christen einsetzt.
Von PRO
Menschen hinter einem Zaun

Das christliche Hilfswerk Open Doors wirft den deutschen Behörden vor, in zahlreichen Asylentscheidungen die Religionsfreiheit und damit die Menschenwürde der Antragsteller zu verletzen. Damit verstießen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die zuständigen Verwaltungsgerichte (VG) gegen Artikel 1 des Grundgesetzes. Die Asylbewerber, die in der Studie berücksichtigt werden, sind zum christlichen Glauben konvertiert. Alle von ihnen seien ehemalige Muslime und damit in besonderer Weise vom deutschen Staat zu schützen, da ihnen schwere Strafen drohten, müssten sie in ihre vom Islam geprägte Heimat zurückehren.

Dies geschieht der Studie zufolge jedoch häufig nicht. Sie offenbart, dass die Entscheider sowohl den konvertierten Antragstellern als auch den Geistlichen misstrauen, die die Asylbewerber in ihren Kirchen betreuen. Pfarrer und Pastoren können diesen Glaubensbescheinigungen ausstellen, die den Entscheidern vorgelegt werden. Diese Gutachten geben über das Glaubensleben der Antragsteller Auskunft und dienen als Entscheidungsgrundlage für das weitere Asylverfahren.

Die Studie von Open Doors zeigt, dass diese Bescheinigungen jedoch nur in sehr geringem Maße berücksichtigt werden: Von den in der Studie erfassten 5.207 Konvertiten erhielten demnach 3.445 eine Ablehnung durch das BAMF oder zuständige VG, obwohl sie eine Glaubensbescheinigung vorweisen konnten. 99 Konvertierte wurden abgeschoben. An der Studie beteiligten sich bundesweit 133 landes- und freikirchliche Gemeinden sowie zwei evangelische Allianzen. Diese gaben in Fragebögen darüber Auskunft, wie viele Konvertiten ihre Gemeinden besuchten und wie viele von deutschen Asylbehörden trotz Glaubensbescheinigung ihrer Gemeinde abgelehnt wurden. Alle Fälle beziehen sich auf die Jahre 2017 bis Mai 2021.

Uneinheitliches Vorgehen

Vergleicht man die Zahlen der Bundesländer, erkennt man große Unterschiede: Im Norden und Osten machten die Konvertiten und ihre Gemeinden oftmals schlechtere Erfahrungen mit den Behörden als etwa in Hessen und Bayern. Open Doors kritisiert diese uneinheitlichen Entscheidungen. Die Befragung der Gemeinden legt nahe, dass die Behörden offenbar willkürlich oder nach intransparenten Kriterien über Asylanträge von Konvertiten entscheiden.

Die meisten Konvertiten, um die es in der Studie geht, kommen aus dem Iran, Syrien, Afghanistan, Pakistan und dem Irak. Diese Länder befinden sich auf dem von Open Doors jährlich herausgegebenen Weltverfolgungsindex sehr weit oben. Der Index zeigt eine Rangliste der 50 Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt und diskriminiert werden. Iranische Staatsbürger beispielsweise, die sich vom Islam abgewandt und dem christlichen Glauben zugewandt haben, müssten mit schweren Strafen rechnen, sollten sie in ihre Heimat zurückkehren, erklärt das Hilfswerk. Im schlimmsten Fall könnten Iraner für ihre Konversion mit dem Leben bezahlen. Zwar gebe es laut Open Doors „einige schwarze Schafe“, die ihre Konversion aus asyltaktischen Gründen lediglich vortäuschten. Dies seien jedoch Einzelfälle, die nicht zu einem Generalverdacht und Misstrauen gegenüber tatsächlich konvertierten Asylbewerbern führen dürften.

Open Doors stellt zudem fest, dass die häufig verheerende Lage konvertierter Christen in den Herkunftsländern von deutschen Entscheidern falsch eingeschätzt werde. Oftmals stützten sich die Ablehnungsbescheide auf ältere Urteile oder nicht mehr aktuelle Länderberichte des Auswärtigen Amtes, die die aktuelle Situation der Christen in den betroffenen Ländern nur unzureichend berücksichtigten. Open Doors bezeichnet dies als „weder nachvollziehbar noch hinnehmbar“.

Forderung: „Umdenken“ und mehr Vertrauen in Kirchen

Des Weiteren stellt die Studie fest, dass in den vergangenen Jahren immer weniger Konvertiten einen Schutzstatus durch das BAMF erhielten. Dies werfe Open Doors zufolge Fragen an der Entscheidungspraxis des Amtes auf und führe dazu, dass sich die Verwaltungsgerichte mit tausenden Fällen beschäftigen müssten.

Mit der Studie möchte Open Doors ein „Umdenken“ in den Asylverfahren bewirken: Die Situation der Konvertiten, die oftmals Traumata und andere schwere Erlebnisse zu bewältigen hätten, müsse sich in Deutschland verbessern. Dazu fordert Open Doors, dass sich „die offensichtlich mangelnde Vertrauensbasis der Politik zu den Geistlichen aller Kirchen und zu den christlichen Konvertiten“ wieder stärken müsse. Die Bescheinigungen der Pfarrer und Pastoren, die Auskunft über das Glaubensleben der Konvertiten geben, müssten als „Expertengutachten“ behandelt und stärker in die Entscheidung miteinbezogen werden. Außerdem müssten die Länderberichte des BAMF aktualisiert werden, um die verschärften Situationen der Konvertiten in ihren Herkunftsländern richtig abzubilden. „Dringender Verbesserungsbedarf“ bestehe auch in der insgesamt sehr unterschiedlichen Handhabung der Asylanträge.

Von: Ellen Fritsche

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