Meinung

Muslime, unsere Werte und überflüssige Formulierungen

Für die CDU gehören diejenigen Muslime zu Deutschland, „die unsere Werte teilen“. Was für eine Binsenweisheit.
Von Nicolai Franz
Das Konrad-Adenauer-Haus

Kaum ein Satz eines Bundespräsidenten hat jemals so polarisiert wie dieser: „Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“, hatte Christian Wulff gesagt.

Schon 13 Jahre sind seither vergangen. Und noch immer trägt Wulff einen Ausdruck seiner Rede bei sich, weil er weiterhin darauf angesprochen wird, verriet er der „Zeit“. Meistens wird er für diesen Satz kritisiert. Das ehemalige Staatsoberhaupt zückt dann die Rede und weist auf einen weiteren Satz hin, in dem es darum geht, dass alle Menschen unsere Spielregeln akzeptieren müssen:

„Wer das nicht tut, wer unser Land und seine Werte verachtet, muss mit entschlossener Gegenwehr aller rechnen – das gilt für fundamentalistische ebenso wie für rechte oder linke Extremisten.“

Ich hielt diesen Satz „der Islam gehört zu Deutschland“ immer für problematisch. Vor allem deshalb, weil er so vage ist: Welcher Islam ist denn gemeint? Was bedeutet „gehört“? Ist mit „gehört“ gemeint, einfach – wertfrei – ein Teil dieses Landes zu sein, so wie alles andere in diesem Land eben auch zu Deutschland „gehört“? Oder bedeutet „gehört“, dass Deutschland etwas fehlen würde, wenn der Islam in Deutschland nicht mehr existieren würde?

Jedenfalls hat die Wirkungsgeschichte dieses Satzes so weite Auswirkungen, dass er sich auf den nun vorliegenden Entwurf des CDU-Grundsatzprogrammes (lesen Sie hier eine ausgezeichnete Analyse dazu) ausgewirkt hat. Dort heißt es: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Muslimische Verbände reagierten gereizt auf diese Formulierung, weil sie sich ausgegrenzt fühlen. Bei Juden und Christen gibt es diese Einschränkung „die unsere Werte teilen“ nämlich nicht.

Gehört der Islam zu Deutschland?

Dabei ist es doch eine Binsenweisheit, dass nur diejenigen Menschen willkommene Mitglieder der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind, die diese nicht gleichzeitig ablehnen. Von allen Menschen, die hier leben, muss unser Staat verlangen, dass sie sich integrieren. Natürlich gibt es unter Muslimen größere Integrationsprobleme als unter Angehörigen zum Beispiel des Christentums, was sich diese Woche abermals im „Religionsmonitor“ gezeigt hat (hier geht’s zum Artikel).

Trotzdem gilt das „die unsere Werte teilen“ für alle Bürger, nicht nur für Muslime. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Und daher ist es verständlich, wenn gerade die Muslime, die sich integrieren und dazugehören wollen, durch eine solche Formulierung ausgegrenzt fühlen.

Eine ganz andere, komplexere Frage ist, ob der Islam selbst als Religion zu Deutschland gehört, ob er mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung kompatibel ist – und welcher Islam gemeint ist. Dem politischen Islam jedenfalls erteilt die CDU offenbar eine Absage. Gut so.

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