„Mit Rendite Gutes tun“

Der Finanzexperte Christian W. Röhl ist bei Geldanlagen mit Ethik-Versprechen zurückhaltend. Er hat einen anderen Rat.
Von Norbert Schäfer
Christian W. Röhl

PRO:  Wie bewerten Sie Fonds, die damit werben, sich an biblischen ­Kriterien oder Nachhaltigkeit zu orientieren?

Christian W. Röhl: Ich halte das für sehr verkaufsfördernde Narrative. Menschen, die nicht allzu genau hinschauen, sehen da den Fonds-Namen Bibl und denken: „Das kann ja was sein“, wenn sie gemäß ihrer Glaubensprinzipien investieren möchten. Bei all diesen Themen-ETFs – egal ob es Bibl ist, SRI, ESG, ein Index aus der islamischen Welt, oder Climate Change – muss man jedes Konzept einzeln prüfen bis ins Detail. Bei diesen Finanzprodukten greifen gewisse Ausschlusskriterien. Unternehmen, die diese Kriterien nicht erfüllen, kommen nicht in den ETF. Was passiert mit dem Rest, denen, die die Kriterien erfüllen? Kommen die alle rein, oder davon wieder nur die Besten?

Und wer es ganz genau wissen will?

Wem dieses Thema so wichtig ist – also wem es nicht nur darum geht, zwei, drei Branchen auszuschließen, damit man ein gutes Gewissen hat – sollte mit Einzel­aktien agieren. Immer im Bewusstsein: Je höher die eigenen Maßstäbe sind, die man an Unternehmen anlegt, desto weniger Unternehmen bleiben am Ende für eine Investition übrig. Und umso riskanter wird ein Portfolio, weil man ­bestimmte Diversifikationen und Potenziale nicht mehr nutzen kann.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Es gibt Investoren, die schließen Öl aus, fossile Brennstoffe und Bergbau. Sie können dann zwar sagen: Mein Portfolio ist ökologisch gut aufgestellt. Auf der anderen Seite haben sie dadurch momentan kaum Möglichkeiten, ihr Portfolio direkt durch Investments in Öl- und Industriemetall­aktien gegen die Inflation abzusichern.

Rüstung ist in vielen ethisch aufgestellten Fonds auch ein Ausschlusskriterium.

Die Diskussion um Waffen ist aus ESG-Sicht höchst spannend. Waffen sind oft das erste, was bei nachhaltigen Fonds rausfällt. Das sieht alles sehr ethisch aus. Jetzt stellen wir aber fest: Wenn es keine Waffen gäbe, die ja irgendjemand auch herstellen muss, wäre die Ukraine nicht in der Lage gewesen, sich zu verteidigen und wäre bereits überrannt worden von den Russen. Das zeigt, dass dieses formel­hafte Ausschließen, dieses Gut-Böse-Schema sehr kritisch ist.

Gilt das auch für den Energie-Sektor?

Natürlich. Kernkraft ist böse, fossile Brennstoffe auch. Aber wo soll denn die Energie herkommen? Ja, man soll die Energie aus Wind und Sonne gewinnen. Wem Bewahrung der Schöpfung ein Anliegen ist, der muss sagen, dass es nicht richtig sein kann, eine schwarze Suppe aus der Erde zu pumpen, sie aufwendig zu raffinieren, zu transportieren, um sie irgendwo anders zu schwarzem Rauch zu verbrennen. Aber wir müssen auch so realistisch sein, dass Solarenergie eben auch nicht zu 100 Prozent gut ist, denn irgendwoher müssen die Module kommen. In China werden, nach allem, was wir wissen, Menschen zur Zwangsarbeit herangezogen. Wer will Zwangsarbeit? In einem Windrad stecken mehrere Tonnen Kupfer. Das muss aus dem Boden kommen. Da sind wir wieder beim bösen Bergbau. Man muss wirklich schauen, ob diese Ausschlusskriterien sinnvoll sind, oder ob man sich nicht gepflegt in die Tasche lügt.

Was raten Sie?

Ich glaube generell, dass der Privatan­leger wesentlich besser bedient ist, wenn er seine eigenen Moralvorstellungen durch Konsum oder Spenden im Alltagsleben ausdrückt, statt bei der Geldanlage. Wer Rendite erzielt, kann damit Gutes tun und Geld ganz gezielt dort einsetzen, wo man wirklich sieht, dass es einen positiven ­Beitrag leistet.

Vielen Dank für das Gespräch!

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