Misereor: Unsere Art zu leben führt weltweit zu Ungleichheit

Das katholische Hilfswerk Misereor appelliert an die Bundesregierung, deutsche Interessen nicht auf dem Rücken des globalen Südens durchzusetzen. Denn viele Probleme würden von europäischer Politik verursacht.
Von Martin Schlorke

Die europäische Finanz- und Handelspolitik trage eine Hauptschuld an der Ernährungskrise im globalen Süden. Das sagte der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, am Dienstag in Berlin. Denn weltweit seien genügend Lebensmittel vorhanden. Diese würden aber entweder in der Massentierhaltung als Futter eingesetzt werden oder sind schlicht für Menschen nicht bezahlbar. Deshalb herrsche anstatt einer Lebensmittelknappheit vielmehr eine „Bezahlknappheitskrise“.

Spiegel betonte, dass aktuelle Krisen wie der Krieg in der Ukraine oder die Auswirkungen der Corona-Pandemie zwar die Krise verschärfen würden, aber längst nicht die einzige Ursache sind.

Miseror fordere daher, dass die Versorgung von Menschen mit Lebensmitteln Vorrang vor der Verwendung von Tierfutter haben sollte. In Deutschland landeten fast 60 Prozent der Getreideernte in Futtertrögen von Viehbetrieben, kritisierte Spiegel. Zudem müssen Länder im globalen Süden unabhängiger von Lebensmittelimporten gemacht werden. Zusätzlich fordert das Hilfswerk einen Schutz von Böden und Gewässern und einen „umfassenden Schuldenerlass“ für Länder im globalen Süden. Es gehe darum, „das gesunde Überleben künftiger Generationen und die globale Artenvielfalt zu sichern“.

Sondervermögen für Entwicklungshilfe

Die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, erinnerte auf der Pressekonferenz an das Menschenrecht auf Ernährung. Sie sieht die Europäische Union und insbesondere Deutschland in der Verantwortung, eine Führungsrolle zu übernehmen.  

Für die Verwendung eines Teils des 100 Milliarden Euro Sondervermögens für Konfliktbewältigung plädierte der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe (KZE), Prälat Karl Jüsten. Der Blick auf den Entwicklungshaushalt der Bundesregierung bereite ihm Sorge. Außerdem bemängelte er, dass das Thema der Entwicklungspolitik mehr und mehr aus dem Blick der Öffentlichkeit und der Medien gerate.

Misereor stellte auch das Geschäftsjahr 2021 vor. Im Vergleich zu 2020 verzeichnete das Hilfswerk einen Rückgang der Spenden von 3,8 Millionen Euro auf 63,1 Millionen Euro. Insgesamt belief sich das Jahresbudget 2021 auf 247 Millionen Euro (Vorjahr: 218,1 Millionen Euro). Ursächlich für den Anstieg ist eine Erhöhung der öffentlichen Mittel um 30 Millionen Euro.

Auf Nachfrage erklärte Spiegel, dass es „einige“ Spender gebe, die aufgrund des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche keine finanzielle Unterstützung mehr leisten.  

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Eine Antwort

  1. Ich bin gegen Entwicklungshilfe. Es unterstützt Korruption, das Land China, in dessen Abhängigkeit wir stehen, bekommt Entwicklungshilfe, wobei die Geldmenge unerheblich ist. Allein die Tatsache ist ein Skandal. In Afrika fällt alles in den Urzustand zurück, wenn die Unterstützer das Land verlassen. Dort braucht es eine Bildungsinitiative . Ausserdem passiert dort dasselbe, was auch bei uns der Fall ist: Ware aus dem Ausland unterbietet die einheimischen Preise. Ich wüsste gerne, woran das liegt, Äpfel aus Neuseeland z.B. sind ein Drittel billiger als einheimische.

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