Merkel: „Gottvertrauen hat mir in schwierigen Situationen oft geholfen“

Am Donnerstag hat Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Kirchentag eine Bibelarbeit gehalten. Darin sprach sie über Krisen ihrer Regierungszeit – mit einem Hauch Selbstkritik.
Von Martin Schlorke
Angela Merkel

Unter tosendem Applaus hat Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Bibelarbeit auf dem Kirchentag in Hannover gehalten. Darin betonte sie, wie wichtig ihr der christliche Glaube während ihrer Kanzlerschaft war. In schwierigen Situationen habe ihr Gottvertrauen „oft geholfen“ und gelehrt, dass Notsituationen nicht ausweglos sind. Das galt insbesondere für Situationen, die nicht abzusehen waren. Politik mache häufig Pläne wie etwa Koalitionsverträge, fuhr sie fort. Diese würden jedoch nicht weniger oft von der Realität durchkreuzt. In ihren Amtszeiten sei die Finanzkrise so etwas Unvorhersehbares gewesen.

Und auch die Flüchtlingskrise sei nicht absehbar gewesen. Doch durch ihr Gottvertrauen habe sie gewusst, dass „wir das schaffen“. Sie sei sich auch sicher gewesen, dass es viele Menschen in Deutschland gibt, die in einer solchen Notsituation helfen können. „Darauf können wir stolz sein.“

Dennoch betonte Merkel, dass man im Umgang mit den Flüchtlingen besser werden müsse. Die Menschen, die kein Bleiberecht haben, müssten das Land verlassen.

Besonders herausfordernd sei für sie die letzte Krise ihrer Amtszeit gewesen: die Corona-Pandemie. Gerade für sie als Christin aus der DDR sei die Entscheidung, Freiheitsrechte einzuschränken, schwierig gewesen. Eine „absolute furchtbare und unpraktikable Idee“ sei die Osterruhe gewesen, gab Merkel zu. Damals sollten zur Bekämpfung der Pandemie das öffentliche, wirtschaftliche und private Leben stark heruntergefahren werden. Kurze Zeit nach der Verkündigung der Osterruhe und aufgrund großer Kritik ruderte Merkel zurück.

„Spektakuläre Bibelstelle“

In Predigttext ging es um die Heidin aus Tyrus, deren Tochter von einem Dämon befallen war (Markus 7,24-30). Doch als die Frau bei Jesus Hilfe suchte, habe er sie zunächst abgewiesen. So kenne man Jesus eigentlich gar nicht, sagte Merkel. Doch die Frau ließ nicht locker, sondern widersprach Jesus. Dieser sei jedoch nicht beleidigt gewesen und habe die Tochter schließlich geheilt.

Merkel zeigte sich beeindruckt von der Frau. Diese habe im Angesicht einer Autorität, nämlich Gottes Sohn, sich nicht unterwürfig gezeigt, sondern im Verständnis ihres Glaubens Widerwort gegeben. Die Frau aus Tyrus sei überzeugt von ihrem Anliegen gewesen. Aus Sicht von Merkel sei diese Bibelstelle „spektakulär“, weil Jesus von der Frau lerne. Er lasse sich von der Argumentation der Frau überzeugen. Auch wenn Jesus Gottes Sohn ist, mit samt seiner göttlichen Möglichkeiten, sei er doch auch Mensch.  Diese These müsse sie aber noch mit Theologen ausdiskutieren, sagte sie mit einem Lächeln.

Auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag treffen sich von Mittwoch bis Sonntag Protestanten, um aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft zu diskutieren und geistliches Leben zu teilen. Unter den 1.500 Veranstaltungen finden sich Vorträge, Gottesdienste, Workshops und Podiumsdiskussionen. Ziel der Veranstaltung ist es laut den Organisatoren, aktuelle gesellschaftliche Fragen aus christlicher Perspektive zu diskutieren.

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen