Mehr Aufklärung über Mediensucht bei Kindern gewünscht

Kinder und Jugendliche sind in Pandemie-Zeiten im Schnitt täglich 258 Minuten online. Dabei sehen sie in der Mediensucht durchaus ein Problem, wie der neue Kinderreport zeigt.
Teenie, Jugendliche, Smartphone, Handy, digitale Medien

90 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 95 Prozent der Erwachsenen in Deutschland wünschen sich in der Schule eine stärkere Aufklärung über Mediensucht. 84 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 74 Prozent der Erwachsenen plädieren zudem dafür, dass Medien, die süchtig machen können, entsprechend gekennzeichnet werden, wie aus dem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes hervorgeht. Auch müssten Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert und Therapie- sowie Beratungsangebote ausgebaut werden.

Für den diesjährigen Kinderreport mit dem Schwerpunkt Mediensucht wurden im Januar 669 Kinder und Jugendliche sowie 1.023 Erwachsene befragt. Fast alle (94 und 93 Prozent) sehen Familien und Eltern in der Verantwortung, um Mediensucht entgegenzuwirken. Für eine große Mehrheit sind auch die Nutzer selbst verantwortlich (jeweils 90 Prozent), ebenso Plattformen wie Facebook und Instagram oder Onlinespiele-Anbieter (80 und 81 Prozent).

Jedes zweite Kind hat Erfahrung mit Mediensucht gemacht


Die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen gibt an, dass sie selbst oder Freunde in ihrem Umfeld Erfahrungen mit Mediensucht gemacht haben. Als Indikatoren für Mediensucht werden der Verlust von Kontrolle über das eigene Medienverhalten sowie die Vernachlässigung anderer Lebensbereiche wie Arbeit oder Schule genannt.

Eine Mehrheit von Kindern und Erwachsenen beklagt zudem zu wenig Beratungs- und Hilfsangebote für Betroffene. Verbote werden dagegen nicht als Lösung angesehen. So finden 38 Prozent der Kinder und Jugendlichen und nur 27 Prozent der Erwachsenen, dass Medien, die süchtig machen können, verboten werden sollten. Für ein Smartphone-Verbot für Kinder unter 14 Jahren sprechen sich weniger als 20 Prozent aus.

Die Ergebnisse des Kinderreports zeigten sehr deutlich, dass professionelle Beratung und Hilfe zum Thema Mediensucht dringend benötigt werden, sagte der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger. Dafür sei ein bundesweit flächendeckendes Netz an Präventions- und Therapieeinrichtungen unabdingbar.

Staatssekretärin: „Anbieter haben besondere Verantwortung“

Damit Therapien aber gar nicht erst nötig würden, brauche es einen ganzheitlichen Ansatz von Fortbildungen und Beratungsangeboten, sagte Krüger. Zudem müssten stärker die Anbieter in Verantwortung genommen werden, beispielsweise bei der Alterskennzeichnung.

Krüger warnte aber davor, etwa den Gaming-Bereich pauschal als Suchtmacher abzuurteilen. „Nicht alles, was dort gemacht wird, ist des Teufels“, sagte er. Die Gaming-Branche sei eine Wachstumsbranche mit vielen positiven Innovationen. „Aber Selbstreflexion muss es in der Branche natürlich auch geben“, sagte Krüger.

Die Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, Juliane Seifert, verwies auf entsprechende Neuerungen im Jugendschutzgesetz, das nach 20 Jahren überarbeitet wurde: „Es kann nicht allein Aufgabe der Eltern sein, ihre Kinder vor exzessiver Mediennutzung zu schützen. Anbietern kommt hier eine besondere Verantwortung zu.“ Mit dem neuen Jugendschutzgesetz seien sie erstmals zu wirksamen Vorsorgemaßnahmen verpflichtet.

epd
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