Liebe SPD, wie hältst du’s mit der Religion?

Heute feiert die SPD Geburtstag und schaut auf eine 160-jährige Geschichte zurück. Das Verhältnis zur Religion war lange mehr als schwierig. Doch es hat sich viel gewandelt.
Von Johannes Schwarz
SPD Symbolbild

Am 23. Mai 1863 gründete sich die SPD in Leipzig. Somit ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands die älteste Partei der Bundesrepublik. Doch wie steht die SPD zur Religion?

Der Ursprung und die Prägung der SPD liegen auch in der frühen Arbeiterbewegung und in der Religionskritik der materialistischen französischen Aufklärungsphilosophen, etwa bei Ludwig Feuerbach und Karl Marx.

Einer der Urväter der SPD, August Bebel, erklärte einst, das Christentum und der Sozialismus seien „wie Feuer und Wasser“. Das Verhältnis war dementsprechend spannungsvoll. Politik sollte Religion überflüssig machen, denn das gesellschaftliche Leben könne auch moralisch handeln.

Doch ignorieren konnte die SPD religiöse Gruppen, vor allem christliche Kirchen, nicht. Die Landeskirchen suchten stets den Kontakt in die Politik. Zwischen 1890 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 kam es allerdings verstärkt zu Spannungen zwischen der SPD und den Kirchen. Zwar gab es auch immer religiöse Sozialisten, dennoch hatten sie kaum einen Einfluss auf die Partei und deren Politik.

Der Zweite Weltkrieg brachte Annäherung

Der Zweite Weltkrieg änderte das Verhältnis deutlich. Während des Krieges machten Mitglieder der SPD und Christen oftmals gleiche Erfahrungen, wenn sie sich gegen das nationalsozialistische Regime wehrten. Sie wurden verfolgt und teilweise ermordet. Nach dem Krieg kam es zur Annäherung, als sich sowohl die SPD als auch Christen landesweit für Menschenwürde und Gerechtigkeit einsetzten. Gemeinsam erneuerte man die Beziehungen und fasste gemeinsame Ziele ins Auge.

Christliche Politiker erhielten allmählich mehr Einfluss. So etwa versammelte Gustav Heinemann, der später EKD-Ratsvorsitzender und Bundespräsident war, einen protestantischen Flügel um sich. Die Beziehungen zur evangelischen Kirche entspannten sich zusehends. Allerdings brauchte es weit in die 1950er Jahre, bis sich auch die Beziehungen zur Katholischen Kirche verbesserten.

Breite Anerkennung durch das „Godesberger Programm“

Im Jahr 1959 verabschiedete die SPD auf ihrem Parteitag das bekannte „Godesberger Programm“. Erstmals bekräftigte die deutsche Sozialdemokratie die Bedeutung von Kirchen und Religionsgemeinschaften. „Der Sozialismus ist kein Religionsersatz“, heißt es in der Erklärung. Sie erkannte den öffentlich-rechtlichen Schutz an. Folgend wuchsen mehr Kontakte der SPD in die Kirchen, auch in die katholische. 1964 empfing der Vatikan erstmals eine sozialdemokratische Delegation.

Unter Willy Brandt richtete die SPD zwei parteiinterne Kirchenreferate ein. Der Kontakt zu Kirchen und weiteren gesellschaftlich relevanten Gruppen sollte ausgebaut werden. Dies tat die SPD nicht uneigennützig, denn sie erkannte, dass sie vermehrt auch kirchlich gebundene Wähler hatte.

Mit der Zeit entwickelte die SPD strukturell sowie persönlich vertiefende Kontakte in die Kirchen. Besonders der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau oder der einstige Bundesminister Hans-Jochen Vogel sind hier zu nennen.

Seit 2008 christlicher Arbeitskreis

In der Sozialdemokratie entstand ein lockerer Zusammenschluss ehrenamtlich Engagierter, die den „Arbeitskreis Christinnen und Christen in der SPD“ gründeten. 2008 wurde der mittlerweile ökumenische Arbeitskreis vom SPD-Parteivorstand offiziell anerkannt. Der Arbeitskreis trifft sich in der Regel einmal jährlich zur inhaltlichen Jahrestagung. Der Kreis fördert den Austausch mit den Kirchen und bietet den Christen in der SPD einen Raum, um zu netzwerken. Der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, ist Mitglied des christlichen Arbeitskreises.

Der Bedeutung der Religion innerhalb und für die SPD hat 160 Jahre nach ihrer Gründung deutlich zugenommen. Dies lässt sich auch an ihrer Mitgliederschaft erkennen. 2022 waren 47 Prozent der Sozialdemokraten evangelisch und 23 Prozent katholisch. Zwei Prozent gaben an, einer anderen Konfession anzugehören, während 28 Prozent konfessionslos sind.

Dass vergangenes Jahr die SPD den „Arbeitskreis Säkularisierung und Humanismus“ eingesetzt hat, knüpft sicher an die Parteihistorie an. Doch seit der Gründung 1863 hat sich die SPD den Religionen und besonders den christlichen Kirchen geöffnet. Die SPD versteht sich laut eigener Darstellung als weltanschaulich-plurale Partei. Der Weg dorthin verlief mit Spannungen, dennoch zeigt sie sich historisch anschlussfähig für Religionen.

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