Kommunikationsexperte: Verbot russischer Staatsmedien ist falsch

Der Kommunikationswissenschaftler Christian Hoffmann hält das Verbot der russischen Sender Russia Today und Sputnik für falsch. Der Westen schade sich damit selbst.
Von Norbert Schäfer
Wladimir Putin zu Besuch bei Russia Today

Das Verbot der russischen Staatsmedien Russia Today (RT) und Sputnik als Teil der Sanktionen gegen Russland durch die EU hat der Professor für Kommunikationsmanagement an der Uni Leipzig, Christian Hoffmann, als Fehler bewertet. Die Ukraine werde angegriffen, weil sie in den Augen Putins als Beispiel für westliche Werte wie Freiheit und Demokratie gelte. „Wenn der Westen jetzt Medien verbietet, sendet er eine widersprüchliche Botschaft“, erklärte Hoffmann in einem Interview mit dem Branchendienst Kress-Report.

Hoffmann ist der Meinung, dass RT und Sputnik in erster Linie Propaganda verbreiten. Dass von den Sendern „unwahre Informationen mit einer Schadensabsicht“ verbreitet würden, sei „sehr schwer zu messen und zu identifizieren“. Aus dem Grund hält der Kommunikationsmanager „regulatorischen Maßnahmen“ oder Verbote für schwierig. Zudem würden die Verbote mögliche Gegenmaßnahmen von russischer Seite rechtfertigen.

„Wenn der Westen russische Medien verbietet, verbietet Russland mit Hinweis darauf westliche Medien in Russland“, erklärte Hoffmann. Putin könne die EU-Verbote „propagandistisch ausschlachten“. Die russische Bevölkerung sei aber gerade „auf westliche Medien angewiesen, um die Wahrheit über die Ereignisse in der Ukraine zu erfahren“. Der Westen müsse Interesse daran haben, der russischen Bevölkerung Zugang zu westlichen Medien weiter zu ermöglichen.

Überlegungen, Russen den Zugang zu westlichen Social-Media-Plattformen zu verwehren, hält Hoffmann für grundfalsch. Auch der Blick des Westens in die russischen Propagandamedien schade nicht, weil so erkennbar werde, „wie der Krieg in Russland verkauft“ werde.

Propaganda „systematisch beobachten und richtigstellen“

RT und Sputnik haben nach Aussage Hoffmanns in Europa „eine insgesamt eher geringe Verbreitung“. In den sozialen Medien seien diese Medien dafür „recht aktiv und relativ erfolgreich“. Allerdings fehlten Beweise, „dass sie die Menschen auch überzeugen und in die Irre führen“. Ohnehin informierten die Deutschen sich nicht nur aus einer Quelle, und auch Facebook-Nutzer suchten Informationen in der Regel noch bei anderen Quellen.

Dass Menschen durch die Nutzung sozialer Medien eine bestimmte Prägung erhalten, ist nach Ansicht Hoffmanns fraglich und „sehr unwahrscheinlich“. In dem Gespräch mit Kress-Report rät er, die russische Propaganda „systematisch zu beobachten und richtigzustellen“. Social-Media-Anbieter sollten dazu mit „Fact-Checkern zusammenarbeiten und bestimmte Kanäle mit Warnhinweisen versehen“.

Den russischen Staatsmedien sollten aber Werbe- und Verdienstmöglichkeiten in den sozialen Medien genommen werden, weil sie damit ihre Reichweite erhöhten. „Insgesamt muss der öffentliche Diskurs im Westen aber souveräner werden, was die Gefahr von Desinformation angeht“, sagte Hoffmann. In dem Krieg um Informationen sei die Ukraine ohnehin erfolgreicher als Russland, erklärte Hoffmann und führte „Bilder ukrainischer Zivilisten, die sich russischen Panzern in den Weg stellen oder russische Soldaten umsorgen“, als Beleg an.

Dass Journalisten sich im Einzelfall bei der Berichterstattung über den Krieg von ihren Sympathien mitreißen ließen, wollte Hoffmann nicht ausschließen. „Kriegsberichterstattung ist eine unglaublich anspruchsvolle journalistische Aufgabe, weil es sehr schwer ist, an zuverlässige Informationen heranzukommen, und die Konfliktparteien ein großes Interesse daran haben, ihre jeweiligen Narrative zu verbreiten“, sagte der Wissenschaftler.

Daher sei gegenüber Informationen von allen Seiten Skepsis angesagt. „Die Haltung im Journalismus stimmt diesmal aber mit der in der Bevölkerung überein“, sagte Hoffmann, und weiter: „Bei den Maidan-Protesten im Jahr 2014 waren viele Menschen der Meinung, dass in Deutschland einseitig über den Konflikt berichtet wird.“ Wer in dem Krieg der Aggressor sei und das Völkerrecht breche, sei heute für alle klar.

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3 Antworten

  1. Die russischen Lügengeschichten, die im Inland durchsetzt werden, indem Journalisten ins Gefängnis kommen, wenn sie Krieg „Krieg“ nennen, mit der westlichen Berichterstattung auch nur andeutungsweise gleichzusetzen, passt zu Ihren absurden Meinungsbeiträgen hier im Forum. Es ist schon unappetitlich, zu welch ideologischen Widerwärtigkeiten Sie sich hergeben! SCHANDE!

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  2. Absolut richtig! Danke für den Artikel. Ich hatte mich schon gewundert, dass es scheinbar niemand stört, dass wir RT in Deutschland abgeschaltet und uns damit ein Stück weit auf eine Stufe mit Putin gestellt haben. Die Zensur politisch Andersdenkender ist immer falsch in einer Demokratie. Warum sollten wir nicht die schräge Berichterstattung von RT als Bürger einer Demokratie selber überprüfen dürfen?

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    1. Es gibt hier einen klitzekleinen Unterschied. Hier geht es nicht um „Die Zensur politisch Andersdenkender“, sondern um das Verhindern von gezielt eingesetzten, zerstörerischen Falschmeldungen. Ich bin entsetzt über die Wirkung der – über Jahre durch RT verbreiteten – Falschmeldungen in der russlanddeutschen Gemeinde. Das Ziel von RT und den anderen Falschmeldungen über die sozialen Medien durch die Putin-Clique ist die Zerstörung oder wenigstens Spaltung der Demokratie, die der größte Feind der Diktaturen ist. Wäre eine andere, als „die schräge Berichterstattung von RT“ möglich, wäre ich ganz bei Ihnen, lieber Mat. Aber dem ist leider nicht so. Angesichts dessen ist ein Verbot das kleinere Übel, um größeren Schaden abzuwehren.

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