Kommt die Impfpflicht? Zweimal Nein, einmal Ja und ein Dreistufenplan

In der Diskussion um eine allgemeine Corona-Impfpflicht formieren sich langsam die Lager. Während einige Abgeordnete eine Pflicht strikt ablehnen, legt die Union einen Dreistufenplan vor.
Von Norbert Schäfer
Impfung

Der Deutsche Bundestag hat am 10. Dezember 2021 einen Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP „Zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19“ verabschiedet. 569 der 736 Abgeordneten, darunter auch die Parlamentarier von CDU/CSU, stimmten für das Gesetz einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Das Gesetz verpflichtet Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, bis zum 15. März 2022 geimpft oder genesen zu sein, oder ein ärztliches Zeugnis über das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine Impfung vorzulegen. Die AfD hatte gegen das Gesetz gestimmt, die Linke-Fraktion sich enthalten.

Über eine allgemeine Impfpflicht für alle Bürger gehen die Meinungen allerdings auseinander. Die alte Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte betont, es werde keine Impfpflicht in der Corona-Pandemie geben. Nach der Bundestagswahl 2021 hatte die neue Regierung einen Kurswechsel vollzogen und dies unter anderem damit begründet, dass die Impfkampagne entgegen den Erwartungen nicht erfolgreich genug verlaufen sei und so das Virus nicht dauerhaft einzudämmen ist.

Das soll nach dem Willen der Ampel-Regierung mit einer Impfpflicht erreicht werden. Auch damit wegen neuer Virus-Varianten ein erneuter Lockdown abgewendet werden kann. Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an der Spitze und Karl Lauterbach (SPD) als dem zuständigen Gesundheitsminister haben aber bislang keinen eigenen Gesetzesvorschlag dazu vorgelegt, und wollen das nach Informationen der Tagesschau auch nicht tun. Das sollen die Abgeordneten machen.

Kubicki und Wagenknecht gegen Impfpflicht

Am 26. Januar 2022, also mehr als einen Monat nach der Einführung der Impfpflicht für Pflegeberufe, hatte sich das Parlament im Rahmen eine Orientierungssitzung zur allgemeinen Impfpflicht mit dem Thema beschäftigt. Ergebnis der Debatte: Die Abgeordneten sollen in der sensiblen Frage ohne Fraktionszwang entscheiden.

In der Sitzung hatte die AfD einen Antrag gegen die Impfpflicht vorgelegt – der einzige, der bislang zu dem Thema im Parlament vorliegt. Derzeit arbeiten Medienberichten zufolge verschiedene Abgeordnete mit unterschiedlichen Zielsetzungen an konkurrierenden Gruppenanträgen. Sie sollen in den nächsten Tagen vorgelegt werden.

Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Kubicki und andere Abgeordnete hatten noch vor Weihnachten 2021 einen Gruppenantrag entworfen und sich darin gegen eine allgemeine Impfpflicht positioniert. Der Antrag wird mittlerweile von 50 Abgeordneten unterstützt, darunter auch Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht von der Linkspartei. Er soll noch Mitte dieser Woche eingebracht werden. Der Antrag sieht in der aktuellen Fassung vor, „dass es in der Bundesrepublik Deutschland keine allgemeine Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 geben wird“ und verbindet dies mit dem Appell, dass sich weiter möglichst viele Menschen bestmöglich gegen COVID-19 schützen mögen, indem sie die empfohlenen Angebote einer Coronaschutzimpfung wahrnehmen.

„Impfvorsorgegesetz“ der Union

Die Unionsfraktion arbeitet nach Informationen der Tagesschau an einem „Impfmechanismus“ und einem dreistufigen Plan. Zunächst sollen durch das „Impfvorsorgegesetz“ alle ab 60 Jahren geimpft werden, dann Personen ab 50, danach Beschäftigte der kritischen Infrastruktur und Mitarbeiter in Schulen, Kitas und der Polizei. Wie die Tagesschau berichtet, spricht der Antrag nicht mehr von einer Impfpflicht. Vielmehr will die Union einen Impfmechanismus einführen, der bei Bedarf vom Bundestag stufenweise aktiviert werden kann. Darüber hinaus möchten CDU/CSU ein Impfregister und Strafen für diejenigen, die sich trotz gesetzlicher Pflicht dann nicht impfen lassen wollen.

Nach taz-Informationen arbeitet zudem eine Gruppe um die SPD-Abgeordneten Dirk Wiese und Dagmar Schmidt, den Grünen-Gesundheitsexperten Janosch Dahmen und FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann an einem Antrag. Der fraktionsübergreifende Antrag zielt demnach auf die Notwendigkeit einer allgemeinen Impfpflicht, um eine künftige Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Das Gesetz soll dazu beitragen, „dass auf anderweitige Schutzmaßnahmen und die damit verbundenen Eingriffe in Grundrechte, wie das Recht auf Bildung, […], die freie Ausübung von Kunst und Kultur […] möglichst verzichtet werden kann“, zitiert die taz.

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8 Antworten

  1. Ob eine Impfpflicht überhaupt noch notwendig und sinnvoll wäre darf durchaus bezweifelt werden
    (und das sage ich als selbst geimpft&geboostert).

    s.a. hier:
    „Interview: «Mir fehlt da die Evidenz»:
    Der Lungenarzt und Medizinrechtler Patrick Stais lehnt eine Impfpflicht ab.
    Omikron hat die Lage auf den Intensivstationen deutlich verändert. Eine Impfpflicht würde laut dem Oberarzt aus Moers den Schutz gefährdeter Gruppen nicht erhöhen. Vor diesem Hintergrund plädiert Stais für mehr Eigenverantwortung und weniger Angst. “
    https://www.nzz.ch/international/interview-der-lungenarzt-patrick-stais-lehnt-eine-impfpflicht-ab-ld.1669157

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  2. Wenn ein Gesetz verabschiedet wird soll es auch bis zum Ende gedacht werden, wie z.B. die praktische Umsetzung gewährleistet ist. Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist das offensichtlich nicht geschehen, sie ist nicht umsetzbar ohne das Gesundheitssystem zu gefährden. Das Vertrauen in eine Regierung wird dadurch nicht befördert. Generell stehen die gleichen Probleme bei einer allgemeinen Impfpflicht. Schon jetzt sind Gesundheitsämter nicht in der Lage alle Daten zu bearbeiten.
    Zum anderen gehen die Beurteilungen zur Wirksamkeit und den Auswirkungen der Impfung in den Kreisen der Wissenschaft weit auseinander. Es ist dabei auch keine Lösung einer bestimmten Gruppe von langjährigen Virologen und Medizinern die Wissenschaftlichkeit abzusprechen. Ich als medizinischer Laie bleibe da ratlos zurück und skeptisch. Ich fühle mich eher in einen politisch-ideologischen Konflikt gezogen.
    Aus diesem Grund sollte jedem ein Maß an Eigenverantwortlichkeit zugestanden werden.

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    1. In der Tat, Gesetze müssen umsetzbar und ohne bürokratischen Overkill kontrollierbar sein. Da fehlt es an handwerklichem Geschick und Augenmaß.

      Und die Datenbasis zum Nutzen der Impfungen, der 2.- , 3.- und womöglich 4.-Impfung ist durchaus noch nicht umfassend:
      „Lohnt sich die zweite Auffrischung, der Doppelbooster, oder wird die Pandemie nur verlängert, weil wertvolle Impfdosen verschwendet werden?
      Nachdem Israel und einige andere Länder erste Erfahrungen bei über Sechzigjährigen und Hochrisikopatienten gesammelt haben, bahnt sich eine weitere Impfdebatte an.
      Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat jüngst deutlich gemacht: Erst im letzten Quartal 2022 sei genug Impfstoff vorhanden, um die globale Impfquote – 40 Prozent Doppelimpfung in allen Ländern – zu erreichen.
      „Kein Land kann sich aus der Pandemie herausboostern“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. WHO-Impfexperten warnten zudem vor einer „Überladung“ des Immunsystems
      – allerdings bisher ohne Datenbasis.“
      https://www.faz.net/aktuell/wissen/vierte-corona-impfung-erste-daten-zur-wirkung-der-impfdosis-17753954.html

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  3. @matti
    Auch wenn matti hier den Nachdenklichen gibt, enthält sein Kommentar das übliche falsche und manipulative Narrativ.
    NEIN, über Wirksamkeit und Auswirkungen der Impfung gehen die Urteile der Wissenschaft nicht weit auseinander. Eine so angedeutete fity-fifty-Situation gibt es nur im Schwurbler-Sender ServusTV! In der seriösen Wissenschaft gibt es in Details unterschiedliche Einschätzungen, aber der ganz überwiegende faktenbasierte Konsens in der Wissenschaft spricht sich ganz eindeutig für die Impfung aus.
    Matti bei seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Werfen von Nebelkerzen!

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  4. Carvalho – ebenfalls beim Ausüben seiner Lieblingstätigkeit –
    denken Sie mal drüber nach – Schwurbler-Sender etc.,…und woher nehmen Sie die Gewissheit eines „faktenbasierten Konsens der Wissenschaft“…
    wir alle müssen mehr oder weniger glauben, was uns die „Medienwelt“ präsentiert – ich plädiere doch für etwas mehr Eigenverantwortung bei diesem Thema und das Einsetzen des eigenen Verstandes – immer verbunden mit dem Vertrauen auf einen dreieinigen Gott.

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  5. Die s.g. Querdenkerszene hat gar keine andere Chance, um sich auch kulturell hervor zu tun, als in fremden Revieren zu wildern. Eigene Lieder mit Sinngehalt? Fehlanzeige! Noch nicht einmal eigene Ideen des Widerstands werden entwickelt. Sich der Zeichen zu bedienen, die mit Gewaltandrohungen in engem Zusammenhang standen – wie z.B. der gelbe Judensternaufnäher -, sind nicht nur geschmacklos, sondern zutiefst Menschen verachtend.
    Dass auch vor dem Missbrauch christlicher Liedern nicht Halt gemacht wird, um in digitalen Netzen ihre Lügen zu verbreiten, sollte nicht verwundern. Diese sind nämlich kraftvoll und von einer tiefen Wahrheit geprägt, die die Querdenkerszene selber nicht aufweisen kann.
    Ich respektiere alle Menschen, die sich aus individuellen Gründen nicht impfen lassen wollen und auf das Recht ihrer körperlichen Unversehrtheit bestehen. Es ist sehr bedauerlich, dass sich viele von ihnen von demokratiefeindlichen Elementen haben vereinnahmen lassen. Allerdings fehlt mir eine Idee, wie Impfgegnern (wohlgemerkt nicht Coronaleugnern!) jetzt noch ein brauchbares Forum geboten werden kann – denn sie hätten es verdient, ernst genommen und angehört zu werden. Als Christ würde ich ihnen den respektvollen Umgang jedenfalls nicht verweigern.
    In diesem Zusammenhang sollten übrigens auch die langwierigen Impfnachwirkungen wissenschaftlich fundiert kommuniziert werden, um den für unsere Zivilisation überlebensnotwendigen Impfschutz das nötige Vertrauen zu verschaffen.

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    1. Herr Richter, wer sind für sie „die Querdenker“, die sie hier pauschal angreifen? Bei den Veranstaltungen und Spaziergängen, sehe ich den kompletten Querschnitt unserer Gesellschaft, wie es auch Peter Hahne bei Servus TV bestätigt hat. Es sind ja immerhin ca. zehn bis zwölf Millionen in unserem Land nicht geimpft. Von denen gehen inzwischen halt immer mehr auf die Straße. Einen vernünftigen Grund für eine Impfpflicht gibt es nicht. Aber es gibt wohl eine Agenda hinter der ganzen Corona Veranstaltung. Inzwischen sollte doch jeder mitbekommen haben, dass es hier nicht mehr um unsere Gesundheit geht. Ich empfehle ihnen gehen sie Mal auf eine Demo oder einen Spaziergang, dann können sie sich selbst ein Bild machen .

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  6. Umfassende Aufklärung und kein Impfzwang. Ist den Menschen bekannt was passiert wenn es zu Impfschäden kommt und wann liegt ein Impfschaden vor. Wenn ein Impfschaden eingetreten, möchte der Geschädigte Schadenersatz, und es muss der Geschädigte diesen Schaden nachweisen. Das wird fast unmöglich. Eine geforderte, umfassende Aufklärung vor Impfung erfolgt m.M. nicht wirklich. Wissen die Menschen wohin sie den Antrag auf Schadenersatz senden müssen? Ausserdem wird durch den Impfzwang das Persönlichkeitsrecht eingeschrängt. Ich bin gegen einen Impfzwang.

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