Einheitsbrei bei der Republica?

Die Netzkonferenz Republica will für Horizont-Erweiterung sorgen. Doch der Bundeswehr wurde als Aussteller der Zutritt verwehrt und konservative Journalisten sind bei den Diskussionen auch nicht dabei. Ist das scheinheilig? Die pro-Redakteure Anna Lutz und Moritz Breckner sind verschiedener Meinung.
Von Anna Lutz
Im Zentrum der Republica steht ein grünes Bällebad für Erwachsene

Empört euch nicht!

Von: Anna Lutz

Ja, die Republica hat weder die Bundeswehr reingelassen, noch Matthias Matussek oder Roland Tichy eingeladen. Wer nun meint, sie habe damit gegen ihr eigenes Prinzip, die Filterblasen platzen zu lassen, verstoßen, hat es schlicht nicht richtig verstanden.

Denn den Veranstaltern geht es nicht darum, dass jeder mit jedem diskutiert. Es geht ihnen darum, dass Hass im Netz keine übermäßige Verbreitung findet. Wenn Journalisten wie Roland Tichy oder Matthias Matussek den Untergang des Abendlandes durch einen erstarkenden Islamismus heraufbeschwören oder gar bei Merkel-muss-weg-Demos auftreten, dann profilieren sie sich vor allem über eines: Empörung. Genau das ist es, was die Republica kritisiert. Nicht die konservative Meinung an sich, sondern die Spaltung der Gesellschaft durch Argumente, die innerhalb bestimmter Filterblasen wieder und wieder reproduziert werden, Echokammern finden und am Ende dazu führen, dass grundlegende Rechte wie Religionsfreiheit oder gar die Demokratie an sich in Frage gestellt wird.

Es ist also folgerichtig, dass Empörer nicht zu Europas größter Netzkonferenz eingeladen werden. Ebensowenig wie Rechtspopulisten. Die Republica steht für ein links-grünes, netzaffines und tendenziell pazifistisches Milieu. Gründer Johnny Häusler war einst Sänger einer Punkband. Das mag man einseitig finden oder kritisieren. Aber es ist die DNA der Konferenz. Sie ist eine Spielwiese für Erwachsene, Seifenblasen fliegen durch die Luft, im Zentrum steht ein grünes Bällebad für Erwachsene und riesenhafte, glitzernde Robotermenschen bewegen sich scheinbar von Geisterhand durch die Hallen am Berliner Gleisdreieck. Ein Zauberwunderland für Technikfans also. Es darf zumindest nicht allzusehr überraschen, dass Soldaten in Uniform nicht erwünscht sind.

Übrigens ist die Bundeswehr, die offenbar werbend auftreten wollte, auch an anderen Orten nicht als Rekrutierer erwünscht, etwa an Schulen. Die Republica verweist bei ihrem Verbot auf ihr Hausrecht und ist damit juristisch auf der sicheren Seite. So wie andere Veranstalter auch. Die Deutsche Evangelische Allianz muss die schwul-lesbische Gruppe Zwischenraum nicht ausstellen lassen, der Kirchentag muss die AfD nicht einladen, wenn sie das Gefühl hat, die dahinter stehende Philosophie passe nicht zur Veranstaltung. Daran gibt es nichts zu beanstanden. Fragen muss man sich vielmehr, warum es die Bundeswehr so sehr trifft, dass sie im links-grünen Netz-Milieu nicht auftreten darf, dass sie sich demonstrierend in Uniform vor dem Gelände positioniert. Denn natürlich kann es Besucher verstören, wenn Soldaten in Springerstiefeln vor dem Eingang protestieren. Das ist schlicht ein unangemessenes Verhalten, für eine sich selbst als friedlich verstehende Armee.

Nur ein Familientreffen Gleichgesinnter

Von: Moritz Breckner

Die Netzkonferenz Republica will nach eigenen Angaben Filterblasen platzen lassen – was im Klartext bedeutet, den Horizont zu erweitern, nicht nur in der eigenen Suppe zu schwimmen, und mit Menschen diskutieren, die ganz anders denken als man selbst. Gut so! Doch warum wird das auf den Veranstaltungen nicht umgesetzt? Bei einer Podiumsdiskussion am ersten Tag diskutierte Blogger Stefan Niggemeier mit anderen Journalisten aus dem linksliberalen Spektrum und warf seinen Kollegen Roland Tichy und Matthias Matussek vor, die „Wut ihrer Leser“ zu bedienen. Es wäre bestimmt spannend gewesen, hätten Tichy oder Matussek auf der Bühne darauf reagieren können – doch sie waren gar nicht dabei.

Aufregung auch um die Fachausstellung auf dem Gelände: Die Bundeswehr durfte erneut keinen Informationsstand betreiben. „Wir akzeptieren keine Uniform, weil es viele Besucherinnen und Besucher gibt, die sich dabei unwohl fühlen“, so die Veranstalter. Der Branchendienst Meedia kommentiert frech, aber treffend: „Das Digitalvolk scheint aus sehr empfindlichen Seelchen zu bestehen.“ Die Republica lasse sich von Bundesministerien fördern, räume der Parlamentsarmee aber keinen Platz ein. Schlimmer noch, möchte man anfügen: Stargast der Konferenz ist Chelsea Manning, verurteilte und begnadigte Verräterin der US-Streitkräfte, die 2010 mit der Weitergabe sensibler Daten ihre Kameradinnen und Kameraden gefährdete. Manning nun als „Popstar auf Probe“ (Spiegel Online) vor deutschen Netzaktivisten: Ethisch fragwürdig.

Ein anderes Podium: ARD-Mann Georg Restle moderierte zum Thema „Journalismus im Netz: Zwischen Fakten, Fake, Haltung und Hate“. Die Gäste: Die feministische Journalistin Silke Burmester, ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, und der Leiter von ARD-aktuell, Kai Gniffke. Drei der vier Beteiligten arbeiten also für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Hayali und Restle positionieren sich in Meinungsbeiträgen und auf Twitter mehr als deutlich links. Wäre es denn verkehrt gewesen, zu einem solchen Podium etwa den Journalisten Claus Strunz einzuladen – als Vertreter des privaten Rundfunks und konservativer Überzeugungen?

Die „Republica“ scheint ihr eigenes Motto nicht ernst zu nehmen. Das ist schade. Die Tagung muss sich entscheiden, ob sie als Fachtagung für Netzthemen relevant bleiben will – dazu würde es gehören, Debattenvielfalt zu ermöglichen und einzusehen, dass das Netz nicht nur dem vielleicht vertrauten links-grünen Milieu, sondern allen gehört. Andernfalls verkommt die „Republica“ zu einem Familientreffen Gleichgesinnter. Wie langweilig.

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