Katzenvideos gegen Qualitätsjournalismus: Wer gewinnt?

Muss moderner Journalismus auf Katzenvideos und Bildstrecken setzen? Oder zählt neben den Klicks auch Qualität und Inhalt? Darüber haben Journalisten und der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen am Donnerstag auf der Netzkonferenz Republica diskutiert – und den Nutzer gleich mit in die Verantwortung gezogen.
Von Anna Lutz
Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen: „Das Populäre wird immer populärer"

Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen forderte Mediennutzer auf der Netzkonferenz Republica dazu auf, nicht unbedacht Inhalte im Netz zu teilen oder zu kommentieren. Er beobachtet eine „Kybernetik der Erregung“, getrieben durch Feedbackschleifen, Reiz- und Reaktionsspiralen in Sozialen Netzwerken. Deshalb kämpften heute in Redaktionen zwei Prinzipien gegeneinander: Popularität und Fürsorge. Die einen bedienten, was gefalle, die anderen zeigten Inhalte, von denen sie glaubten, dass der Nutzer sie brauche.

„Popularität als Prinzip scheint zu gewinnen“, sagte Pörksen. Redaktionen wüssten, welche Trends wann und wo gerade gut liefen und verstärkten Hypes: „Das Populäre wird immer populärer.“ Deshalb müssten Journalisten ein neues Bewusstsein für Qualität entwickeln. Das gelte aber auch für die Leser und Zuschauer.

Zwischen Populismus und Paternalismus

Barbara Hans, Chefredakteurin von Spiegel Online, gab ihm Recht. „Was wir den ganzen Tag machen: Abwägen zwischen Populismus und Paternalismus“, beschrieb sie ihren Alltag. Für den Qualitätsjournalismus sei Aufmerksamkeit das Mittel zum Zweck. Dass Redaktionen heute innerhalb von kurzer Zeit erkennen können, was der Nutzer gerne lesen möchte, verändere die Branche. Aber: „Ein Medium, das alleine auf seine Wirkung bedacht ist, das versäumt etwas.“

Wer nur laut sein wolle, höre nicht zu und trete nicht mit den Nutzern in Dialog. Redaktionen sollten nicht um jeden Preis auf Reichweite setzen. „Das ist der Unterschied zwischen dem Algorithmus und den Menschen in den Redaktionen“, sagte sie mit Verweis auf Soziale Netzwerke wie Facebook. Journalismus, der nur bringe, was gefällt, sei beliebig und entbehrlich. Aber, ein Journalismus, der sich nicht darum bemühe, wahrgenommen zu werden, sei ebenfalls überflüssig. Ein Zwischenweg sei die Lösung. „Der Beruf ist nicht Klickoptimierung sondern Journalismus“, stellte sie klar.

Marcus Engert, Politikredakteur bei BuzzFeed, sagte, Zuverlässigkeit sei die nachhaltigste Währung im Journalismus. Reporter sollten möglichst transparent sein. Sowohl, was ihre eigene Haltung angehe, als auch, bei der Frage, was eine Geschichte finanziell koste und einbringe. Meistens erreichten harte Recherchen nicht so viel Reichweite wir Katzenvideos. Das halte er für bedauerlich, aber es sei auch nicht zu ändern.

Von: Anna Lutz

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