Katholische Kirche in Deutschland strebt weitreichende Erneuerung an

Nach der dreitägigen Vollversammlung des Reformdialogs Synodaler Weg äußern sich Bischöfe und Zentralkomitee der deutschen Katholiken optimistisch zur Reformfähigkeit der katholischen Kirche. Doch Zweifel bleiben, ob Rom die Deutschen stoppt.
Katholische Kirche

Angesichts der Vertrauenskrise in der katholischen Kirche gibt es auch unter den deutschen Bischöfen eine wachsende Bereitschaft zu weitreichenden Reformen. Bei den dreitägigen Beratungen im Rahmen des katholischen Reformprozesses Synodaler Weg in Frankfurt am Main verständigten sich die Delegierten darauf, dass einige Neuerungen wie eine stärkere Beteiligung der Gläubigen an der Bischofswahl schon zeitnah umgesetzt werden sollen. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, rief die Bischöfe zu eigenständigen Reformen auf. Man dürfe nicht erwarten, dass die Weltkirche Probleme löst, die man selbst vor Ort in die Hand nehmen müsse.

Besonders die Frauenrechte in der Kirche seien ihr ein Anliegen. „Menschenrechte in der Kirche sind erst dann Realität, wenn es Gerechtigkeit für alle Geschlechter gibt“, sagte Stetter-Karp nach dem Abschluss der Beratungen am Samstag und fügte hinzu: „Wir geben uns nicht mit Häppchen zufrieden.“

„Die Versammlung hat geliefert“, sagte die ZdK-Präsidentin angesichts von Beschlussfassungen zu sogenannten Handlungstexten unter anderem zur Öffnung von katholischen Weiheämtern für Frauen und zu Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare. Doch wenn wichtige Texte bei der nächsten Synodalversammlung nicht final beschlossen würden, könne das umfassende Reformwerk, das sich das ZdK zusammen mit den Bischöfen vorgenommen habe, nicht gelingen.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, nannte die dritte Synodalversammlung einen großen Erfolg und zugleich einen Zwischenschritt. „Wir wollen, dass Frauen in der Kirche aufgrund ihrer gleichen Würde Zugang zu Diensten und sakramentalen Ämter erhalten“, sagte der Limburger Bischof. Der Synodale Weg habe gute Argumente für eine Öffnung vorgelegt. Wer Frauen auch weiterhin vom sakramentalen Dienst ausschließen wolle, müsste bessere Argumente finden.

Einheit mit Rom nicht verlieren

 Er glaube grundsätzlich an eine Verständigung mit dem Vatikan. „Sicher nicht in allen Punkten und nicht als Automatismus“, schränkte er ein. Niemand dürfe glauben, dass es in einer so wesentlichen Frage wie der Öffnung von Weiheämtern für Frauen eine schnelle Lösung geben könne. Aber die Weltkirche sei mehr als Rom. Die Themen, die der Synodale Weg verhandele, seien auch für die katholische Kirche in anderen Ländern drängend.

Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, hatte die deutschen Bischöfe bei der Versammlung ermahnt, bei ihren Reformbemühungen nicht die Einheit mit Rom aus den Augen zu verlieren. Papst Franziskus liege Synodalität in der katholischen Kirche sehr am Herzen. Die synodale Kirche verlange die Teilnahme aller, dürfe jedoch nicht mit Parlamentarismus gleichgesetzt werden, sondern sei eine Gabe des Heiligen Geistes und auf das Wort Gottes ausgerichtet.

Mit großer Mehrheit sprachen sich die Delegierten auch für Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht aus. Die von Beschäftigten zu erwartende Loyalität werde „auf ein Mindestmaß“ begrenzt, sagte Bätzing. „Die persönliche Lebensführung bleibt außen vor.“

Die 230 Delegierten des Synodalen Wegs hatten seit Donnerstag in Frankfurt bei ihrer dritten Vollversammlung insbesondere über Konsequenzen aus den Fällen sexualisierter Gewalt und der damit verbundenen Vertrauenskrise diskutiert. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hatte den Reformdialog zusammen mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz 2019 ins Leben gerufen. Die fünfte und abschließende Synodalversammlung ist für 2023 geplant.

epd
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2 Antworten

  1. Eine interessante und erhellende Erläuterung zu Ursachen und Zusammenhängen stellt der Büchnerpreisträger Martin Mosebach in der NZZ vor.

    Das Reformdesaster der Kirche: Niemand will die Ursachen des Missbrauchsskandals sehen. Dabei lassen sie sich klar benennen
    Die katholische Kirche ist zum Politikum geworden. Alle Diagnosen für die Missbrauchskrise greifen zu kurz. Ihr Anfang liegt sechzig Jahre zurück. Der Büchnerpreisträger Martin Mosebach über die Irrwege einer zweitausendjährigen Institution.
    (Martin Mosebach 10.02.2022, in der NZZ: https://www.nzz.ch/feuilleton/missbrauchsskandal-die-kirche-ist-opfer-ihrer-reform-ld.1668752)

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    1. @Tim
      Bei Martin Mosebach darf ja nie fehlen, dass er Büchner-Preisträger ist. Ein kollosales Fehlurteil übrigens, den M.M. ist von Georg Büchner so weit entfernt, wie man es nur sein kann! Und über die literarische Qualität seines Ouvres möchte ich mich nicht auslassen.
      Vor allem aber ist Martin Mosebach ein dandyistischer Reaktionär, und das belegt seine haarsträubende „Analyse“ in der NZZ trefflich.
      Wenn man Mosebachs geschraubtem Stil entkommt und die Argumente sucht, kommt man darauf, dass an den Missbrauchsbrauchsfällen natürlich die 68er schuld sind, wer sonst! Mit Verlaub, was ein hanebüchener Unsinn…
      Und auch bei ihm – warum verwundert es nicht – kein Wort zu den Opfern! Lediglich die Sorge um die Una sancta, die Mosebach wieder in die Zeit vor dem Konzil zurückkatapultieren möchte! Diese unappetitliche Denkfigur teilt er ja nun mit vielen, die den Missbrauch emsig vertuscht haben!

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