Journalistische Regeln haben auf Twitter wenig Gewicht

Prinzipien der Objektivität und Ausgewogenheit haben für Journalisten auf Twitter wenig Bedeutung. Eine Studie zeigt, dass Medienschaffende den Kurznachrichtendienst vor allem nutzen, um ihre Meinung kund zu tun.
Von Norbert Schäfer
Twitter

Wissenschaftler der Universität Trier haben die Kommunikation zwischen Medienschaffenden und Politikern auf Twitter untersucht. Die Studie zeigt einen Trend, dass die Plattform vor allem als politisches Meinungsmedium dient. Der Anteil der Tweets, die Meinungen enthalten, ist der Studie zufolge bei den Journalisten zwischen 2016 und 2020 von 58 Prozent auf 63 Prozent gestiegen. Auch Tweets, die subjektive Ansichten ausdrücken, stiegen demnach im gleichen Zeitraum um neun Prozent. Journalisten nutzten demnach das Medium „mehr zum Ausdruck einer subjektiven und kritischen Sichtweise und weniger für die Nachrichtenberichterstattung“. Ergebnisse der Untersuchung deuten laut der Studie „in gewisser Weise darauf hin, dass die üblichen journalistischen Normen der Objektivität und Ausgewogenheit nicht für die Interaktionen in der Twittersphäre gelten“.

Für die Untersuchung trennten die Medienwissenschaftler 2016 und 2020 Mitteilungen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter nach Information und Meinung, wenn in einem Tweet ein Politiker oder Journalist mittels „@“ erwähnt wurde. Im Frühjahr 2020 wurden so insgesamt 2.223 Tweets von Hauptstadtjournalisten – dabei handelte es sich um Mitglieder der Bundespressekonferenz – und 1.435 Tweets von Politikern des Deutschen Bundestages untersucht. Repräsentative Aussagen für den Journalismus in Deutschland insgesamt lassen sich damit aber nicht treffen, betonen die Autoren der Studie.

Grüne kommen gut weg, AfD nicht

„Es zeigte sich, dass die Grünen bei den Erwähnungen auf Twitter auf ein tendenziell kooperativeres Klima stoßen“, erklärte Studienleiter Christian Nuernbergk gegenüber dem BR zu der Studie, und weiter: „Also, sie werden bei Kritik von den Journalisten, die sich auf Twitter äußern und sie auf Twitter erwähnen […] weitgehend ausgespart.“ Gegenüber dem BR zeigte sich Nuernbergk von dem Ergebnis überrascht, weil sämtliche anderen Parteien in dem Untersuchungszeitraum 2020 ein kritisches Klima erfahren hätten.

Die Studie zeigt auch, dass es zwischen Journalisten und AfD-Politikern hörbarer knistert, als im Verhältnis zu anderen Parteien. „Was die AfD betrifft, sehen wir schon eine deutlich kritische Positionierung der Journalisten, das ist ganz eindeutig, und auch umgekehrt ist die AfD nicht so an einem kooperativen Austausch interessiert, zeigen die Zahlen“, erklärte der Kommunikationswissenschaftler Nuernbergk gegenüber dem BR.

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2 Antworten

  1. Das Problem ist nicht , das Journalisten auf Twitter ihre Meinung sagen, sondern das sie ihre Meinung in Artikeln kundtun, die nicht als Kommentar gekennzeichnet sind.

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