KI kann heute bereits Texte und Bilder generieren, versteht die meisten Sprachen oder wird zur Überwachung von Menschen eingesetzt. Hat KI also das Potenzial, allmächtig und damit gottgleich zu werden? Die Medienethikerin Claudia Paganini ist davon überzeugt. Denn Götter seien immer dann allmächtig, wenn Menschen ihnen das zutrauten. Es gehe aus ihrer Sicht nicht darum, was eine Gottheit tatsächlich kann, sondern darum, was die Gläubigen sich wünschen und in einen Gott hineinprojizieren, erklärte sie auf der Netzkonferenz „Republica“ in Berlin.
Dem widersprach der Theologe Lukas Brand. Zwar könne der Mensch KI-Systemen Allmacht zusprechen, aber deswegen seien sie nicht automatisch allmächtig oder gottgleich. KI könne sicherlich sehr spirituelle Texte generieren, aber einen persönlichen Austausch über die letzten Fragen sei nicht auf dem Niveau wie zwischen zwei Menschen möglich. Wer einer KI Allmacht zuspreche und sie als Gott-Ersatz annimmt, werde früher oder später enttäuscht.
An der Diskussion nahm auch der Minister für Medien des Landes Nordrhein-Westfalen, Nathanael Liminiski teil. Er warnte vor einer „Frankenstein-Theorie“. Denn KI sei keine eigene Macht, die wie ein Gott unkontrollierbar ist. Sie habe kein Eigenleben, sagte der bekennende Katholik. Im Gegensatz zu KI sei der christliche Glaube geprägt von der persönlichen Beziehung zu Gott. KI stoße da an seine Grenzen. Deswegen könnten KI-Systeme niemals wie Gott sein.
Unterschiede zwischen Gott und KI bereits im Alten Testament
Paganini griff wiederum den Vergleich mit dem Christentum auf. Es sei naiv, zu glauben, dass Religionen wie das Christentum immer weiter bestehen werden. Die Geschichte zeige, dass Religionen und Gottheiten früher oder später von anderen abgelöst wurden. Deswegen sei sie überzeugt, dass auch eine Verschiebung zu KI stattfinden könne. Bereits heute zeigten Studien, dass Menschen vorzugsweise eine KI wie „ChatGPT“ nach medizinischem Rat fragen, anstatt zu einem Therapeuten zu gehen. Warum also nicht auch bei persönlichen, spirituellen Fragen, fragte sie.
Weil KI nicht im Transzendenten lebt, antwortete Brand. Und zitierte 2. Mose 3: „Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen, und ihr Geschrei über ihre Bedränger habe ich gehört; ich habe ihre Leiden erkannt.“ Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs sei nicht nur Adressat, er erkenne und verstehe auch. Dazu sei KI nicht in der Lage. Zwar könne man auch Sorgen und Ängste mit einer KI teilen, das sei aber eine Einbahnstraße, erklärte Brand. Weder könne KI das Gleiche empfinden, noch entsprechendes zurückgeben. Der Gott allerdings, der Mensch geworden ist, könne das. Denn „er hat unser Leid geteilt und mitgetragen.“ Diese wechselseitige Beziehung sei mit KI nicht möglich.