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Israels Staatsgründung am 14. Mai 1948

Vor genau 70 Jahren begann offiziell die bewegte Geschichte des jungen Staates Israel. Es ist eine Geschichte, die damals die Welt erschütterte – und das politische Beben in Nahost hat seither nie wieder aufgehört.
Von PRO
Eher unscheinbar wirkt das Gebäude Nummer 16 (r.) an Tel Avivs Rothschild-Boulevard, in dem vor 70 Jahren Israels Unabhängigkeit ausgerufen wurde

Foto: pro/Martina Blatt

Eher unscheinbar wirkt das Gebäude Nummer 16 (r.) an Tel Avivs Rothschild-Boulevard, in dem vor 70 Jahren Israels Unabhängigkeit ausgerufen wurde

Viele Menschen eilen Tag für Tag an dem milchigweißen, fast fensterlosen Flachdachbau am Rothschild-Boulevard 16 in Tel Aviv vorbei. Doch kaum einer schenkt dem unscheinbaren Gebäude, um das ein paar Palmen herumstehen, Beachtung. Und die Millionen Touristen zieht es sowieso in der Regel eher nach Jerusalem, an den See Genezareth, den Jordan oder zum Toten Meer und in die Wüste im Süden – dort, wo Mose, Abraham, König David und Jesus ihre historischen Spuren hinterließen. Dabei wurde hier im Herzen Tel Avivs vor genau siebzig Jahren buchstäblich Geschichte geschrieben: Am 14. Mai 1948 setzten die 24 anwesenden der insgesamt 37 Mitglieder des provisorischen Staatsrates im Erdgeschoss ihre Unterschriften unter die Unabhängigkeitserklärung. Es war der offizielle Start der bewegten Geschichte des Staates Israel.

Geschichtsträchtiges Gebäude: Rothschild-Boulevard Nummer 16. Heute wird das Haus unter anderem von Schülergruppen besucht. Foto: pro/Martina Blatt
Geschichtsträchtiges Gebäude: Rothschild-Boulevard Nummer 16. Heute wird das Haus unter anderem von Schülergruppen besucht.
Das Original der Unabhängigkeitserklärung befindet sich im Jerusalemer Israel-Museum Foto: pro/Christoph Irion
Das Original der Unabhängigkeitserklärung befindet sich im Jerusalemer Israel-Museum

Alles geschieht in großer Hektik und Eile an diesem Maitag vor 70 Jahren. Es ist bereits 16 Uhr. Und den Staatsgründern bleiben nur wenige Stunden, um erstmals seit Jahrtausenden wieder ein offizielles jüdisches Gemeinwesen zu proklamieren: Um Mitternacht soll unwiderruflich das britische Völkerbund-Mandat für Palästina erlöschen. Es geht darum, neue politische Fakten zu schaffen, wie es die Vereinten Nationen gefordert hatten. Eigentlich soll auch ein Staat für die in Palästina lebenden Araber entstehen – aber alle arabischen Nachbarstaaten haben kategorisch abgelehnt, weil sie den Judenstaat verhindern wollen.

Doch etliche Probleme, mit denen sich die jüdischen Staatsgründer an diesem Tag herumschlagen, sind viel profaner: Nur mit Mühe gelingt es ihnen, dem Versammlungsort einen würdigen Anstrich zu verpassen. An den Wänden des damaligen Museums für Moderne Kunst hängen freizügige Aktgemälde europäischer Meister – die müssen schnell weg. Und kurz bevor die historischen Fotos mit den zwei Davidstern-Flaggen und dem Portrait des Zionismus-Begründers Theodor Herzl im Hintergrund geschossen werden, legen die Sitzungsteilnehmer auf dem Podium schnell noch ihre staubigen Arbeits- und Freizeitklamotten ab und schlüpften in ihre Festgarderobe.

Ben-Gurion verliest die israelische Unabhängigkeitserklärung – über ihm ein Portrait von Theodor Herzl Foto: GPO, flickr | CC BY-NC-SA 2.0 Generic
Ben-Gurion verliest die israelische Unabhängigkeitserklärung – über ihm ein Portrait von Theodor Herzl

Streit um den Gottesbezug

Kurz vor der Unterschriftszeremonie verliest David Ben-Gurion, live vom Radio übertragen, die 979 Wörter der Unabhängigkeitserklärung. Er muss alles von Notizzetteln ablesen, weil die Urkunde noch nicht fertig ist. Nach 33 Minuten erklärt er lapidar: „Der Staat Israel ist gegründet!“ Ein einfacher, klarer Satz, um den bis zur letzten Minute gerungen wurde. Denn die aus aller Welt angereisten Parteienvertreter, Repräsentanten jüdischer Organisationen, Künstler, Journalisten, Schriftsteller und Rabbiner hatten zuvor gestritten wie die Kesselflicker. Vor allem über den Namen. „Judäa“, „Judenstaat“ oder „Ivri“ hießen die Kandidaten. Ben-Gurion macht kurzen Prozess und sagt: Israel soll der Staat heißen. Ganz am Schluss droht totales Scheitern. Denn die sozialistisch-säkularen Vertreter lehnen den von den Religiösen verlangten Bezug auf den „Gott Israels“ ab.

Mosche Schapira, ein gläubiger Realpolitiker, findet die Lösung: Alle unterschreiben die Staatsgründungsurkunde in der ausdrücklichen „Zuversicht auf den Fels Israels“ (hebräisch: Zur Israel), der in der Tora als Synonym für Gott verwendet wird (1. Mose 49,24). Einig sind sich die Unterzeichner auch darin, dass das jüdische Volk nicht nur „im Lande Israel“ entstanden ist, sondern dass es schon in der orientalischen Antike an diesem Ort „eine nationale und universelle Kultur“ ausprägte und „der Welt das Ewige Buch der Bücher“ schenkte.

„Wir reichen allen unseren Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden und guter Nachbarschaft.“

Geradezu innovativ sind auch nach heutigen Maßstäben die politischen Botschaften, die die israelischen Staatsgründer vor sieben Jahrzehnten an alle Menschen in der Region, die Völker und Staaten in der Nachbarschaft und in alle Welt aussandten: Der neue Staat will sich auf „Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden im Sinne der Visionen der Propheten Israels“ stützen. Und er will „seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht, soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen“. Inmitten „mörderischer Angriffe“ bietet der jüdische Staat allen Arabern im Land „volle bürgerliche Gleichberechtigung“ und entsprechende politische Vertretung in den Organen des Staates an. Und nicht zuletzt: „Wir reichen allen unseren Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden und guter Nachbarschaft.“ Gemeinsam wolle man den Fortschritt des gesamten Nahen Ostens fördern.

Unmittelbar nach der Zeremonie eilt Ben-Gurion ins militärische Hauptquartier. Die Lage hat sich zugespitzt: Kaum ist das britische Mandat nach Mitternacht abgelaufen, da erklären Ägypten, Transjordanien, Syrien, Libanon und Irak dem neu gegründeten israelischen Staat den Krieg.

Von: Christoph Irion

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