Islamkonferenz „kuschelt“ mit konservativen Verbänden

Liberale und progressive Muslime müssen stärker in die Deutsche Islamkonferenz eingebunden werden. Das hat die innen- und religionspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Lamya Kaddor, gefordert.
Von Anna Lutz

Am morgigen Mittwoch startet nach mehreren Jahren Pause eine neue Runde der Deutschen Islamkonferenz. In einem extra anberaumten Pressegespräch äußerte die Innen- und Religionspolitikerin Lamya Kaddor (Grüne) am Dienstag Kritik an der Zusammensetzung des Forums.

Progressive und liberale Muslime sind in ihren Augen nach wie vor zu wenig eingebunden. Den Organisatoren vom Bundesinnenministerium warf sie „kuscheln mit den konservativen Islamvertretern“ vor. Erst zögerlich sei etwa ein Vertreter des Liberal-Islamischen Bundes aufs erste morgige öffentliche Podium gesetzt worden. Man gehe auf Nummer sicher, lade die großen, althergebrachten Verbände wie den Zentralrat der Muslime oder die Ditib ein. Andere Gruppen würden kaum oder gar nicht berücksichtigt, etwa Liberale, Schiiten oder gar Mystiker. 

Kaddor führt das auf Unwissen im Fachreferat und auf ein Vorgehen nach dem Motto: „Wir setzen auf die sichere Bank“ zurück. Bundesinnenministerin Nancy Faeser nahm sie deutlich in Schutz. Stattdessen kranke das System an alten Strukturen, die noch aus der Regierungszeit der Union stammten. Das Innenministerium, das die Islamkonferenz verantwortet, war von 2005 bis 2021 von CDU/CSU geführt. 

Nicht mehr über Terrorismusbekämpfung sprechen

Die drängendste Frage, um die sich die Konferenz nun kümmern muss, ist für Kaddor die unabhängige Finanzierung von Moscheegemeinden. „Wir brauchen ein anderes Modell“, sagte sie. Dass Gemeinden aus dem Ausland, etwa Katar oder der Türkei, finanziert würden, sei schwierig. Zugleich schlug sie eine staatliche Anschubfinanzierung für liberale Vereine vor, um die Vielfalt des Islam in Deutschland zu stärken. 

Die Islamkonferenz soll sich in Kaddors Augen nicht mehr mit sicherheitsrelevanten Fragen wie der Terrorismusbekämpfung beschäftigen. Zwar sei die  Prävention und Bekämpfung des Islamismus für die Ampel-Koalition ebenfalls ein wichtiges Anliegen, sollte aber aus Sicht Kaddors mit den Sicherheitsbehörden an anderer Stelle besprochen werden. 

Die Islamkonferenz sei ein Gremium das sich mit dem deutschen Islam beschäftige. Deshalb müsse es dort nun um die Lebensrealität der Muslime in Deutschland gehen: Gelebter Glaube, Islamfeindlichkeit oder Integration der Gemeinden in die Gesellschaft seien wichtige Themen. „Da müssen wir jetzt endlich mal weiter kommen“, sagte Kaddor.

Kritik übte Kaddor an Teilnehmern wie etwa der Imamin Seyran Ates, die sich selbst als säkulare Muslimin bezeichnet. Ihre Anliegen erschienen ihr oft populistisch. „Wir brauchen ein arbeitsfähiges Gremium und keines, das sich immer wieder in aufgeregten Symboldebatten mit dem Muezzinruf oder dem Kopftuchzwang beschäftigt.“

Die Deutsche Islamkonferenz tagt seit 2006. Ihr Ziel ist es, das Verhältnis zwischen dem deutschen Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen zu festigen und einen Dialog zu fördern.

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

3 Antworten

  1. Was „bringen“ denn diese Islamkonferenzen? Was haben sie in der Vergangenheit gebracht? Mehr als etwa die Klimakonferenz in Scharm-el-Scheich??

    4
    2
  2. „Wir brauchen ein arbeitsfähiges Gremium und keines, das sich immer wieder in aufgeregten Symboldebatten mit dem Muezzinruf … beschäftigt.“ Vor allem ein Gremium, dass versteht, in welchen Zugzwang der Muezzinruf Muslime bringt. In einer Volksabstimmung haben das die Schweizer verstanden und entschieden, dass Moscheen gebaut werden können aber keine Minarette, weil sie sich damit vorurteilsfrei beschäftigt haben. Was einfache Schweizer Bürger verstanden haben, bleibt sogar für Politiker, die religionspolitische Sprecher sind unverständlich?

    2
    0
  3. „Kritik übte Kaddor an Teilnehmern wie etwa der Imamin Seyran Ates, die sich selbst als säkulare Muslimin bezeichnet. Ihre Anliegen erschienen ihr oft populistisch.“ Diese Aussage hätte ich gern erklärt bekommen. Frau Ates als populistisch zu bezeichnen und in Verruf zu bringen, sie würde nur immer gleiche Themen als Symboldebatten führen, halte ich für sehr problematisch, um nicht zu sagen für grob falsch. Frau Ates legt oft den Finger genau auf die Wunden und engagiert sich bewundernswert mutig für diejenigen, die keine Stimme haben und unterdrückt sind. Mitten in Deutschland hat ihr das massive Lebensbedrohung eingebracht, so dass sie unter Polizeischutz gestellt werden musste.

    1
    0

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen