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Innenministerium zieht Bericht zu „Muslimfeindlichkeit“ zurück

Bereits direkt nach Veröffentlichung einer Studie zu Muslimfeindlichkeit in Deutschland vom BMI hagelte es Kritik. Nun hat das Ministerium die Studie wieder einkassiert. Und sieht sich diversen Anschuldigungen ausgesetzt.
Von Swanhild Brenneke

Im Juli vergangenen Jahres hatte ein Expertengremium eine Studie zur Muslimfeindlichkeit in Deutschland vorgelegt. Im Auftrag des Bundesinnenministeriums (BMI) sind Wissenschaftler der Frage nachgegangen, wie sehr Muslime in Deutschland diskriminiert werden.

Schon kurz nach der Veröffentlichung gab es Kritik. So sollten zum Beispiel Verbände an der Studie beteiligt gewesen sein, die Verfassungsschützer als islamistisch einstufen. Und auch Islamkritiker wurden darin angegriffen und sahen sich diffamiert. Wie zum Beispiel Sigrid Herrmann, Mitglied im SPD-Landesverband Hessen. Sie betreibt seit vielen Jahren den Blog „Islamismus und Gesellschaft“ und berät Verfassungsschutzämter und Medien. Die Erwähnung im Bericht schade ihrer Berufsausübung. Sie sei sowieso schon – öffentlich und juristisch – Angriffen aus der Ecke des politischen Islam ausgesetzt. Auch christliche Medien, darunter PRO, wurden für ihre Berichterstattung zum Thema Islam kritisiert.

Der Publizist Henryk M. Broder hatte bereits gegen seine Erwähnung in dem Bericht geklagt und Recht erhalten. Die Passagen über Broder durften nicht mehr veröffentlicht werden, weil sie sein Persönlichkeitsrecht verletzten.

Nun hat das BMI den Bericht komplett zurückgezogen. Der Bericht mit dem Titel „Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz 2023“ sei von der Website des Ministeriums genommen und 200 restliche Druckexemplare entsorgt worden, berichtet tagesschau.de. Auch auf der Website der hessischen SPD, deren Vorsitzende Innenministerin Nancy Faeser ist, findet er sich nicht mehr. Das BMI werde den Bericht in Zukunft nicht mehr in einer Weise veröffentlichen, in der er „als amtliche Äußerung des BMI zugerechnet werden könne“. Wohl aber soll er in überarbeiteter Version auf der Seite der Deutschen Islam Konferenz, die dem Ministerium zugeordnet ist, erscheinen.

Klage gegen das BMI

Herrmann geht gegen das BMI nun juristisch vor. Das zuständige Gericht erklärte die Sache zwar für „erledigt“, weil der Bericht nicht mehr herausgegeben werde. Herrmann sieht das anders. Die Anschuldigungen gegen sie kursierten weiter. „Meiner Ansicht nach macht sich das BMI die Sache zu leicht. Denn sie haben Unwahrheiten über mich verbreitet. Das sollte auch eingestanden werden“, sagte sie und fordert vom BMI eine Richtigstellung.

Auch der CDU-Bundestagabgeordnete Christoph de Vries hat sich laut „Deutscher Presseagentur“ jüngst in einem Brief an Ministerin Faeser gewandt und gefordert, dass die Studie auch in überarbeiteter Form nicht mehr veröffentlicht werde. Er nannte ihren Inhalt „toxisch“. „Wir erwarten mindestens, dass die Nennung meiner Person und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Zusammenhang mit Muslimfeindlichkeit vollständig unterbleibt“, zitiert die Agentur aus dem Schreiben. Denn auch die Union bekommt in dem Bericht ihr Fett weg: Die ursprünglichen Fassung kritisiert eine unklare Abgrenzung von der AfD unter anderem in Statements von De Vries. Strengreligiöse Verhaltensweisen orthodoxer Muslime würden mit den Gefahren durch Islamismus in einen Topf geworfen.

Das Ministerium will sich nicht weiter zu den Anschuldigungen äußern. Denn der Bericht sei nicht vom BMI erstellt worden, sondern von der unabhängigen Expertenkommission. Das BMI habe die Studie lediglich herausgegeben, hieße es auf Anfrage.

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