Kritik an Studie über Muslimfeindlichkeit

Vor einer Woche hat ein Expertengremium eine Studie zur Muslimfeindlichkeit in Deutschland vorgelegt. Eine Recherche der „Welt“ lässt Zweifel an der Glaubwürdigkeit aufkommen.
Von Norbert Schäfer
Papierstapel

Im Auftrag des Bundesinnenministeriums (BMI) sind Wissenschaftler der Frage nachgegangen, wie sehr Muslime in Deutschland diskriminiert werden. Die Ergebnisse wurden am vergangenen Donnerstag in Berlin vorgestellt. Demnach ist eine ablehnende oder gar feindliche Haltung gegenüber Muslimen in Deutschland weit verbreitet.

Keine Woche hat es gedauert, dass Kritik an der Studie des unabhängigen Expertenkreises laut wurde. Die „Welt“ hat das Werk und die Mitwirkenden genauer unter die Lupe genommen und kommt zu dem Ergebnis, dass bei der Studie „auch Akteure befragt wurden, die bekannt dafür sind, den Vorwurf der Islamfeindlichkeit zu instrumentalisieren“.

Verbindungen zur „legalistisch islamistischen“ Szene

In dem Artikel vom Dienstag heißt es, dass an der Studie im Auftrag des BMI „Verbände beteiligt waren, die Verfassungsschützer als islamistisch einstufen“. Unter anderem sei eine Teilstudie eines Vereins einbezogen worden, der wiederum einer Körperschaft zuzurechnen sei, die ihrerseits vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „legalistisch islamistisch“ eingestuft werde. Ein Autor der Teilstudie ist nach Angaben der Zeitung Vize-Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG).

In dem „Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit“ wird in dem Abschnitt zur „Instrumentalisierung von Muslimfeindlichkeit“ eigens auf das Phänomen hingewiesen. Dort lautet es auf Seite 40 der insgesamt 400 Seiten, dass „insbesondere islamistische Akteur*innen unter umgekehrten Vorzeichen – als vorgebliche Verteidigung des Islams – den Vorwurf der Muslimfeindlichkeit instrumentalisieren können“ und so „zu Co-Konstrukteur*innen eines angeblichen islamisch-westlichen Kultur- und Religionskampfes im globalen Maßstab“ würden.

Der Koordinator des Expertenkreises hat gegenüber der Zeitung die Auswahl der Gesprächspartner und Mitwirkenden verteidigt und darauf verwiesen, dass ein breites Faktenbild zu aussagekräftigen Ergebnissen führe und man auf die Teilstudie aus Gründen knapper Ressourcen zurückgegriffen habe.

BMI schweigt zum Imageschaden

Ein Sprecher des BMI hat auf PRO-Anfrage hin erklärt, dass der Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) im Zuge einer Projektförderung gefördert worden sei, daher dem BMI die Umstände der Untervergabe der Studie, die der UEM in Eigenverantwortung unternahm, nicht bekannt waren.

Der UEM sei in seiner Arbeitsweise und inhaltlichen Gestaltung in jeder Hinsicht unabhängig von Vorgaben des BMI gewesen. „Die Projektförderung des BMI beinhaltet jedoch generell die Auflage, dass der Projektträger dafür Sorge zu tragen hat, dass an Maßnahmen keine Organisationen oder Personen beteiligt sind, die in Bereichen des Staats- und Verfassungsschutzes auffällig geworden sind beziehungsweise bei denen Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen vorliegen“, erklärte der Ministeriumssprecher. Dies betreffe „insbesondere solche Organisationen oder Personen, die in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder erwähnt“ würden.

Auf die Frage, wie hoch der entstandene Imageschaden für die Studie zu bewerten ist, hat sich das Ministerium am Mittwoch indes nicht geäußert. Das BMI will den UEM-Bericht nun im Detail auswerten und die weitere Befassung mit dem Thema Muslimfeindlichkeit im Rahmen der Deutschen Islam-Konferenz diskutieren.

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