„Ich bin und bleibe Allianz-Mensch“

Das „Netzwerk Bibel und Bekenntnis“ gibt es seit 2015. Dessen Vorsitzender Ulrich Parzany spricht im pro-Interview darüber, dass er es am liebsten bald auflösen würde, was dazu geschehen müsste – und wie sehr ihm manche Kritik zusetzt.
Von PRO
Ulrich Parzany evangelisierte viele Jahre mit ProChrist, war CVJM-Generalsekretär und leitet nun das Netzwerk Bibel und Bekenntnis

pro: Im Kasseler Memorandum hat das Netzwerk Bibel und Bekenntnis festgelegt, wie es sich zukünftig aufstellen will. Was sind die wichtigsten Punkte?

Ulrich Parzany: Zunächst: Es ist kein Neustart. Aber wir haben es nach viereinhalb Jahren als notwendig erachtet, zu fragen, was nicht mehr nötig ist und wo es uns noch braucht. Im letzten Jahr haben wir die Leiter im Netzwerk gefragt, wie sie die vergangenen Jahre erlebt haben: Wie beurteilt ihr die Entwicklung innerhalb der evangelischen Kirche, der Gemeinschaften und Freikirchen, im speziellen die Diskussionen, die wir innerhalb der evangelikalen Bewegung haben? Und: Was folgt aus dieser Analyse für unser zukünftiges Handeln?

Was war das Ergebnis?

Wir sind entstanden, weil in den evangelischen Kirchen Grundfragen des christlichen Glaubens demontiert werden. Das betrifft zum Beispiel die Frage nach der Autorität der Heiligen Schrift – ist sie also Wort Gottes? Außerdem: Wer ist Jesus? Das ist eine der heißesten Fragen überhaupt. Viele sagen, die Schriftfrage sei ja nicht so wichtig, Hauptsache, wir glauben alle an Jesus. Doch genau das ist die Frage: Wer ist Jesus? Ist es der, der in den Evangelien bezeugt wird? Hat er das gesagt, was dort geschrieben steht? Hat er getan, was dort geschrieben steht? Was bedeutet seine Kreuzigung? Seine Auferstehung? Oder ist das alles, wie in Teilen der historisch-kritischen Bibelauslegung gesagt wird, „Gemeindebildung“, die man selektiv betrachten muss? Jesus Christus verkommt dadurch zu einer Leerformel, die jeder beliebig füllen kann. Damit ist das Fundament der Kirchen und Gemeinschaften berührt. Außerdem: Gehört es zur Offenbarung Gottes, dass Gott den Menschen zu seinem Ebenbild als Mann und Frau geschaffen hat? Ist das also eine offenbarte Wahrheit der Bibel oder ist das eine Option, die wir wählen können, wie man bei Facebook zwischen über 60 Geschlechtern wählen kann?

Diese Diskussionen über die Kernfragen des christlichen Glaubens gibt es allerdings nicht erst seit 2015, sondern seit Jahrhunderten …

… Man hat sich aber immer an Antworten vorbei gemogelt und Kompromisse gesucht …

… Neu ist doch, dass diese Diskussionen auch innerhalb der Evangelikalen geführt werden. Das Netzwerk Bibel und Bekenntnis ist wesentlich deswegen entstanden, weil es 2015 einen Streit um das Thema Homosexualität gab. Sie führen also eine innerevangelikale Diskussion.

Ja, natürlich. Das ist neu, denn wir hatten früher einen Konsens. Pluralität gab es immer im evangelikalen Bereich, zum Beispiel in der Tauffrage. Nur: In den Grundfragen des Glaubens und der Hermeneutik herrschte Einmütigkeit. Der Versuch von einigen maßgebenden Personen, den Kurs zu ändern, hat zu Kontroversen geführt, um es vorsichtig auszudrücken. Wenn man versucht, den Kurs von oben zu ändern, muss man mit Widerspruch rechnen.

Sie haben lange als Hauptredner bei ProChrist gepredigt. Dort haben Sie auch mit Christen aus ganz unterschiedlichen theologischen Hintergründen zusammengearbeitet. Warum hat das funktioniert?

Bei ProChrist durfte mitmachen, wer wollte. Viele haben sich daran gestoßen, aber das ist bis heute meine Linie. Bei ProChrist habe ich aber nicht über Inhalte der Verkündigung diskutiert oder gar verhandelt, sondern habe so gesprochen, wie ich das schon immer getan habe. Die Tauffrage war für mich nicht so zentral, dass sie polarisieren konnte. Baptistische Gemeinden konnten genauso mitmachen wie lutherische. Wer Evangelisation wollte, vertraute mir, weil man wusste, dass ich an dieser Stelle nicht polarisieren würde. In der Porsche-Arena habe ich 2013 an einem ProChrist-Abend, weil das notwendig wurde, auch etwas zum Thema Homosexualität gesagt – mit sehr positiven Reaktionen. Niemand hat je von mir verlangt, dass ich eine bestimmte Theologie predige.

Es geht um Inhalte, nicht Personen

In der Deutschen Evangelischen Allianz war das ähnlich. 2015 kam es aber zu erheblichen Diskussionen, in deren Zentrum vor allem Michael Diener stand. Nun ist Diener seit Jahren kein Allianzvorsitzender und nun auch kein Gnadauer Präses mehr. Sein Allianz-Nachfolger Ekkehart Vetter gilt als ruhig und weniger konfrontativ, letzteres gilt auch für den designierten Gnadauer Präses Steffen Kern. Ist das Netzwerk Bibel und Bekenntnis überflüssig geworden?

Zunächst: Ich bin und bleibe Allianz-Mensch. Wir haben in unserem Netzwerk das Schriftverständnis der Allianz an die erste Stelle gesetzt. Wir haben nur einen nicht eingetragenen Förderverein, und wenn der aufgelöst werden sollte und ein paar Cent übrig bleiben, fließen die satzungsgemäß an die Deutsche Evangelische Allianz. Und ich bin natürlich Gemeinschaftsmann. Ich bin in Kassel Mitglied einer evangelischen Gemeinschaft, gesinnungsmäßig bin ich das seit meinen Essener Tagen, in denen Wilhelm Busch ein führender Mann der Gemeinschaftsbewegung war. Unter seinem Einfluss bin ich sozusagen im Altpietismus aufgewachsen.

Unsere Auseinandersetzung ist keine Auseinandersetzung auf Personen hin, sondern nur auf Inhalte. Das hat sich an der Segnung und Trauung von homosexuellen Paaren zugespitzt. Steffen Kern ist nun nominiert für das Amt des Gnadauer Präses, er wird bestimmt auch gewählt werden. Ich bin ihm sehr dankbar für seine klare Position. Im Juni hat sich Martin Grabe, Leiter der Klinik Hohemark, mit Unterstützung von Michael Diener und dem Theologen Thorsten Dietz ausdrücklich für die christliche Trauung Homosexueller ausgesprochen, alles andere sei keine Hilfe.

Daraufhin hat Steffen Kern als Vorstand der ChristusBewegung Lebendige Gemeinde klar formuliert: „Die Bibel bleibt für uns Maßstab in allen Fragen des Glaubens und Lebens.“ Und: „Eine Trauung gleichgeschlechtlicher Paare halten wir daher für nicht möglich.“ Weiter heißt es: „Bei den in jüngster Zeit innerhalb des Pietismus geäußerten Argumenten für eine christliche Trauung gleichgeschlechtlicher Paare können wir weder im Blick auf die Auslegung der umstrittenen Stellen noch im Blick auf die historischen Argumente folgen.“ Das ist doch eine klare Position und dafür bin ich sehr dankbar.

Martin Grabe vertritt zwar eine sehr mutige Exegese der umstrittenen Stellen, unterscheidet sich aber in der Hermeneutik wohl kaum von der „Lebendigen Gemeinde“. Mittlerweile gibt es aber in der evangelikalen Szene auch Diskussionen, die Kernfragen des Glaubens berühren.

Das haben wir von Anfang an gesagt: Die Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ist eine Folgefrage. Die Grundprobleme liegen tatsächlich in Grundfragen: Wer ist Jesus? Und woher wissen wir von ihm? Und wir wissen von ihm neben wenigen kleinen Stellen von nicht-christlichen Autoren der Antike wie Sueton und Tacitus – Aussagen des Josephus sind umstritten – wenig. Deswegen stellt sich automatisch die Frage, ob die Evangelien glaubwürdig sind und nach welchen Kriterien wir die Bibel auslegen. Wir müssen also die Grundfragen klären. Das machen wir seit 250 Jahren. Neu ist aber, dass das, was in der universitären Theologie seit Jahrzehnten selbstverständlich gelehrt wird, jetzt von bestimmten Leuten aus dem evangelikalen Bereich in die evangelikale Gemeinschaft mit großem Impetus hineingezogen wird.

In der Deutschen Evangelischen Allianz war das ähnlich. 2015 kam es aber zu erheblichen Diskussionen, in deren Zentrum vor allem Michael Diener stand. Nun ist Diener seit Jahren kein Allianzvorsitzender und nun auch kein Gnadauer Präses mehr. Sein Allianz-Nachfolger Ekkehart Vetter gilt als ruhig und weniger konfrontativ, letzteres gilt auch für den designierten Gnadauer Präses Steffen Kern. Ist das Netzwerk Bibel und Bekenntnis überflüssig geworden?

Zunächst: Ich bin und bleibe Allianz-Mensch. Wir haben in unserem Netzwerk das Schriftverständnis der Allianz an die erste Stelle gesetzt. Wir haben nur einen nicht eingetragenen Förderverein, und wenn der aufgelöst werden sollte und ein paar Cent übrig bleiben, fließen die satzungsgemäß an die Deutsche Evangelische Allianz. Und ich bin natürlich Gemeinschaftsmann. Ich bin in Kassel Mitglied einer evangelischen Gemeinschaft, gesinnungsmäßig bin ich das seit meinen Essener Tagen, in denen Wilhelm Busch ein führender Mann der Gemeinschaftsbewegung war. Unter seinem Einfluss bin ich sozusagen im Altpietismus aufgewachsen.

Unsere Auseinandersetzung ist keine Auseinandersetzung auf Personen hin, sondern nur auf Inhalte. Das hat sich an der Segnung und Trauung von homosexuellen Paaren zugespitzt. Steffen Kern ist nun nominiert für das Amt des Gnadauer Präses, er wird bestimmt auch gewählt werden. Ich bin ihm sehr dankbar für seine klare Position. Im Juni hat sich Martin Grabe, Leiter der Klinik Hohemark, mit Unterstützung von Michael Diener und dem Theologen Thorsten Dietz ausdrücklich für die christliche Trauung Homosexueller ausgesprochen, alles andere sei keine Hilfe.

Daraufhin hat Steffen Kern als Vorstand der ChristusBewegung Lebendige Gemeinde klar formuliert: „Die Bibel bleibt für uns Maßstab in allen Fragen des Glaubens und Lebens.“ Und: „Eine Trauung gleichgeschlechtlicher Paare halten wir daher für nicht möglich.“ Weiter heißt es: „Bei den in jüngster Zeit innerhalb des Pietismus geäußerten Argumenten für eine christliche Trauung gleichgeschlechtlicher Paare können wir weder im Blick auf die Auslegung der umstrittenen Stellen noch im Blick auf die historischen Argumente folgen.“ Das ist doch eine klare Position und dafür bin ich sehr dankbar.

Martin Grabe vertritt zwar eine sehr mutige Exegese der umstrittenen Stellen, unterscheidet sich aber in der Hermeneutik wohl kaum von der „Lebendigen Gemeinde“. Mittlerweile gibt es aber in der evangelikalen Szene auch Diskussionen, die Kernfragen des Glaubens berühren.

Das haben wir von Anfang an gesagt: Die Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ist eine Folgefrage. Die Grundprobleme liegen tatsächlich in Grundfragen: Wer ist Jesus? Und woher wissen wir von ihm? Und wir wissen von ihm neben wenigen kleinen Stellen von nicht-christlichen Autoren der Antike wie Sueton und Tacitus – Aussagen des Josephus sind umstritten – wenig. Deswegen stellt sich automatisch die Frage, ob die Evangelien glaubwürdig sind und nach welchen Kriterien wir die Bibel auslegen. Wir müssen also die Grundfragen klären. Das machen wir seit 250 Jahren. Neu ist aber, dass das, was in der universitären Theologie seit Jahrzehnten selbstverständlich gelehrt wird, jetzt von bestimmten Leuten aus dem evangelikalen Bereich in die evangelikale Gemeinschaft mit großem Impetus hineingezogen wird.

Memorandum erwähnt Homosexualität nicht

Will das Netzwerk Bibel und Bekenntnis einen Konsens in diesen Fragen erreichen? Das dürfte schwer werden.

Aber das ist doch das Selbstverständnis der christlichen Kirche. Wir sprechen in evangelischen Gottesdiensten das apostolische Glaubensbekenntnis in der Annahme, dass wir auch wirklich daran glauben. Der christliche Glaube gründet auf geschichtlichen Tatsachen. In der Aufklärung gab es eine entscheidende Weichenstellung: Es ging nicht mehr um historische Tatsachen, sondern um „Vernunftwahrheiten“. Schleiermacher meinte, die naturwissenschaftliche und historische Kritik treffe den Glauben gar nicht, es zähle alleine das „Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit“. Wenn man das akzeptiert, dann sind Inhalte völlig egal. Daraus folgt: Du kannst dieses oder jenes glauben – Glaube ist eben Gefühl und über Gefühle kann man nicht streiten. Im Pietismus waren wir uns hingegen bisher einig, dass die Grundlage des Glaubens das tatsächliche Handeln Gottes in der Geschichte ist – und nicht das Gefühl.Ich spreche niemandem, der sich zu Jesus Christus bekennt, sein Christsein ab. Auch nicht, wenn er theologische Meinungen vertritt, die ich nicht teilen kann. Das ist allein Gottes Sache. Unsere Aufgabe laut der Heiligen Schrift ist es aber, Lehre zu beurteilen. Im 2. Petrusbrief wird zum Beispiel in aller Schärfe und Deutlichkeit klargemacht, dass es von Anfang an in der Christenheit nötig war, Lehren, die nicht dem apostolischen Zeugnis entsprechen, zu benennen. Es ist ein Unterschied, ob ich einen Menschen beurteile oder gar verurteile oder ob ich eine Lehre, die er vertritt, anhand der Heiligen Schrift kritisiere. Das zweite tun wir, das erste nicht.

Vor fünf Jahren drehte sich der Streit vor allem um den richtigen Umgang mit Homosexualität.

Und es ging innerhalb des Pietismus und der evangelikalen Gemeinschaft noch nicht um den Sühnetod Jesu oder andere Themen. Aber in Folge dieser ethischen Frage wurde klar, dass wir uns mit Grundfragen des Schriftverständnisses und der Offenbarung Gottes befassen müssen. Deswegen finden Sie in unserem aktuellen Memorandum auch an keiner Stelle das Wort Homosexualität erwähnt.

Warum sind diese notwendigen Diskussionen dann nicht in Gnadau und der Allianz geführt worden, sondern in einem neuen Netzwerk?

Woher wissen Sie denn, dass diese Diskussionen nicht geführt worden? Ich habe in all den Jahren mit den maßgeblichen Leuten der Allianz Gespräche geführt.

Will das Netzwerk Bibel und Bekenntnis einen Konsens in diesen Fragen erreichen? Das dürfte schwer werden.

Aber das ist doch das Selbstverständnis der christlichen Kirche. Wir sprechen in evangelischen Gottesdiensten das apostolische Glaubensbekenntnis in der Annahme, dass wir auch wirklich daran glauben. Der christliche Glaube gründet auf geschichtlichen Tatsachen. In der Aufklärung gab es eine entscheidende Weichenstellung: Es ging nicht mehr um historische Tatsachen, sondern um „Vernunftwahrheiten“. Schleiermacher meinte, die naturwissenschaftliche und historische Kritik treffe den Glauben gar nicht, es zähle alleine das „Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit“. Wenn man das akzeptiert, dann sind Inhalte völlig egal. Daraus folgt: Du kannst dieses oder jenes glauben – Glaube ist eben Gefühl und über Gefühle kann man nicht streiten. Im Pietismus waren wir uns hingegen bisher einig, dass die Grundlage des Glaubens das tatsächliche Handeln Gottes in der Geschichte ist – und nicht das Gefühl.Ich spreche niemandem, der sich zu Jesus Christus bekennt, sein Christsein ab. Auch nicht, wenn er theologische Meinungen vertritt, die ich nicht teilen kann. Das ist allein Gottes Sache. Unsere Aufgabe laut der Heiligen Schrift ist es aber, Lehre zu beurteilen. Im 2. Petrusbrief wird zum Beispiel in aller Schärfe und Deutlichkeit klargemacht, dass es von Anfang an in der Christenheit nötig war, Lehren, die nicht dem apostolischen Zeugnis entsprechen, zu benennen. Es ist ein Unterschied, ob ich einen Menschen beurteile oder gar verurteile oder ob ich eine Lehre, die er vertritt, anhand der Heiligen Schrift kritisiere. Das zweite tun wir, das erste nicht.

Vor fünf Jahren drehte sich der Streit vor allem um den richtigen Umgang mit Homosexualität.

Und es ging innerhalb des Pietismus und der evangelikalen Gemeinschaft noch nicht um den Sühnetod Jesu oder andere Themen. Aber in Folge dieser ethischen Frage wurde klar, dass wir uns mit Grundfragen des Schriftverständnisses und der Offenbarung Gottes befassen müssen. Deswegen finden Sie in unserem aktuellen Memorandum auch an keiner Stelle das Wort Homosexualität erwähnt.

Warum sind diese notwendigen Diskussionen dann nicht in Gnadau und der Allianz geführt worden, sondern in einem neuen Netzwerk?

Woher wissen Sie denn, dass diese Diskussionen nicht geführt worden? Ich habe in all den Jahren mit den maßgeblichen Leuten der Allianz Gespräche geführt.

Eine Konkurrenz zur Allianz?

Warum haben Sie dann ein neues Netzwerk gegründet? Für Viele wirkt das Netzwerk Bibel und Bekenntnis wie eine Gegenveranstaltung zu Allianz und Gnadau.

Ein wesentlicher Grund war, dass etwa Michael Diener immer wieder sagte, wir wollen diese Diskussion nicht in der Öffentlichkeit führen, sondern auf Ebene der Kirchenleitungen in vertraulichen Gesprächen. Das fand ich gut und richtig. Nur: Es braucht auch eine öffentliche Stellungnahme. Nicht um Kirchenleitungen zu beeinflussen, sondern um der Basis in der Gemeinde eine Orientierung zu geben. Ich sagte: Wenn ihr mit Rücksichtnahme auf interne Gespräche nicht öffentlich redet, dann weiß die Basis nicht, wofür ihr steht. So kam es dann auch. Denken Sie nur an die Entscheidung des Rates der EKD mit seiner begeisterten Zustimmung zur „Ehe für alle“ – zwei Tage bevor der Bundestag sie beschlossen hatte. Da hätte man gerne gewusst, wer wie im Rat abgestimmt hat. Der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU (Thomas Rachel, d.Red.) hat nachher deutlich gesagt, dass er dagegen gestimmt hat. Wir wollten nie eine Alternative zur Allianz sein.

So nehmen es aber Viele wahr.

Ich bin sehr dankbar, dass sich der designierte Gnadauer Präses Steffen Kern inhaltlich sehr klar und unpolemisch positioniert hat. Wir haben immer versucht, nicht auf Namen zu zielen, weil es keine persönlichen, sondern inhaltliche Auseinandersetzungen sind. Ich wünschte mir mehr kontroverse Diskussion. Es gibt eine große Tradition der Reformation der theologischen Disputation, einer geordneten Diskussion. Das fehlt uns heute. Wir haben unsere Positionen deutlich formuliert. Ich habe nicht den Eindruck, dass manche Andere das als Einladung zum Gespräch verstanden hätten. Stattdessen kritisierten sie, dass wir uns überhaupt erlaubt hatten, eine Gegenposition zu formulieren – wer wir denn seien, dass wir so etwas tun. Wir sind mündige Christen, die einen Kopf zum Denken haben. Und solange auch noch ein Mund zum Reden und ein Stift zum Schreiben da ist, werden wir uns äußern.

In der Allianz gab es intensive Besprechungen über Homosexualität, am Ende konnte man sich zu einem Papier durchringen …

Und was waren die Ergebnisse? Bevor die Ergebnisse dieser geheimen Konsultationen ausgearbeitet waren, haben führende Leute ihre Position für gültig erklärt. Fragen Sie doch mal die, die bei den Diskussionen dabei waren, sowohl aus dem Feld der Seelsorge für gleichgeschlechtlich empfindende Menschen als auch die, die theologisch eine andere Position vertreten haben. Fragen Sie die mal heute, wie Sie sich behandelt fühlten in diesem Prozess.

Erzählen Sie es uns.

Die Diskussion wurde nicht in einer fairen Weise geführt, die zu gemeinsamen Ergebnissen führen konnte, sondern die Ergebnisse wurden dekretiert. Am Ende war man erstaunt über die, die sich nicht mundtot machen ließen. So ist es weitergegangen bis heute.

In dem Papier wird die „Ehe für Alle“ abgelehnt, aber in Bezug auf die Bibel wurde nur gesagt, dass die „in der Bibel beschriebene homosexuelle Praxis“ durchweg verurteilt werde. Zu heutigen Beziehungen sagte das Papier nichts. Immerhin: Man hat lange gestritten und eine gemeinsame Linie gefunden. Auch wenn es eher ein Minimalkonsens war.

Die Allianz ist natürlich keine Bekenntnis-Kampfgruppe. Mich hat eher besorgt, dass viele Christen diese Schlitzohrigkeit des Kompromisses gar nicht verstanden haben. Manche sagen nämlich, in der Bibel gebe es zwar keine positive Bewertung homosexueller Praxis, aber in der Bibel würde nichts über heutige, gleichberechtigte, von Liebe und Treue getragenen Lebensgemeinschaften von Homosexuellen gesagt – das habe es nämlich damals gar nicht gegeben. Doch das ist historisch einfach falsch. In der säkularen LGBT-Bewegung wird seit Jahren darauf verwiesen, dass es auch in der Antike gleichberechtigte gleichgeschlechtliche Partnerschaften gab. Dort wird zum Beispiel die „heilige Schar von Theben“ (seit etwa 378 bis 338 vor Christus) zitiert, eine Truppe von Elitesoldaten, die aus homosexuellen Paaren bestand. Ich höre nie eine Antwort auf diese historischen Fakten. Immer noch gehen Leute in die Gemeinden und sagen, in der Antike hätte es nur homosexuelle Praxis in Form von Gewalt und Ungleichheit gegeben. Das stimmt einfach nicht! Das sind schlicht historische Fakten – und das hat mit Glauben nichts zu tun. Ich sage: Nehmt die Quellen und lest, was bei Plato oder Plutarch zu dem Thema steht! Ich empfinde es als nahezu unverschämt, dass trotz der klaren Quellenlage immer noch Leute in Gemeinden das Gegenteil erzählen. Wir haben diese Texte auf unserer Internetseite zugänglich gemacht. Bisher hat uns gegenüber noch kein Protagonist der anderen Seite diese historischen Fakten widerlegt.

Ethische Fragen sind nicht Kernfragen des Glaubens. Fragen des Schriftverständnisses schon. Häufig wird gesagt: Ihr glaubt an die Bibel, wir glauben an Jesus.

Was für ein Satz! Die Frage ist natürlich: An welchen Jesus glaubst du, wenn du der Heiligen Schrift nicht vertraust? Das ist die Kernfrage. Mich macht es inzwischen zornig, wenn dieser Satz bei frommen Leuten zitiert wird und natürlich Eindruck schindet. Alle nicken reflexartig, denn natürlich glauben wir an Jesus, wir beten zu Jesus, nicht zur Bibel. Das Vertrauen zur Heiligen Schrift aber ermöglicht uns den Zugang zu Jesus Christus. Die Bibel ist das Dokument der Offenbarung. Und wenn das, was in den Evangelien über Jesus steht, nicht stimmt, ja dann ist der Glaube an Jesus eine Leerformel, wie Paulus in 1. Korinther 15 gesagt hat, dann ist der Glaube leer. Und wir sind Lügner, „die elendesten unter allen Menschen“.

In 1. Korinther 1 schreibt er: „Ich meine aber dies, dass unter euch der eine sagt: Ich gehöre zu Paulus, der andere: Ich zu Apollos, der Dritte: Ich zu Kephas, der Vierte: Ich zu Christus. Wie? Ist Christus etwa zerteilt?“ Im Moment könnte man in der evangelikalen Christenheit den Eindruck bekommen, dass die einen sagen: „Ich gehöre zu Dietz“ oder: „ich gehöre zu Diener“ oder: „ich gehöre zu Parzany“. Ist das nicht ein negativer Nebeneffekt der zunehmenden Polarisierung?

Ja, und deshalb ermutigen wir die Leute, die Bibel zu lesen. Mündige Christen werden nur urteilsfähig, wenn sie die Bibel lesen. Und zwar nicht nur die Teile, die man sich als Seelentrösterchen rauspickt, sondern Altes und Neues Testament im Zusammenhang, wie es der Pietismus seit Speners Zeiten wollte. Ich möchte niemanden ermutigen, einer Wahrheit zu glauben, weil ich sie verkünde. Wenn die Leute sich nicht bereit erklären, die Bibel zu lesen, dann wird ihnen nichts anderes bleiben, als dass sie jedem Wind der Mode folgen und sich an Personen hängen. Das ist der Christenheit noch nie gut bekommen.

Warum haben Sie dann ein neues Netzwerk gegründet? Für Viele wirkt das Netzwerk Bibel und Bekenntnis wie eine Gegenveranstaltung zu Allianz und Gnadau.

Ein wesentlicher Grund war, dass etwa Michael Diener immer wieder sagte, wir wollen diese Diskussion nicht in der Öffentlichkeit führen, sondern auf Ebene der Kirchenleitungen in vertraulichen Gesprächen. Das fand ich gut und richtig. Nur: Es braucht auch eine öffentliche Stellungnahme. Nicht um Kirchenleitungen zu beeinflussen, sondern um der Basis in der Gemeinde eine Orientierung zu geben. Ich sagte: Wenn ihr mit Rücksichtnahme auf interne Gespräche nicht öffentlich redet, dann weiß die Basis nicht, wofür ihr steht. So kam es dann auch. Denken Sie nur an die Entscheidung des Rates der EKD mit seiner begeisterten Zustimmung zur „Ehe für alle“ – zwei Tage bevor der Bundestag sie beschlossen hatte. Da hätte man gerne gewusst, wer wie im Rat abgestimmt hat. Der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU (Thomas Rachel, d.Red.) hat nachher deutlich gesagt, dass er dagegen gestimmt hat. Wir wollten nie eine Alternative zur Allianz sein.

So nehmen es aber Viele wahr.

Ich bin sehr dankbar, dass sich der designierte Gnadauer Präses Steffen Kern inhaltlich sehr klar und unpolemisch positioniert hat. Wir haben immer versucht, nicht auf Namen zu zielen, weil es keine persönlichen, sondern inhaltliche Auseinandersetzungen sind. Ich wünschte mir mehr kontroverse Diskussion. Es gibt eine große Tradition der Reformation der theologischen Disputation, einer geordneten Diskussion. Das fehlt uns heute. Wir haben unsere Positionen deutlich formuliert. Ich habe nicht den Eindruck, dass manche Andere das als Einladung zum Gespräch verstanden hätten. Stattdessen kritisierten sie, dass wir uns überhaupt erlaubt hatten, eine Gegenposition zu formulieren – wer wir denn seien, dass wir so etwas tun. Wir sind mündige Christen, die einen Kopf zum Denken haben. Und solange auch noch ein Mund zum Reden und ein Stift zum Schreiben da ist, werden wir uns äußern.

In der Allianz gab es intensive Besprechungen über Homosexualität, am Ende konnte man sich zu einem Papier durchringen …

Und was waren die Ergebnisse? Bevor die Ergebnisse dieser geheimen Konsultationen ausgearbeitet waren, haben führende Leute ihre Position für gültig erklärt. Fragen Sie doch mal die, die bei den Diskussionen dabei waren, sowohl aus dem Feld der Seelsorge für gleichgeschlechtlich empfindende Menschen als auch die, die theologisch eine andere Position vertreten haben. Fragen Sie die mal heute, wie Sie sich behandelt fühlten in diesem Prozess.

Erzählen Sie es uns.

Die Diskussion wurde nicht in einer fairen Weise geführt, die zu gemeinsamen Ergebnissen führen konnte, sondern die Ergebnisse wurden dekretiert. Am Ende war man erstaunt über die, die sich nicht mundtot machen ließen. So ist es weitergegangen bis heute.

In dem Papier wird die „Ehe für Alle“ abgelehnt, aber in Bezug auf die Bibel wurde nur gesagt, dass die „in der Bibel beschriebene homosexuelle Praxis“ durchweg verurteilt werde. Zu heutigen Beziehungen sagte das Papier nichts. Immerhin: Man hat lange gestritten und eine gemeinsame Linie gefunden. Auch wenn es eher ein Minimalkonsens war.

Die Allianz ist natürlich keine Bekenntnis-Kampfgruppe. Mich hat eher besorgt, dass viele Christen diese Schlitzohrigkeit des Kompromisses gar nicht verstanden haben. Manche sagen nämlich, in der Bibel gebe es zwar keine positive Bewertung homosexueller Praxis, aber in der Bibel würde nichts über heutige, gleichberechtigte, von Liebe und Treue getragenen Lebensgemeinschaften von Homosexuellen gesagt – das habe es nämlich damals gar nicht gegeben. Doch das ist historisch einfach falsch. In der säkularen LGBT-Bewegung wird seit Jahren darauf verwiesen, dass es auch in der Antike gleichberechtigte gleichgeschlechtliche Partnerschaften gab. Dort wird zum Beispiel die „heilige Schar von Theben“ (seit etwa 378 bis 338 vor Christus) zitiert, eine Truppe von Elitesoldaten, die aus homosexuellen Paaren bestand. Ich höre nie eine Antwort auf diese historischen Fakten. Immer noch gehen Leute in die Gemeinden und sagen, in der Antike hätte es nur homosexuelle Praxis in Form von Gewalt und Ungleichheit gegeben. Das stimmt einfach nicht! Das sind schlicht historische Fakten – und das hat mit Glauben nichts zu tun. Ich sage: Nehmt die Quellen und lest, was bei Plato oder Plutarch zu dem Thema steht! Ich empfinde es als nahezu unverschämt, dass trotz der klaren Quellenlage immer noch Leute in Gemeinden das Gegenteil erzählen. Wir haben diese Texte auf unserer Internetseite zugänglich gemacht. Bisher hat uns gegenüber noch kein Protagonist der anderen Seite diese historischen Fakten widerlegt.

Ethische Fragen sind nicht Kernfragen des Glaubens. Fragen des Schriftverständnisses schon. Häufig wird gesagt: Ihr glaubt an die Bibel, wir glauben an Jesus.

Was für ein Satz! Die Frage ist natürlich: An welchen Jesus glaubst du, wenn du der Heiligen Schrift nicht vertraust? Das ist die Kernfrage. Mich macht es inzwischen zornig, wenn dieser Satz bei frommen Leuten zitiert wird und natürlich Eindruck schindet. Alle nicken reflexartig, denn natürlich glauben wir an Jesus, wir beten zu Jesus, nicht zur Bibel. Das Vertrauen zur Heiligen Schrift aber ermöglicht uns den Zugang zu Jesus Christus. Die Bibel ist das Dokument der Offenbarung. Und wenn das, was in den Evangelien über Jesus steht, nicht stimmt, ja dann ist der Glaube an Jesus eine Leerformel, wie Paulus in 1. Korinther 15 gesagt hat, dann ist der Glaube leer. Und wir sind Lügner, „die elendesten unter allen Menschen“.

In 1. Korinther 1 schreibt er: „Ich meine aber dies, dass unter euch der eine sagt: Ich gehöre zu Paulus, der andere: Ich zu Apollos, der Dritte: Ich zu Kephas, der Vierte: Ich zu Christus. Wie? Ist Christus etwa zerteilt?“ Im Moment könnte man in der evangelikalen Christenheit den Eindruck bekommen, dass die einen sagen: „Ich gehöre zu Dietz“ oder: „ich gehöre zu Diener“ oder: „ich gehöre zu Parzany“. Ist das nicht ein negativer Nebeneffekt der zunehmenden Polarisierung?

Ja, und deshalb ermutigen wir die Leute, die Bibel zu lesen. Mündige Christen werden nur urteilsfähig, wenn sie die Bibel lesen. Und zwar nicht nur die Teile, die man sich als Seelentrösterchen rauspickt, sondern Altes und Neues Testament im Zusammenhang, wie es der Pietismus seit Speners Zeiten wollte. Ich möchte niemanden ermutigen, einer Wahrheit zu glauben, weil ich sie verkünde. Wenn die Leute sich nicht bereit erklären, die Bibel zu lesen, dann wird ihnen nichts anderes bleiben, als dass sie jedem Wind der Mode folgen und sich an Personen hängen. Das ist der Christenheit noch nie gut bekommen.

Umgang mit Kritik

Sie bekommen bisweilen heftigen Gegenwind. Kommen bei Ihnen dann auch Selbstzweifel auf?

Meinen Sie, es macht Spaß, wenn man Freunde verliert? Das Reich Gottes ist kein Ponyhof. Ich komme aber noch glimpflich weg, denn bei mir kommt ja kaum Kritik an. Es scheinen mehr Menschen über mich zu reden als mit mir. Was auf Facebook anonym geäußert wird, beeindruckt mich nicht. Wenn mich aber jemand mit gutem Grund und offenem Visier kritisiert, geht mir das sehr, sehr tief und stellt mich sehr infrage. Und glauben Sie wohl, dass ich meine Bibel anders und intensiver lese. Ich bete an jedem Morgen Psalm 143,8: „Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll, denn mich verlangt nach dir.“ Ich bete fast jeden Morgen den Psalm 42: „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele Gott zu dir.“ Zweifel kenne ich. Aber ich habe ja gar kein Amt und will auch nichts für mich gewinnen. In unserem Netzwerk habe ich dafür geworben, dass man es doch bald auflösen sollte. Und vor allen Dingen, dass ich gerne bald den Vorsitz abgebe. Ich werde bald 80. Solange Gott mir die Kraft gibt und ich eine Verpflichtung habe, will ich mich aber einsetzen. Nicht in Richtung der Kirchenleitungen, denn die hören ohnehin nicht mehr auf uns. Ich glaube, dass wir eine Verantwortung für das Volk Gottes haben, für die vielen treuen Pfarrer und Prediger, die Sonntag für Sonntag das Evangelium klar predigen, für die vielen Christen, die sich marginalisiert und wie der letzte Dreck behandelt fühlen und die doch treu Jesus nachfolgen, die diakonische Arbeit machen, Ausländern Sprachunterricht geben, in der Corona-Zeit Menschen besuchen und einen treuen Dienst tun. Die müssen gestärkt werden in der Gewissheit: Ja, Jesus lebt, er ist auferstanden. Er wird wiederkommen.

Sie wollen also das Netzwerk Bibel und Bekenntnis auflösen?

Je schneller es aufgelöst werden könnte, weil es überflüssig geworden ist, desto glücklicher wäre ich! Es gibt viel zu viele Organisationen, auch im Bekenntnisbereich, die längst aufgelöst gehörten und die aus irgendwelchen Gründen immer noch weiter existieren. Das will ich auf jeden Fall verhindern.

Was müsste dazu passieren, damit das Netzwerk überflüssig wird?

Klare Stimmen im evangelikalen Bereich. Wenn zum Beispiel der Gnadauer Verband eine klare Orientierung gibt und nicht sagt, man könne die Bibel auch anders lesen. Das würde völlig reichen. Wir brauchen Hirten, die mutig vorangehen und sich auch prügeln lassen, wenn die Basis mit ihnen nicht einverstanden ist. Wir können Leitung nicht wahrnehmen, wenn wir immer nur den Kompromiss suchen. Es gibt ja positive Vorbilder, zum Beispiel in Bayern oder Württemberg. Da haben die Gemeinschaftsverbände teils Tabubrüche vollzogen, als ihre Landeskirchen die Segnung homosexueller Partnerschaften erlaubt haben. Sie erlaubten in der Folge nämlich auch denen, die aus der Kirche ausgetreten waren, weiterhin Mitglied in den Gemeinschaften zu bleiben. Ich sehe also nicht schwarz. Das tue ich sowieso nicht, weil der Herr wiederkommt und ich deshalb voller Hoffnung bin.

Vielen Dank für das Gespräch.

Sie bekommen bisweilen heftigen Gegenwind. Kommen bei Ihnen dann auch Selbstzweifel auf?

Meinen Sie, es macht Spaß, wenn man Freunde verliert? Das Reich Gottes ist kein Ponyhof. Ich komme aber noch glimpflich weg, denn bei mir kommt ja kaum Kritik an. Es scheinen mehr Menschen über mich zu reden als mit mir. Was auf Facebook anonym geäußert wird, beeindruckt mich nicht. Wenn mich aber jemand mit gutem Grund und offenem Visier kritisiert, geht mir das sehr, sehr tief und stellt mich sehr infrage. Und glauben Sie wohl, dass ich meine Bibel anders und intensiver lese. Ich bete an jedem Morgen Psalm 143,8: „Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll, denn mich verlangt nach dir.“ Ich bete fast jeden Morgen den Psalm 42: „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele Gott zu dir.“ Zweifel kenne ich. Aber ich habe ja gar kein Amt und will auch nichts für mich gewinnen. In unserem Netzwerk habe ich dafür geworben, dass man es doch bald auflösen sollte. Und vor allen Dingen, dass ich gerne bald den Vorsitz abgebe. Ich werde bald 80. Solange Gott mir die Kraft gibt und ich eine Verpflichtung habe, will ich mich aber einsetzen. Nicht in Richtung der Kirchenleitungen, denn die hören ohnehin nicht mehr auf uns. Ich glaube, dass wir eine Verantwortung für das Volk Gottes haben, für die vielen treuen Pfarrer und Prediger, die Sonntag für Sonntag das Evangelium klar predigen, für die vielen Christen, die sich marginalisiert und wie der letzte Dreck behandelt fühlen und die doch treu Jesus nachfolgen, die diakonische Arbeit machen, Ausländern Sprachunterricht geben, in der Corona-Zeit Menschen besuchen und einen treuen Dienst tun. Die müssen gestärkt werden in der Gewissheit: Ja, Jesus lebt, er ist auferstanden. Er wird wiederkommen.

Sie wollen also das Netzwerk Bibel und Bekenntnis auflösen?

Je schneller es aufgelöst werden könnte, weil es überflüssig geworden ist, desto glücklicher wäre ich! Es gibt viel zu viele Organisationen, auch im Bekenntnisbereich, die längst aufgelöst gehörten und die aus irgendwelchen Gründen immer noch weiter existieren. Das will ich auf jeden Fall verhindern.

Was müsste dazu passieren, damit das Netzwerk überflüssig wird?

Klare Stimmen im evangelikalen Bereich. Wenn zum Beispiel der Gnadauer Verband eine klare Orientierung gibt und nicht sagt, man könne die Bibel auch anders lesen. Das würde völlig reichen. Wir brauchen Hirten, die mutig vorangehen und sich auch prügeln lassen, wenn die Basis mit ihnen nicht einverstanden ist. Wir können Leitung nicht wahrnehmen, wenn wir immer nur den Kompromiss suchen. Es gibt ja positive Vorbilder, zum Beispiel in Bayern oder Württemberg. Da haben die Gemeinschaftsverbände teils Tabubrüche vollzogen, als ihre Landeskirchen die Segnung homosexueller Partnerschaften erlaubt haben. Sie erlaubten in der Folge nämlich auch denen, die aus der Kirche ausgetreten waren, weiterhin Mitglied in den Gemeinschaften zu bleiben. Ich sehe also nicht schwarz. Das tue ich sowieso nicht, weil der Herr wiederkommt und ich deshalb voller Hoffnung bin.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Nicolai Franz.

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