„Gänsehautmoment“: Ukrainer und Russen beten gemeinsam für Frieden

Die Deutsche Evangelische Allianz ruft zum Gebet für Frieden in der Ukraine auf. Die Kraft, die dem Gebet innewohne, dürfe nicht zu klein bemessen werden. Besonders bewegend sei ein digitales Gebetstreffen am Donnerstag gewesen.
Von Norbert Schäfer
Gefaltete Hände auf einer Kirchenbank

Weltweit haben Vertreter christlicher Kirchen und Organisationen die Invasion russischer Truppen in der Ukraine verurteilt und rufen zum Gebet für Frieden auf. Die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) unterstützt Aufrufe zu Friedensgebeten. „Jetzt ist die Zeit des Gebets“, erklärte der Politikbeauftragte der DEA, Uwe Heimowski, auf PRO Anfrage. Er verwies auf die vielfältigen Möglichkeiten zur Teilnahme. An vielen Orten fänden Friedensgebete und Mahnwachen regionaler Allianzen und verschiedener Kirchen statt, Kirchenbünde böten die digitale Teilnahme an Gebeten über das Internet an.

Die DEA ruft gemeinsam mit der Initiative „Miteinander für Europa“ für den 2. März zum Gebet für den Frieden auf. Bei dem Online-Gebetstreffen sollen Menschen aus der Ukraine über die Situation in dem Land berichten. Gemeinsam wollen dann die Christen aus Deutschland, der Ukraine und weiteren europäischen Ländern für den Frieden beten. Die DEA betont in der Ankündigung zu der Veranstaltung, „auch die russische Perspektive nicht vergessen“ zu wollen.

Heimowski berichtet gegenüber PRO von einer kurzfristig über Zoom angesetzten Gebetsversammlung der Gebetsfrühstücksbewegung am Donnerstag. 144 Menschen aus mindestens 22 Ländern hätten daran teilgenommen. „Ein Teilnehmer betete über sein Smartphone während er durch Kiew lief, jederzeit damit rechnend, dass die russischen Truppen die Stadt erreichen“, berichtet der DEA-Politikbeauftragte, und weiter: „In Moskau beteten Vertreter der russischen Evangelischen Allianz und andere Geschwister für Frieden. Das waren Gänsehautmomente.“ Das gemeinsame Ringen vor Gott um Frieden habe gezeigt, dass Christen trotz allem zusammengehörten, weil sie zu Jesus gehörten und „eingebetet“ seien in internationale Solidarität. „Wenn jetzt mancher sagt ‚Was hilft schon beten?‘, den möchte ich daran erinnern, dass wir 1989 erlebt haben, welche gesellschaftliche Kraft das Gebet entwickeln kann. Denken wir da nicht zu klein“, sagte Heimowski.

Rolle orthodoxer Kirchen ist „kompliziert“

Spätestens seit der Rede von Wladimir Putin Anfang der Woche hat Heimowski nach eigenem Bekunden den russischen Einmarsch in der Ukraine befürchtet. Der Angriff habe seit dem in der Luft gelegen. Einige Berichte, die er aus der Ukraine erhalten habe, hätten ebenfalls auf die Invasion hin gedeutet.

Die Europäische Evangelische Allianz (EEA) verurteilt in einer Erklärung die Angriffe auf die Ukraine. Die Invasion sei nicht gerechtfertigt und grundlos. Die Behauptung, dass der Angriff notwendig gewesen sei, um die russische Minderheit in der Ukraine zu schützen, sei falsch. Den Grund für die „Katastrophe“ erkennt die EEA in den geopolitische Absichten, die der russische Präsident Wladimir Putin durchsetzen will. Die DEA ruft den russischen Präsidenten dazu auf, „die Kriegshandlungen einzustellen und alles zu tun, um insbesondere die Zivilbevölkerung zu schützen“.

Über Putins persönlichen Glauben wollte Heimowski kein Urteil fällen. Dass in der Ukraine drei unterschiedliche orthodoxe Kirchen existieren, wertete Heimowski als „kompliziert“. In der Ukraine gibt es neben der russisch-orthodoxen Kirche noch die ukrainisch-orthodoxe Kirche Kiewer Patriarchats und die ukrainisch-orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats. „Sie alle verbinden den Glauben mit einem starken Nationalismus“, erklärt Heimowski. Der DEA-Politikbeauftragte bewertet die Rolle der Kirchen und deren Einfluß als stark. Es sei ein wichtiger diplomatischer Weg, Gespräche mit den Leitern dieser Kirchen zu führen.

Aus der Bibel sei klar und eindeutig erkennbar, dass Gott Frieden wolle. „Kriege und Kriegsgeschrei“ würden laut der Bibel erst mit der Wiederkunft Jesu aufhören. „Bis dahin sind Christen aufgefordert, alles zu tun, um für den Frieden zu wirken.“ Dazu setzen manche Gruppen – Heimowski nannte die Mennoniten – auf radikalen Pazifismus. Andere hielte es für notwendig, sich militärisch zur Wehr setzen zu können und denen zu helfen, die sich alleine nicht helfen könnten. Heimowski verwies auf Ruanda. Bei früherem Eingreifen der Weltgemeinschaft hätte in dem Land viel Leid verhindert werden können. Die DEA bilde eine „Breite von Christen“ mit unterschiedlichen Meinungen ab. Dazu gehörten der Arbeitskreis „Frieden und Versöhnung“ ebenso wie der Arbeitskreis „Soldaten“.


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