Fromme – Mehr oder weniger grün

Christen sind im Durchschnitt nicht ökologischer eingestellt als die Bevölkerung, aber auch nicht weniger umweltbewusst. Das zeigt eine Studie über Schöpfungsverantwortung und Nachhaltigkeit in Gemeinden der Akademie für christliche Führungskräfte.
Von Norbert Schäfer

Der promovierte Agrarwissenschaftler Thomas Kröck hat mittels einer Online-Umfrage und in vertiefenden Diskussionsgruppen untersucht, wie umweltbewusst Christen sind. „Mitglieder christlicher Gemeinden sind nicht weniger umweltbewusst als die Gesamtbevölkerung, allerdings auch nicht deutlich stärker“, erklärt Kröck, Studienleiter für Development Studies an der Akademie für christliche Führungskräfte.

Bei der Untersuchung hat sich Kröck an der Umweltbewusstseins-Studie des Bundesministeriums für Umwelt orientiert. So sind die Ergebnisse aus der Befragung von Mitgliedern aus Gemeinden evangelischer Landeskirchen (EKD), dem Gnadauer Gemeinschaftsverband und Freier evangelischer Gemeinden (FeG) vergleichbar mit Zahlen aus der Gesamtbevölkerung. Mehr als 900 Personen haben dazu an einer Online-Umfrage teilgenommen, vertiefende Diskussionsgruppen fanden danach in 13 Gemeinden statt.

EKD-Mitglieder stärker sensibilisiert

Bei der Umfrage sollten die Teilnehmer unter anderem selbst einschätzen, wie wichtig ihnen im Vergleich zu Mitgliedern der eigenen Gemeinde Themen wie Naturschutz und Nachhaltigkeit sind. „Kaum Unterschiede hinsichtlich des Umweltbewusstseins gab es bei den Befragten, denen die Themen wichtig oder sehr wichtig waren“, erklärte Kröck, und weiter: „Allerdings zeigten in der Teilgruppe von Personen, denen das Thema weniger wichtig ist, Befragte aus Gemeinden der EKD ein höheres Umweltbewusstsein, als bei solchen aus den FeGs und Gnadauer Gemeinden.“

Kröck führt das stärkere Interesse an dem Thema bei EKD-Mitgliedern darauf zurück, dass darüber in den Landeskirchen bereits länger diskutiert wird. Zudem hätten die Landeskirchen über verschiedene Umwelt-Zertifizierungs-Programme wie dem „Grünen Hahn“ die Kirchengemeinden für Energiesparmaßnahmen, Umweltverträglichkeit und Ökologie sensibilisiert. Die untersuchten Gemeinden aus FeGs und dem Gnadauer Verband waren nicht an solchen Programmen beteiligt. Auch innerhalb der Gemeinden aus den Landeskirchen hat der Wissenschaftler deutliche Unterschiede festgestellt. Bei teilnehmenden Gemeinden an den Umweltprogrammen der Kirchen komme das Thema wesentlich öfter im Gottesdienst vor und es wurden mehr konkrete Maßnahmen umgesetzt, als bei solchen, die nicht daran teilnehmen.

FeG und Gnadau: Geistliche Themen im Vordergrund

Kröck interpretiert die Ergebnisse dahingehend, dass der größere Verwaltungsapparat mit eigenen Stäben es den Landeskirchen erlaubt, sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. „Über solche Ressourcen verfügten in dem Maße weder der Bund Freier evangelischen Gemeinden noch der Gnadauer Gemeinschaftsverband.“ Die Landeskirchen nähmen als Volkskirchen zudem viel stärker zu politischen Themen Stellung, während bei FeGs und Gnadau-Gemeinden „stärker die geistlichen Anliegen im Vordergrund stehen, also Evangelisation und geistliches Wachstum“.

Weil FeGs und Gemeinschaften oft ein größeres Einzugsgebiet hätten als Kirchengemeinden, spiele dort beispielsweise das Thema Mobilität eine ganze andere Rolle als in einer Kirchengemeinde, deren Mitglieder überwiegend vor Ort leben. Gemeinden mit großem Einzugsgebiet könnten aber mit Fahrgemeinschaften oder mit Carsharing-Angeboten auch zum Umweltschutz beitragen.

Kröck hat festgestellt, dass die zugrundeliegende Theologie Einfluss auf Umweltbewusstsein und Umweltverhalten hat. Die Befragten stimmten weitgehen zu, dass die natürlichen Grenzen des Wachstums in der industrialisierten Welt erreicht sind. Die meisten Befragten waren sich auch einig darüber, dass Umweltgruppen die Klima-Problematik nicht stark übertreiben.

Gottvertrauen versus persönliche Verantwortung

„Nach Datenlage sind Mitglieder der Landeskirchen aber stärker beunruhigt über das Leben, die Umweltproblematik, und die Umweltkrise“, erklärt der Wissenschaftler. „Es scheint so, dass FeGs und Gnadauer Gemeinden – was die Bedrohung von Natur und Umwelt angeht – weniger beunruhigt sind.“ Als einen möglichen Grund nennt Kröck deren Glauben daran, „dass Gott das Ganze in der Hand hat“ und die Auffassung, „wir Menschen können Gott da ohnehin nicht dazwischenfunken“. Der Aussage „Weil Gott allmächtig ist, lässt er seine Schöpfung nicht von Menschen zerstören“ stimmte etwa ein Drittel der Mitglieder aus den Landeskirchen zu, aber zwei Drittel der Befragten aus FeGs und Gnadauer Gemeinden. „Aus den Daten von Befragten bei FeGs und Gnadau kann man hinsichtlich deren Anstrengungen zum Klimaschutz ableiten: Wir vertrauen Gott, deswegen müssen wir weniger machen.“ Kröck sieht darin eine Spannung zwischen Gottvertrauen einerseits und persönlicher Verantwortung andererseits.

Kröck hat auch festgestellt, dass die Bedenken, im Zuge der Auseinandersetzung mit ökologischen Themen in eine Art Naturreligion zu verfallen – in der letztlich die Natur angebetet wird – bei Befragten aus FeGs und Gnadau-Gemeinden „deutlich stärker“ ausgeprägt waren, als bei Befragten aus den Landeskirchen.

So behandeln theologische Ausbildungsstätten das Thema

PRO wollte wissen, ob Themen der Schöpfungsverantwortung, ökologische Spiritualität und Nachhaltigkeit an theologischen Ausbildungsstätten behandelt werden und hat bei rund 40 Einrichtungen nachgefragt. Spezielle Kurse, Seminare oder Workshops zu den Themen werden nur bei einer von insgesamt sieben rückmeldenden Einrichtungen angeboten. Aber die entsprechenden Fragen würden im Rahmen der Schöpfungslehre, der Eschatologie, der Ethik oder der allgemeinen Spiritualität und Lebensgestaltung behandelt. Lediglich eine Missionsschule gab an, dass zur theologischen Ausbildung an der Einrichtung ein zweitägiges Seminar zum Thema „Umweltethik und Christ“ verpflichtend ist.

Dort, wo Bibelschüler oder Studenten in einer Studien- und Lebensgemeinschaft leben, spielen Ökologie und Nachhaltigkeit offenbar eine wichtigere Rolle. An einer Einrichtung machen sich eigenen Angaben zufolge Studierende und Dozierende in einem Nachhaltigkeitsteam zusammen Gedanken zu dem Thema. Allen Antworten war gemein, dass die Thematik immer wieder fächerübergreifend, wenn auch überwiegend nicht fest im Curriculum verankert, im Unterricht behandelt wird.

Buch zur Studie

Die Ergebnisse seiner quantitativen und qualitativen, aber nicht repräsentativen Untersuchungen hat Kröck in dem Buch „Fromm und Grün“ veröffentlicht, das im Neukirchener Verlag erschienen ist. Der detaillierten Analyse zum Umweltbewusstsein von Mitgliedern christlicher Kirchen ist ein zweiter Teil über Aspekte ökologischer Theologie, Ethik und Spiritualität aus der Feder von Mitherausgeber Heinrich Christian Rust an die Seite gestellt. Darin beschreibt Rust auf biblischer Grundlage die Verantwortung christlicher Gemeinden im ökologischen Umbruch und gibt Hinweise zur Reflexion der Thematik. In einem dritten Teil beschreiben verschiedene Autoren an Beispielen konkretes ökologisches und nachhaltiges Handeln in der Gemeinde und geben Tipps, wie das Thema Schöpfungsverantwortung in Gottesdienst, Kinder- und Jugendarbeit oder einem Hauskreis eingebunden werden kann.


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3 Antworten

  1. Wenn schon wirklich ALLE damit aufhören würden, ihren Müll irgendwo in den Wald zu stellen oder aus dem Autofenster zu werfen. Damit wäre schon viel, sehr viel gewonnen. Die GROßEN Umweltziele überlassen wir mal den Staatenlenkern, die es, wie wir wissen, nicht geregelt bekommen. Für den „kleinen Mann“ ist das Kleine, das zu Bewältigende. Viel Kleinvieh macht auch Mist, wie der Volksmund sagt.

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  2. Daß diese Themen bei den EKD-Gemeinden mehr in Fokus steht, wundert angesichts der „Rotlichtbestrahlung“ von den Kanzeln der meisten Gemeinden nicht, auch die Bischöfe und andere Kirchenoberen der EKD kümmern sich lieber um politische Themen als um die Verkündigung des Evangeliums. Man beachte aber auch mal, wo Gottesdienste wirklich voll sind, wo nicht, wo es finanzielle Schwierigkeiten gibt und wo nicht. Die Freikirchen gehen eben sorgsamer mit dem Spendenaufkommen um als die „Volkskirchen“ mit den Kirchensteuern, die für alles mögliche vergeudet werden, zur Finanzierung von Genderideolgieinstituten bis zur Finanzierung von Schlepperorganisationen. Derweil verrotten Gebäude und Orgeln, schrumpfen die Ortsgemeinden. Kirche soll sich aus Politik heraushalten und Politik aus den Kirchen, ansonsten kommt es eben zu Zuständen wie z.B. in Brasilien oder USA, nur daß da eben die Kirchen den Populisten Unterstützung in vielerlei Art gewähren und so zur Spaltung der Gesellschaft beitragen, in diesen Ländern sind es Rechtspopulisten vom Schlage eines Herrn Trump, hierzulande wird jedweder linksgrüne Mist befördert. Was will man von einer Kirche erwarten, deren Pastoren bekennen, nicht an die leibliche Auferstehung Jesu Chrisi zu glauben und die mit anderen Glaubensgemeinschaften gemeinsame Gottesdienste feiert, der Einstieg in eine „Weltkirche“, die Hure Babylon aus der Offenbarung.

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    1. Zustimmung! Ich würde, ganz nebenbei, mal von Peter Hahne, der morgen 70 wird, langjähriges Mitglied von EKD-Gremien (Synode und Rat, insgesamt 25 Jahre) war und sich mehrfach gegen Kirchensteuer ausgesprochen hat, gerne einmal wissen a) warum er so lange in der EKD ausgehalten hat und b)ob er nicht mal seine Erfahrungen mit dieser in Form eines Buches veröffentlichen möchte. Ich glaube, das wäre hoch-interessant… Von ihm solches zu hören, der seit Längerem kein gutes Haar an der EKD lässt…. Sicher ein neuer SPIEGEL-Bestseller..

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