Fall Luise: Fake News bei TikTok und Co.

Der Tod der zwölfjährigen Luise entsetzt die Nation. Der Fall wird auch in den sozialen Medien intensiv diskutiert. Dabei entsprechen nicht alle Informationen, die dort kursieren, der Wahrheit. Die Polizei spricht sogar von einer Hexenjagd.
Von Johannes Blöcher-Weil
Handy mit dem TikTok-Logo

Die zwölfjährige Luise aus dem nordrhein-westfälischen Freudenberg wurde Opfer eines Gewaltverbrechens. Mutmaßliche Täterinnen sind ein zwölf- und ein 13-jähriges Mädchen. Die Reaktionen in den sozialen Medien sind heftig und nicht alles entspricht der Wahrheit. Unter anderem haben Jugendliche auf der Plattform TikTok die Fotos der mutmaßlichen Täterinnen geteilt.

Während die Behörden weiterhin zu möglichen Motive schweigen, sprießen im Internet die Gerüchte. Viele fordern Gerechtigkeit für die Tat und nehmen es dabei wohl mit der Wahrheit nicht so genau. Sie bedrohen die mutmaßlichen Täterinnen mit Hassnachrichten. Zum anderen tauchen zahlreiche Falschmeldungen auf, die die Polizei dazu veranlassen, von einer „Hexenjagd“ zu sprechen.

„Moderne Form der Hexenjagd“

Sehr beliebt bei der Informationssuche von jungen Menschen ist die Plattform TikTok. Dort wird das Geschehene intensiv diskutiert. Und auch im Kurznachrichtendienst Twitter wird in den Kommentarspalten gedroht und gehetzt. Einiger Nutzer fragen auch nach dem Migrationshintergrund der zwei Mädchen.

Deborah Woldemichael, Leiterin der EU-Initiative klicksafe.de, erklärte dem SWR, dass die Täterinnen so zu Außenseiterinnen gemacht würden und wenig Raum für Wiedergutmachung sei. Der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow, warnt davor, Bilder, Namen oder angebliche Social-Media-Profile der mutmaßlichen Täterinnen im Internet zu teilen. Dies stelle „eine moderne Form der Hexenjagd dar“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Der Kriminalpsychologe Rudolf Egg betont gegenüber dem WDR, dass es sich trotz aller Emotionen in dem Fall um Kinder handele. Deswegen stehe nicht die Bestrafung, sondern die Erziehung im Vordergrund, sagt Egg. Auch wenn die moralische Schuld bleibe, dürften sie in jungen Jahren „nicht verdammt und komplett aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden“.

Bekannte Social-Media-Kanäle geschlossen

Die Behörden haben seit den Vorfällen dafür gesorgt, dass die Seiten der beiden mutmaßlichen Täterinnen in den sozialen Netzwerken nicht mehr auffindbar sind. „Uns bekannte Social-Media-Kanäle wurden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft geschlossen“, sagte ein Sprecher der Polizei Siegen-Wittgenstein am Freitag laut dpa. Die Polizei prüfe auch, ob strafrechtlich Relevantes gepostet würde.

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